Die Ursachen – StuPa und AStA
Im ersten Teil dieses Artikels haben wir eingehend dokumentiert, wie die akpdsu emblematisch für die kränkelnden Gremien der Universitätspolitik der Uni Potsdam steht. Das ist aber nur der Anfang: Eine tiefer gehende Recherche offenbart, dass die eigentlichen Probleme aber bei AStA und StuPa selbst liegen – welches Ausmaß diese Probleme annehmen, ist ebenso überraschend wie besorgniserregend.
Von Nathan Hümpfner und Florian Franke.
Ein Antrag, zwei Seiten
Viel dreht sich in momentanen Diskussionen um eine Art hochschulpolitische Dolchstoßlegende. Im Dezember vergangenen Jahres hatte die akpdsu eine Veranstaltung geplant: Ein Aktionstag zum Thema „Abschaffung der Polizei“. Dieser sollte mit Studierendengeldern finanziert werden – der AStA winkt dies durch. Im StuPa (siehe Protokoll) ist das Thema jedoch umgeben vom Stolpern über die eigenen Regeln: Jusos und BFF reichen einen Antrag zur Aufhebung des Beschlusses ein – jedoch viel zu spät. Zudem findet die Sitzung zu diesem Zeitpunkt fast komplett ohne Anwesenheit von AStA Mitgliedern statt; die rechtliche Grundlage für den Antrag ist nicht geklärt; andererseits hat das StuPa als oberstes Gremium der Studierendenschaft Kontrolle über den AStA und zudem sind keine Kontaktdaten der Antragsteller bekannt. Es kommt Sorge über Veruntreuung auf; es fällt Kritik, dass eine Veranstaltung zur politischen Bildung Darstellungen benutzt, deren vermeintlich satirische Botschaften offensichtlich missverständlich sein können; die Redeliste wird für Gegner des Antrags (Linke.SDS, Grüner Campus, BEAT) zu früh geschlossen, die Meinungsfreiheit sei hier in Gefahr. Die Befürworter (maßgeblich Jusos und BFF) verweisen darauf, dass man das selbe mit ihnen bei einem vergangenen Antrag gemacht hatte. Es wird schnell klar: Dass der Streit so eskaliert, liegt an Themen, die weit zurück liegen. Die Verweise und unterschwelligen Anspielungen auf Vergangenes machen es sehr schwer, einer Seite die Schuld am Bruch zu geben.
Es ist besonders der Vorwurf, die Veranstaltung sei gewaltverherrlichend und die daraus geforderte Konsequenz, das Absagen der Veranstaltung, trägt maßgeblich zu gegenseitiger Enttäuschung und Unverständnis bei. Die Versammlung der Fachschaften (VeFa) und die Rechtsaufsicht des Präsidenten kommt jedoch zum selben Urteil: Bilder und Videos der akpdsu, zu welchen der AStA auf sozialen Medien verlinkte, zeigten Gewalt gegenüber Polizisten – in Form von Videospiel- und Filmszenen; Puppen und Ketchup stellen die Ermordung eines Polizisten dar, Polizeiautos brennen am Adventskranz. Jusos und BFF sehen ein kurzfristiges Absagen als Konsequenz von gewaltverherrlichenden Bildern – und man müsste natürlich zustimmen, wenn die Lage eindeutig wäre. Dass der eigentliche Sinn der Veranstaltung – die exzessive Gewalt und der rassistische und sexistische Alltag der Polizei – darüber verloren geht, scheint für diese Listen eben Kollateralschaden zu sein (auch wenn BFF und Jusos zustimmen, dass das Problem innerhalb der Polizei massiv ist). Man hätte hier schlicht eine andere Lösung finden müssen. Die Stimmung zu Ende der Sitzung is unterirdisch; letztendlich ist der Antrag zu kurzfristig und die Gelder fließen.
Diskussionskultur? Welche Diskussionskultur?
Nicht, dass die Atmosphäre zuvor besonders innig war. Befragt man die Listen nach der Stimmung im AStA, geben diejenigen, die seit kurzem vermehrt unter Angriffen und Trollereien leiden, klar zu verstehen, dass es hier massive Probleme gibt – und diese sind schwerwiegender als zuvor. Egal wo man sich auf dem politischen Spektrum befand – hört man genau hin, findet man Geschichten über frustrierte, eingeschüchterte und verunsicherte Abgeordnete. Im Gegensatz dazu bestätigen Linke.SDS und Grüner Campus durchaus, dass es Probleme gibt, aber das Thema wird in den Gesprächen entweder anfänglich umgangen, kleingemacht oder schlicht als Satire empfunden, die doch nicht ernstzunehmen sei und nun mal zum politischen Alltag gehöre, „Das ist doch alles nicht so schlimm“. Dass diese Einstellung aber nur zählt, wenn es sich um die anderen Listen dreht, merkt man unter anderem bei der Ablehnung von Satire über die eigene Liste (siehe erster Teil des Artikels).
Seit dem Dezember gilt für Grüner Campus, Linke.SDS und BEAT!: Warum die andere Seite verstehen, wenn ich auch ein halbes Jahr später das JUSO-Mitglied als Clown beschimpfen und photoshoppen kann; wenn ich zu jeder Gelegenheit preis geben kann, wie absolut lächerlich der Vorwurf der Gewaltverherrlichung für mich ist? Warum Kompromisse eingehen, wenn ich in jeder Kommunikation mit meinem politischen Gegenüber klar machen kann, dass ich nicht mehr konstruktiv sein will, sondern nur noch auf Angriff aus bin; wenn ich Aussagen der akpdsu wie „Jusos die Beine brechen“ gutheißen kann. Während man in StuPa-Chats den Mund verbieten will („Shut up your fakenews“), bezeichnet BEAT! den Präsidenten via (mittlerweile gelöschten) Instagram-Posts munter als „Wichser“. Wer den wichtigsten Verhandlungspartner des StuPa öffentlich so behandelt, der braucht sich nicht wundern, dass dieser nicht unbedingt Lust auf Zusammenarbeit hat – unter den nicht stattfindenden Kompromissen leiden schlussendlich die Studierenden. Fragt man die jeweiligen, allesamt links stehenden Parteien, ob das nicht zu weit geht, wird erneut darauf verwiesen, dass es ja nur Satire sei – und vor Gericht würde dies ja nicht als Beleidigung durchgehen.
Muss man sich als Beweis für die Harmlosigkeit einer Aussage auf eine juristische Grundlage retten, ist schnell klar, wie weit die Aussage davon entfernt ist, harmlos zu sein.
Das heißt aber nicht, dass Listen auf der anderen Seite des Spektrums nicht auch für die momentane Stimmung verantwortlich sind: Beide Seiten sind nicht in der Lage, Vergangenes hinter sich zu lassen; das ständige Ausgraben der Fehler der Anderen verhindert jeden kompromissorientierten Diskurs – etwa die hitzigen Diskussionen um das AntiRa-Referat (speakUP berichtete) oder die unschöne Art wie der ehemalige Finanzreferent Bahne Brand abgewählt wurde. Liest man Sitzungsprotokolle oder Diskussionen der Abgeordneten auf sozialen Medien, fällt auf, dass das Sprechen über aktuelle Probleme immer wieder durch Whataboutism beider Seiten verhindert wird. So auch hier.
Inzestuöse Wahlbeteiligung
Das Verhalten lässt auf ein anderes Problem schließen – eines, das auch zu einem großen Teil an den Potsdamer Studierenden liegt: Die absolut unterirdische Wahlbeteiligung. Einige Listenmitglieder sprachen von einem „inzestuösen Verhältnis“ als Grund hierfür. Die Wahlbeteiligung ist dermaßen gering, dass die Listenmitglieder sich im Grunde immer wieder selbst wählen. Das hat gravierende Folgen: Nicht nur vertritt das StuPa kaum mehr als fünf Prozent der Studierenden und kann sich somit nicht wirklich als eine Instanz verstehen, die für die Gesamtheit der Studierenden spricht – durch die geringe Wahlbeteiligung und den Selbstwahlmechanismus müssen die Abgeordneten nicht mehr wirklich darauf achten, was sie eigentlich durchsetzen, mit wem sie dies durchsetzen und wie sie sich verhalten. Denn gewählt werden sie ja sowieso.
So entstehen Rechenschaftsberichte, wie etwa der von Katharina Kraft (Referent:in für Geschlechterpolitik), ein stream-of-consciousness-Essay, der keine Rechenschaft ablegt, sondern mitunter berechtigte Kritik am System und dem StuPa äußert, aber die Schuld nur bei den Anderen sucht – man selber dankt dem AStA, dieser habe „keine großen Fehler gemacht“. Angesichts der derzeitigen Situation im AStA und den Erfahrungen einiger Referent:innen (welche Katharina selber schildert) klingt es hämisch. Auch interessant ist der Bericht von Jannis Göckede (Referent:in für Antifa und politische Bildung und demnächst in der neuen Liste BIER) in dem gescherzt wird, wie effektiv man Studierendengelder verschwendet hat – auch sonst ist der Bericht übrigens völlig befreit von jeglicher Sinnhaftigkeit oder Rechenschaft. Denn es ist ja egal – ernsthafte Rechenschaft muss nicht mehr geleistet werden und im Zweifelsfall ist alles Satire. Denn auch AStA-Mitglieder werden einfach von den gleichgesinnten Kollegen aus dem StuPa wiedergewählt. Kaum verwunderlich, dass ein:e Referent:in das Gespräch mit der speakUP über Probleme innerhalb der Gremien zunächst ablehnt, weil „die Thematik […] einfach zu lasch“ ist – obwohl man ja sonst „immer bereit für Interviews“ ist. Hier mangelt es offensichtlich an politischer Bildung.
Satire als Freifahrtschein
Wie in Jannis‘ Rechenschaftsbericht (der wie im ersten Teil erwähnt, von der akpdsu verfasst wurde), so wird auch von vielen Abgeordneten der politschen Linken darüber gescherzt, dass wohl allen, außer ihnen selbst, die Fähigkeit fehlt, Satire zu verstehen – ein ständiger Bezug auf den akpdsu-Aktionstag. Dabei muss man bei den Bildern und Videos zum Aktionstag zur Abschaffung der Polizei verstehen: Das einzige, was diese Bilder verbindet, ist die Gewalt. Eine solche Wahl ist immer bewusst. Hier werden Bilder aus dem Kontext gerissen und in einen neuen eingebettet – fragt man aber bei der akpdsu danach, ist es ja nur Satire und in seiner Bedeutung immer noch auf den alten, jetzt hinfälligen Kontext zu beziehen: Die Bilder existierten ja bereits, sie können ja nicht gewaltverherrlichend sein. Darüber lässt sich streiten. Ebenso darüber, ob die Studierenden dafür zahlen sollten. Beides fiel leider viel zu kurz aus.
Jedoch: Nicht alles, auf dem Satire steht, ist Satire. Man kann nicht jeden Angriff vermeintlich humorvoll formulieren und dann erwarten, dass man Menschen behandeln kann, wie man will. So funktioniert Satire nicht. Satire ist Kritik; schmerzhafte, intelligente, witzige und wichtige Kritik. Was hier versucht wird, ist jede Kritik an den eigenen Aussagen als ein Missverstehen dieser umzumünzen. Das ist nicht nur herablassend, es verhindert auch jede Art der Kommunikation – und erinnert sehr an die Art wie Anhänger:innen Trumps seine Aussagen rechtfertigen. Frei nach dem Credo: „Ihr habt keinen Humor und versteht nicht wenn wir scherzen, weil ihr voreingenommen seid“. So lässt sich jede Behauptung entschuldigen und die Kritik an diesen kann als fehlender Humor des Anderen belächelt werden. Aber man muss bei den Tatsachen bleiben: Es lässt sich sehr wohl darüber streiten, ob Gewalt an Polizisten in Bildform mit Schlager- oder Punkmusik als Satire gilt. Es ist jedoch schwierig, von der ‚Satirehaftigkeit‘ nach Belieben als Fakt auszugehen.
Unter dem Deckmantel der Satire agiert auch der Twitter-Account des AStA. Man schreibt dem Antikolonialisten Frantz Fanon ein zur Gewalt aufrufendes Zitat zu, welches sich nach einer minimalen Googlesuche als Unwahrheit herausstellt – das Zitat stammt von Sartre. Fragt man nach, ist der ganze Tweet nur eine „frech gemeinte Antwort auf einen ironisch gemeinten Tweet“. Egal dass Fanons Ansichten sehr viel komplexer sind und nicht jeder über diese im Bilde ist. Die Vermutung liegt nahe, dass der:die Autor:in Fanon weder gelesen hat, noch sonst kannte. Aber der Name steht für etwas und das Zitat gut.
Der Twitter- und Instagram-Account des AStA leidet unter einem tiefgreifenden Problem – ähnlich wie bei den Räumlichkeiten des AStA, hat jedes Mitglied des AStA auf die Accounts Zugriff. Vergleicht man die Accounts mit denen der Freien Universität oder der Humboldt Universität wird dies schnell klar. Nicht nur wird falsch zitiert, es werden auch einzelne Listen direkt angegriffen – ein klarer Missbrauch des Accounts und damit des Amtes. Ein Organ des AStA wird, kurz vor den StuPa-Wahlen, dazu genutzt, Wahlkampfarbeit zu machen. Vergebens sucht man nach einem:einer Verantworlichen, denn den:die gibt es nicht, und das ist auch nicht gewollt. Erneut wird Anonymität missbraucht um auszuteilen, aber sich bloß nicht der Kritik stellen zu müssen. Ein Indiz darauf, dass die Kommunikation innerhalb der Gremien problematisch ist.
Meinungsfreiheit & Unfehlbarkeit
Denn dass die Atmosphäre problematisch ist, liegt auch an einem Mangel an Kommunikationsfähigkeit zwischen den Listen, der besonders bei StuPa Sitzungen deutlich wird. Einerseits sind die ‚gemäßigten‘ Parteien nicht in der Lage dazu, angemessen auf ständige Zwischenrufe, andersartige Unterbrechungen und Beleidigungen der akpdsu zu reagieren. Andererseits werden störende Zwischenrufe von Linke.SDS und Co. ignoriert und jede Unterbindung dieser oder Ausschluss der störenden Personen wird als Einschränkung der Meinungsfreiheit empfunden – denn nur der Machthaber kann ja ausschließen, und damit sei eine Minderheit stumm geschaltet. Auch die Eingrenzung der Redezeiten wird als ein solcher Angriff auf diese Freiheit gesehen. Aber so funktioniert Meinungsfreiheit eben nicht – auch hier gibt es Grenzen: Sonst muss niemand eine persönliche Meinung dulden; in StuPa Sitzungen ist dies sehr wohl der Fall. Limitierte Redezeiten (vielleicht sogar pro Liste) würden ja für alle gelten – zudem könnte hierdurch die von vielen kritisierte toxische Maskulinität zumindest in den Sitzungen eingeschränkt werden (die Redebeiträge werden tatsächlich überwiegend von weißen Cis-Männern geführt). Jusos, GHG, BFF und Co. scheinen aber trotz ihrer Mehrheit im Parlament nicht in der Lage zu sein, eine Veränderung der unbequemen Situation zu schaffen. So bleiben die Sitzungen weiterhin Veranstaltungen, die von allen Abgeordneten als langwierig, zäh und unangenehm empfunden werden. StuPa-Mitglied sei man nur noch aus Pflichtgefühl, so ein:e Abgeordnete:r.
Paradoxerweise resultiert aus dieser nicht vorhandenen Kommunikations- und Kompromissbereitschaft die Zementierung der eigenen Unfehlbarkeit. Listenübergreifend werden alte Konflikte nicht beigelegt, sondern ständig neu ausgegraben, um die Integrität des Anderen zu beschädigen; man selbst ist sich jedoch kaum irgendwelcher Fehler bewusst. Fast unwirklich scheinen die Forderungen der Linken gegen Sexismus und Rassismus und für mehr Inklusion, Meinungsfreiheit und Offenheit, wenn gleichzeitig geduldet wird, dass Frauen sich nicht mehr in die AStA-Räumlichkeiten trauen, weil zuvor in anonymen Mails private Informationen missbraucht wurden und es zahlreiche Berichte sexistischer Erfahrungen in den AStA-Büros gibt. Dies wurde nicht nur in Interviews erwähnt, sondern lässt sich auch im Rechenschaftsbericht von Katharina Kraft nachlesen.
Wer die Fehler Anderer zu einem solchen Maße verdammt, dass jede zuvor bestehende Geschwisterlichkeit für immer getrennt wird und diese Fehler dazu nutzt, die gesamte politische Identität einer Partei zu verteufeln, der sollte besser unfehlbar sein.
Ist man dies nicht, kann man sich das natürlich auch einreden.
Das Unvermögen, sich überhaupt auf Kompromisse einzulassen – diese politische Aphantasie – erstickt nach und nach die Manifestation der politischen Ideen der Listen. Aber es fallen besonders die linken Listen auf. Opposition heißt nicht, polemisch zu hetzen und Abgeordnete persönlich anzugehen. Opposition heißt sachliche Kritik an den Ideen der gewählten Mehrheit. Die Mehrheit davon überzeugen, dass die eigenen Ideen besser sind. Persönliche Angriffe sind, nicht nur im politischen, ein Indiz für inhaltliche Mangelerscheinungen. Hier ist den Listen bewusst, dass ihre Argumente nicht ausreichen – aber anstatt dies einzugestehen, an den Argumenten zu feilen und an einer konstruktiven Lösung zu arbeiten, soll die Persönlichkeit des Anderen und damit die Integrität als politische Figur untergraben werden.
Wege aus der Ratlosigkeit
Die hier dokumentierten Ereignisse sind längst nicht alle, jedoch diejenigen, die nach unserem Erachten am deutlichsten hervorstechen und nachweisbar sind. Veruntreuung von Geldern, Vetternwirtschaft und weitere Amtsmissbrauchsvorwürfe wurden durchaus genannt. Einige Informant:innen wollten sich nicht selbst in Gefahr bringen – eine berechtigte Angst, betrachtet man die Fülle an Drohungen, dem Benutzen privater und vertraulicher Informationen und die Vorwürfe von Einschüchterung innerhalb der AStA-Räumlichkeiten.
Aber was tun? Viele Abgeordnete trauerten in den Interviews einer Zeit nach, in der man miteinander reden konnte; in der weniger Angst vor dem Miteinander bestand – die jetzige Situation ist also definitiv nicht der Normalzustand. Die meisten Abgeordneten hatten auch in unseren Gesprächen viele Ideen, was man verbessern könnte: Die Redezeit beschränken, neue StuPa- und AStA-Mitglieder parteiübergreifend einarbeiten, sobald wie möglich wieder Sitzungen in Person abhalten (schlichte Gesichter auf einem Bildschirm lassen sich leichter angreifen), Jahresbeschränkungen für Abgeordnete, maximale Zeiten für das Besprechen eines Themas mit festgelegten Redezeiten für jede Liste würden den Prozess vielleicht beschleunigen, respektvollerer und sachlicher Umgang auf beiden Seiten, ein kompletter Umbau des Systems mit Abschaffung des StuPa durch ein besseres Gremium. Es gab bereits Diskussionen über eine:n Mediator:in – hier wurde aber schnell klar, dass sich die Listen gegenseitig nicht genug Vertrauen; man äußerte Bedenken, eine Seite könnte eine solche Person für die eigenen Zwecke instrumentalisieren.
Man gewinnt den Eindruck, dass den Listen im Grunde nichts wichtiger ist, als eine Rückkehr zum Eigentlichen – dem Grund aus dem sie dem StuPa und AStA beigetreten sind: Politische Diskussion, die zu einer Veränderung führt. Jede Liste, und auch die akpdsu, sprach sich hierfür aus. Für manche lag dies in unerreichbarer Ferne; der Graben sei zu tief, der Konflikt würde ab jetzt bis in viele Jahre weitergereicht. Das ist eigentlich seltsam, und so sieht Martin Nguyen (Linke.SDS) das auch bei der StuPa-Sitzung im Dezember: „Wir definieren uns alle links, aber die Gräben scheinen unüberwindbar.“
Die akpdsu machte bei unserem Gespräch auf einen eigentlich offensichtlichen Punkt aufmerksam: Das Studierendenparlament sei für viele nur ein Karrieresprungbrett für eine politische Zukunft – es geht hier also mehr um Prestige als um tatsächliche Veränderung. Das ist im Grunde, bis auf die mangelnde Konstruktivität, nicht falsch: Die Universität ist eine Vorbereitung und Orientierung auf das Leben danach. Hier finden zukünftige Lebensläufe probeweise auf kleiner Ebene statt. Universitäre Ehrenämter sind quasi Modellversuche: Man versucht die positiven Eigenschaften derer, die man im Kleinen nachahmt, zu übernehmen und die Fehler dieser zu vermeiden. Blickt man auf die große politische Bühne Deutschlands, Europas und auch weltweit, wird deutlich: Hier ist es gerade nicht wirklich anders. Es wird beleidigt und gedroht; die Kommunikation wird verweigert und wichtige Themen fallen unter den Tisch aufgrund persönlicher und kleinbürgerlicher Fehden; ein Mangel, den eigenen Stolz für das Wohl des Volkes aus dem Fenster zu werfen, verbietet das Eingestehen von Fehlern.
Soweit hat das StuPa und der AStA bereits von diesen „Vorbildern“ gelernt.
Zeit, es besser zu machen. Zeit wieder miteinander und vor allem für die Studierenden zu sprechen.
– Englisch version –
Guerilla War in AStA and StuPa. Part 1: The Causes – AStA and StuPa
In the first part of this article, we exhaustively discussed how the akpdsu is representative of the failing student bodies at the University of Potsdam. Upon closer inspection, it seems the problem actually lies with the AstA and the StuPa themselves. The extent of these problems is both surprising and alarming.
One Motion, Two Sides
Much of the discourse currently centres a student politics version of the Dolchstoßlegende (stab-in-the-back myth). Last December, the akpdsu had planned an event – a campaign day on the topic of abolishing the police. This was to be financed by student funds and the AStA complied. The StuPa, however, seemed to be grappling with its own rules: the Jusos and the BFF did apply for the ruling to be reversed, but they did so much too late. In addition, the StuPa session at the time was held with only very few AStA members present and the legal foundation of the application remains unclear. On the other hand, the StuPa, as the highest student body, has control over the AStA and no contact information can be found of the applicants. Rumours of embezzlement have come up; the use of ambiguous satirical images for an event with the purpose of political education has been criticised; and concerns about the freedom of expression have emerged as those opposing the motion (LInke.SDS, Grüner Campus, BEAT) had too little time to voice their concerns.
Those in favour of the motion (predominantly the Jusos and the BFF) have argued that they had gone through a similar process with an application they had made before. It is clear that at the core of this dispute are issues of the past. But the backhanded references to past controversies make it difficult to blame the present rift on a particular side.
Especially the accusation that the event was glorifying violence and the consequent demand that it be canceled has led to disappointment and incomprehension on both sides. Both the faculty body assembly (VeFa) and the president’s legal supervisor have, however, come to the same conclusion: Images and videos by the akpdsu that the AstA had linked to on social media platforms showed violence against the police in the form of scenes from video games and films – as well as images of dolls covered in ketchup portraying the murder of police officers, and Advent wreaths were decorated with burning police cars. The Jusos and the BFF see the cancellation of the event as a direct consequence of these violent images. That the actual purpose of the event – to raise awareness for the excessive force used by police and their structural racism and sexism – was lost in the process seems, for the Jusos and the BFF, merely to be collateral damage (even though they do agree that the problems within the German police are serious). They argue that it should just have been approached differently. Towards the end of the session, the mood was dreadful. In the end, the funds for the event were approved because the motion was filed too late.
Debate culture? What debate culture?
Not to say that the atmosphere before was rosy, but if one were to ask the factions after this debate, those who have recently come under increased fire would tell you that there are massive underlying issues that have become much more severe. Irrespective of the position on the political spectrum, stories about frustrated, intimidated and insecure delegates abound. Linke.SDS and Grüner Campus, on the other hand, agree that these problems exist but tend to evade the topic, minimise it or perceive it as satire not to be taken seriously. That they support this standpoint only when it is about the others becomes quite obvious when considering how they react to satirical commentary directed at their own list (see part one of this article) – they don’t want any.
Since December, Grüner Campus, Linke.SDS and BEAT! seem to be operating on the motto: why try to understand the other side when you could also call the JUSO member a clown six months later still; when you can keep reiterating how ridiculous you find the accusation of glorifying violence. Why compromise, when you can communicate to your political opposition that you are no longer interested in being constructive but are only out to attack them; when you can endorse akpdsu comments like “break the Jusos’ legs”. Whilst the StuPa chats are teaming with messages like “Shut up your fakenews”, BEAT! openly called the president a “wanker” on an Instagram post that has since been taken down. Having publicly treated the StuPa’s most important negotiating partner like this, they needn’t be surprised that he is not all too excited about collaborating. Suffering from the lack of subsequent compromises are, effectively, the students. When asked whether these comments are not too much, the (overwhelmingly politically left) parties reiterate that it is merely satire and that the insults would not count as such in a court of law.
When the best argument you fall back on for justifying your comments is their technical legality in a court of law, it becomes quite clear that the comments are far from harmless.
This is not to say that the factions on the other side of the spectrum are not also responsible for the current hostile atmosphere. Both sides are incapable of letting the things of the past be. Constantly digging up the mistakes the other party did in the past thwart any discourse seeking compromise – discussions about the election of an antiracism speaker (speakUP reported) or the messy recall of finance speaker Bahne Brand are ever lasting. Reading through session protocols or discussions of the delegates on social media, one quickly realizes that the constant whataboutism on both sides thwarts any talks about present topics.
Incestuous Voting
This behaviour can also be traced back to an issue, largely part of the students’ fault: the almost non-existent voter turnout. Some delegates are calling it “incestuous behaviour”: The voter turnout is so low that the delegates essentially keep electing themselves. This has obvious severe consequences: The StuPa represents only around five percent of the students and can thus not really call itself an institution that speaks on behalf of the entire student body and because students don’t participate in elections and the delegates thus essentially elect themselves, they are not really obligated to respect the interests of the student body or behave professionally – they will be elected either way.
This way, reports are produced such as the one by Katharina Kraft (referee for gender politics) – a stream of consciousness essay not giving any account, but voicing the occasional valid criticism of the system and the StuPa, only to find all the blame everywhere else. She thanks the AStA, for having „made almost no mistakes“. In view of the current situation and the experiences made by some delegates, this sounds almost gleeful. The report by Jannis Göckede (speaker for Antifa and political education and soon-to-be electoral for the list BIER) is also interesting in that it is completely devoid of anything resembling sense or accountability – apart from the jokes made about how effectively student funds had been wasted. And it doesn’t matter because delegates are no longer truly held to account and, if it comes down to it, they can get away with calling it satire. The members of the AStA are also essentially elected by their like-minded colleagues in the StuPa. It is thus not surprising that one delegate initially refused to talk to the speakUP about problems within these bodies because “the topic is too vague” even though, normally, they are “always happy to give interviews” – an obvious lack of political education.
Satire as a Free Pass
As in Jannis’ report (that was, as mentioned in part one, drafted by the akpdsu), many delegates from the political left like to joke that no one, apart from them of course, would be capable of understanding satire – a persistent reference to the akpdsu campaign day. In regards to the images and videos advocating to “Abolish the Police” must be said: the only thing they had in common was violence. This was a conscious choice. The images are taken out of context and placed into a new one. When asked, the akpdsu, however, states that it is to be understood as satire and should be viewed within the old, now irrelevant context: The images already existed, so they cannot be said to be glorifying violence. This is debatable – as is whether or not students should be paying for events of this nature. Both debates fell notably short.
However, not everything labeled as satire, is, in fact, satire. One can’t just couch every attack in humour and expect to be able to treat other people however one pleases. That is not how satire works. Satire is criticism; painful, intelligent, witty and important criticism. What is happening here is more like trying to paint all criticism as a complete misunderstanding of the intended message. Not only is this patronising, it also renders all communication entirely impossible and is thus reminiscent of the tactic Trump supporters used to justify their statements. The motto being: “You don’t understand humour because you are prejudiced”. Just like that, the statement can be excused and the criticism can be ridiculed as humourless. The facts remain: It is very much debatable whether images of violence against police underlined with Pop or Punk music are satire – stating that it is satire as a fact is very problematic.
The AStA’s Twitter account also operates under the guise of satire. A quote that incites violence was falsely attributed to the anti-colonialist Frantz Fanon – one quick Google search shows the real author to actually be Sartre. When asked, the Tweet was explained as a “cheeky answer to an ironic Tweet”. It apparently doesn’t matter that Fanon’s views were far more differentiated and that not everybody is aware of it. One can easily surmize that it the author of the tweet has in all likelihood never read Fanon. But the Fanon’s name stands for something, and, well, the quote just sounds good.
Both AStA’s Twitter and Instagram account are plagued by deep-rooted issues – as with the AStA facilities, every member has access. This becomes obvious when you compare their accounts with those from the Freie Universität or the Humboldt Universität Berlin. Not only are quotes misattributed, but specific electoral lists have even been attacked directly, which is an abuse of the account and, in effect, of the office – an account of the AStA is being used to meddle in electoral campaigns just before the StuPa elections are set to take place. There is no use in looking for a specific person to blame– there is no one and that is by design. Anonymity is being exploited to dole out attacks without having to deal with criticism. Another sign that the communication within these bodies is highly problematic.
Freedom of expression and infallibility
The hostile atmosphere is also, in part, a symptom of the lack of communication between the factions that is undeniable in the StuPa sessions. On one hand, the ‘moderate’ parties are unequipped to appropriately react to the interruptions and insults made by the akpdsu. On the other hand, the Linke.SDS and co. tend to ignore such interjections and interpret any efforts to stifle them or expel disruptive members as an attack on the freedom of expression, since only those in power can exclude delegates which amounts to silencing the minority. The limiting of speech time is also perceived as such infringement upon the freedom of expression. But, again, this is not how it works – there are limits to the freedom of expression: No one is forced to put up with a personal opinion – only in StuPa meetings. Limits on speech time (maybe even per electoral list) would apply for everybody and this might help curtail the heavily criticised toxic masculinity of these meetings (speeches are overwhelmingly held by white cis men). The Jusos, the GHG, the BFF and co., however, seem to be unable to change the uncomfortable atmosphere in the sessions, despite holding the majority of seats. As such, the meetings are perceived by delegates as protracted, arduous and unpleasant. According to one delegate, the only thing holding them back from leaving the StuPa by now is the mere sense of duty.
Paradoxically, these communication issues and the lack of compromise have been used by the different factions to portray themselves as infallible – old conflicts are not laid to rest, rather they are constantly brought up again in order to undermine the integrity of the others. One’s own mistakes are rarely acknowledged. The demands from the left for more inclusivity, freedom of expression, openness and against sexism and racism seem almost illusionary, seeing as women no longer feel safe in AStA facilities because of reported incidents of anonymous e-mails abusing private information and many have made experience with sexism within the AStA offices. This was not only mentioned in interviews but can also be found in the report by Katharina Kraft.
Whoever ridicules the mistakes of others to such an extent that all bonds are broken and uses them to demonise the entire political identity of a party had better be infallible – or be able to talk themselves into believing it.
The complete inability to compromise is slowly but surely suffocating the factions’ capacity to execute their political ideas – especially those on the left. Being the opposition does not entail polemically stirring up hatred and personally attacking delegates, rather they should aim to convince the majority that their ideas are better. Personal attacks are, not just in politics, a sure sign of contentual shortcomings. The electoral lists are aware that their arguments are insufficient – but rather than admitting to it, to fine-tune their political standpoint and to search for constructive solutions, they revert to undermining the personality and integrity of their fellow delegates.
Solutions
The article by far doesn’t cover all incidents but rather those that appear most prominent and can be corroborated. Embezzlement, nepotism and other abuses of office have definitely been mentioned. Some informants, however, did not want to put themselves at personal risk – a valid fear considering the sheer number of threats, misuses of private and confidential information and accusations of intimidation within the AStA facilities.
What can be done? Many delegates, in the interviews, reminisced about a bygone era when one could talk to each other, when there was less fear attached to their collaborative work. The current situation is definitely not the norm. Most of the delegates even shared ideas for salvaging the situation: limiting speech time; cross-party onboarding for new StuPa and ASta members; returning to face-to-face StuPa sessions as soon as possible (faces on a screen are easier to attack); placing term limits on delegates; restricting the time spent on a specific issue with predetermined time allotted to each faction would streamline the process; respectful, professional interaction; a complete restructuring of the different bodies (for example replacing the StuPa with a different body altogether). There have been discussions about a mediator, although it became clear that the parties do not trust each other enough to not abuse such a person for their own good. It is apparent that what the parties want most is to return to the matter at hand – the reason they joined the StuPa or the AStA in the first place: political debates that lead to real change. Each electoral list, even the akpdsu, has advocated for this. For many, this seems like an unattainable ideal; the rift is too deep, the conflict would persist for years to come. As Martin Nguyen (Linke.SDS) points out, that is rather curious: “We all identify as politically left but the rift still seems insurmountable.”
In our conversation, the akpdsu called attention to a rather obvious point: The student parliament, for many, merely represents a stepping stone for the future of their political career – many are more interested in prestige than actual change. Despite not being particularly constructive, they’re not wrong: The university is a place to prepare for and figure out what you want for your future. Future life choices are tested out on a smaller scale. Honorary offices at university are essentially test runs – one tries to emulate the positive traits of those that one looks up to whilst avoiding their negative ones. A glance at the political sphere in Germany, Europe and the world shows that they are no different. Insults and threats abound; communication is stifled and important issues get side-lined because of personal and petty bourgeois vendettas; an unwillingness to let go of one’s own pride for the good of the electorate stand in the way of accountability.
Thus far the StuPa and ASta have imitated their “role models” very well.
It is time to do better. It is time, to talk to each other and to speak for all students again.
Hiermit distanzieren wir, die Liste DIE LINKE.SDS, uns von den aktuellen Aktionen der akpdsu*, insbesondere dem Spruch „Jusos die Beine brechen“ und dem Ankleben eines Telefons im AStA-Büro und möchten zu dem SpeakUP-Artikel Stellung nehmen.
1. Distanzierung akpdsu*-Aktionen
Wie bereits im Interview mit der SpeakUP angegeben, fanden wir zu Beginn einige Aktionen der akpdsu*, wie ihr Satirevideo zur Stellungnahme der Juso-Hochschulgruppe zu Rassismusvorwürden durchaus treffend. Wir beobachten aber eine Entwicklung hin zu einem Agieren, das nichts mehr mit satirischer oder konstruktiver Kritik zu tun hat, sondern eher wie Mobbing und gezielte Einschüchterung funktioniert. Davon möchten wir uns distanzieren.
Die Debatte um die Hochschulgruppe akpdsu* startetete im Wintersemester 2020/21 anlässlich der Bewerbung einer Veranstaltung zur „Abschaffung der Polizei“. Die Veranstaltung und ihre Werbung war durch den AStA gefördert worden. Ein StuPa-Mitglied der Liste BFF hatte zunächst in einer persönlichen Stellungnahme die Werbung kritisiert, da sie zu Gewalt gegen Polizist*innen aufrufe. Die Stellungnahme hatten wir zur Kenntnis genommen, aber die Einschätzung nicht geteilt. Unserer Meinung nach handelte es sich um scharfe Satire, die die Polizei als Institution angriff – nicht Menschen, die als Polizist*innen arbeiten. Diesen Eindruck sehen wir darin bestätigt, dass in den Beiträgen zur Veranstaltung ausschließlich fiktionale Polizist*innen dargestellt wurden. In der Veranstaltungswerbung wird nicht zu Gewalt aufgerufen, auch wenn Gewalt dargestellt wird. Wir hatten das Gefühl, die Differenzierung zwischen diesen sehr unterschiedlich zu wertenden Punkten, ist bei der Diskussion verloren gegangen. Gleichzeitig rief das Thema auch bei anderen Listen unterschiedliche Ansichten hervor, weswegen wir uns vornahmen, selbst zunächst einmal interne Gespräche dazu zu führen.
Dazu kam es jedoch nicht, da die Listen BFF, Jusos und UPrising in der darauffolgenden Woche auf einer außerordentlichen Sitzung den Antrag stellten, dass das StuPa die Förderung der Veranstaltung und ihrer Bewerbung durch den AStA untersagen sollte. Hierbei sahen wir nicht nur formale Probleme, da z.B. unklar war, wer in diesem Fall für die bereits getätigten Ausgaben der akpdsu* haften würde.
Uns war wichtig festzustellen, dass dieses Verfahren einen Präzendenzfall schaffen würde, der zu einer Selbstzensur und Verunsicherung zukünftiger AStA-Antragstellender führen könnte: sie müssten Angst haben, dass auch ihre Ausgaben zur Finanzierung eines vom AStA geförderten Projekts mit Risiken verbunden sein würden, wenn ihnen die Projektfinanzierung im Nachhinein wieder entzogen werden könnte. Das ist insbesondere bei Studierenden, die in der Regel nicht über hohe finanzielle Mittel oder Absicherungen verfügen, problematisch und hemmt die studentische Selbstorganisierung.
Unser Auffassung nach war die Veranstaltungswerbung der akpdsu* satirisch. Es ging uns in der Debatte nie darum, die Qualität der Satire zu diskutieren, sondern die Satirefreiheit grundsätzlich zu schützen. Man muss nicht jede Form der Satire mögen und man muss sich auch nicht politisch mit der Schlagrichtung der Satire identifizieren, um die Satirefreiheit als schützenswert zu sehen.
Auch Polizeikritik ist in unserer Gesellschaft noch immer meist grundsätzlich verpönt, wie die Debatte um eine Rassismusstudie im letzten Jahr erst gezeigt hat. Es sind vor allem BIPoC, von Sexismus oder anderen Diskriminierungsformen Betroffene, die in den letzten Jahren immer wieder mutig von ihren schockierenden Erfahrungen mit der Polizei berichtet und substanzielle Veränderungen eingefordert haben. Ihnen gilt unsere Solidarität. In diesem Kontext fanden wir es auffällig, dass der Antrag von 3 weißen, männlich gelesenen Personen unterzeichnet wurde, die also selbst wahrscheinlich weniger negative Erfahrungen mit der Polizei machen mussten. Auch wir kritisieren die Polizei als Institution und stehen politisch hinter der Forderung einer kritischen Auseinadersetzung zum staatlichen Gewaltenmonopol.
Die Veranstaltung selbst kann auf YouTube nachgesehen werden. Wir fanden sie grundsätzlich konstruktiv.
Der Vorwurf der „Gewaltverherrlichung“ ist aus unserer Sicht juristisch zu komplex, um im StuPa von parteiischen Lai*innen per Abstimmung geklärt werden zu können. Klar ist, dass die Studierendenschaft sich eigene Richtlinien definieren kann, nach denen z.B. Werbung kein Blut und keine Waffen enthalten darf. Das haben wir auch auf der StuPa-Sitzung so gesagt. Solche Richtlinien müssen jedoch im Vorfeld beschlossen werden, sodass Antragsstellende frühzeitig darüber informiert sind. Wir unterstützen keine repressiven Maßnahmen, die erst im Nachhinein beschlossen werden.
Wir kritisieren Aussagen wie „Jusos die Beine brechen“ deutlich. Ganz besonders im Zusammenhang mit den genannten Vorwürfen des Stalking und Mobbing, über die wir keine genaueren Informationen haben, sodass wir uns dabei nur auf den SpeakUp-Artikel beziehen können. Wir glauben nicht, dass diese Sprüche ernst gemeint waren, aber sie sind auch nicht witzig oder in irgendeiner Weise hilfreich. Satire funktioniert von unten nach oben und innerhalb des StuPa mögen Listen wie die Juso-Hochschulgruppe relativ mehr Macht haben als andere. Einzelnen Mitgliedern der Juso-Hochschulgruppe oder des StuPa kann jedoch wohl kaum eine vergleichbare gesellschaftliche Macht zugeordnet werden wie z.B. der Polizei. Deshalb kritisieren wir die Aussagen insbesondere, wenn es zutrifft, was die SpeakUp schreibt: dass persönliche Informationen und Bilder persönlicher Wohnräume geteilt wurden, sodass in diesem Kontext von den Betroffenen eine reale persönliche Bedrohung empfunden wurde und man von Ansätzen von Mobbing und Stalking sprechen muss.
Zu der Angelegenheit mit dem Telefonankleben hatten wir bereits im März das persönliche Gespräch mit einer Einzelperson aus dem AStA gesucht und erklärt, dass solche Aktionen sich unserer Meinung nach in Richtung Mobbing entwickeln und durch sie niemals Konflikte gelöst oder gar eine konstruktive Zusammenarbeit erzielt werden kann. Dabei haben wir dazu aufgefordert, so etwas in Zukunft zu unterlassen. Wir bedauern sehr, dass das offenbar noch nicht durchgedrungen ist. Es wäre unserer Meinung nach besser gewesen, wenn sich die akpdsu* auf ihre konstruktiv-satirische Arbeit konzentriert hätte, für Mobbing von Personen haben wir kein Verständnis.
2. Stellungnahme zu dem Artikel
Wie ein*e SDSler*in schon kommentiert hat, sind wir enttäuscht von dem Artikel, den wir als sehr undifferenziert wahrnehmen:
– Dass der Punkt Meinungsfreiheit ausgerechnet von einer Studierendenzeitschrift so wenig anerkannt wird, besorgt uns. In internen StuPa-Gesprächen und auch auf den offiziellen Sitzungen wurden mehrfach Menschen, die inhaltliche Kritik z.B. an rassistischen Entscheidungen geübt hatten, als „zu emotional“ dargestellt. Auch Kritik an der in dieser Legislaturperiode sehr fehlerhaften Arbeit des StuPa-Präsidiums. Protokolle enthalten teilweise ganze Diskussionen nicht, auf E-Mails wurde nicht reagiert, Briefwahlen fälschlicherweise unterbunden, zu vom gesamten StuPa vereinbarten außerordentlichen Sitzungen wurde nicht eingeladen, usw. wurde als belastend bezeichnet.
Auf solche Kritik wurde oft geantwortet, sie sei persönlich sehr angreifend, auf Nachfrage konnte aber nicht benannt werden, wo die Kritik persönlich wurde. In politischen Debatten muss inhaltliche Kritik geäußert werden dürfen, ohne dass die Kritiker*innen zu Täter*innen, die die Harmonie stören, gemacht werden. Um die Meinungsfreiheit auch von (politischen) Minderheiten schützen zu können, muss Kritik ausgehalten werden. Hier wird im Artikel nicht differenziert.
– Auch wurde ohne jeden Kontext und Differenzierung die Aussage „shut up your fakenews“ als Meinungsunterdrückung geframed: In der Situation wurde von einem weißen Mitglied der Juso-Hochschulgruppe eine Schwarze Person bewusst vor dem StuPa schlecht gemacht und für etwas kritisiert, das in Verantwortung des SDS gelegen hatte. Deshalb wollten wir sofort darauf reagieren, bevor sich die Erzählung in den Köpfen verfestigt hätte. Wir entschuldigen uns für die Wortwahl, bei der ein Begriff von Trump verwendet wurde, das ist offensichtlich unnötig. Im Zweifel würden wir in so einer Situation aber weiterhin lieber so schnell wie möglich Verantwortung übernehmen wollen.
– Uns schockiert, dass die Rassismusdebatte, die das StuPa diese Legislaturperiode polarisiert hatte, nur als „unwirklich“, bzw. als „whataboutism“ erwähnt wird. Antrags- und Verfahrensdebatten, bei denen das Thema Diskriminierung eine Rolle spielt, haben das StuPa immer wieder begleitet. Für uns ist das Problem Rassismus nur allzu real.
– Satirefreiheit: In dem Interview wurden wir gefragt, ob wir uns Satire gegen uns „wünschen“ würden. Für uns ist „wünschen“ ein starkes Wort, insofern finden wir berechtigt, angemessen über diese Frage nachzudenken.Trotzdem waren es unserer Zählung nach sogar nur 4 E-Mails, die die ursprüngliche Aussage „Ich wäre vielleicht am Anfang nicht begeistert, aber ich würde mir Satire wünschen, über die ich auch lachen kann“ eher vertieft als revidiert haben. Dass ihr inhaltlich nicht weiter auf die E-Mails eingeht, ist eure Entscheidung. Ihr könnt auch gern ein satirisches Meme dazu machen, dass wir uns bemühen uns ernsthaft Gedanken zu machen, wenn wir öffentlich sprechen.
– In dem Interview wurden wir zu einem Clown-Meme befragt, von dem wir uns klar distanziert haben. Das wurde von euch weder erwähnt, noch konnten wir eine Stellungnahme zu Sprüchen wie „Jusos die Beine brechen“ abgeben, da ihr „Zeug*innen schützen wolltet“. Gleichzeitig unterstellt ihr uns, dass wir die Aussagen im Chat gelesen haben müssen. Dazu als Hintergrund: Auf StuPa-Sitzungen wird viel parallel gearbeitet: Initiativanträge und Unterlagen werden gelesen, Satzungen konsultiert, Änderungsanträge geschrieben, in den Listen Entscheidungen diskutiert. Da ihr die Aussagen, die wir somit tatsächlich nicht mitbekommen hatten, nun ohnehin veröffentlicht habt, verstehen wir nicht, warum ihr uns nicht die Gelegenheit gegeben hattet, uns dazu zu äußern.
– Solidarischerweise möchten wir außerdem fragen, ob ihr die Kandidierenden der Liste BIER gefragt habt, ob sie sich als cis-Männer identifizieren. Ansonsten solltet ihr das vielleicht noch nachholen, bzw. präzisieren, dass ihr die Personen so lest. Vielleicht war es von der Liste BIER eine bewusste Entscheidung, einige Personen in genau diesem Glauben zu lassen und ihr binäres Genderdenken ad absurdum zu führen.
– Die Unterscheidung in „linke“ und „moderate“ Listen erinnert uns allzu stark negativ an das Hufeisenmodell. Wir empfinden sie auch nicht als zutreffend: wir sind keineswegs homogene Gruppen sondern haben vielfältige, individuelle Perspektiven und diskutieren auch intern unsere verschiedenen Meinungen.
Zusammenfassung
Wir distanzieren uns klar von den aktuellen Aktionen der akpdsu*. Von der speakup hätten wir uns einen differenzierteren Artikel gewünscht und erwartet. Beides spiegelt nicht wider, wofür wir Hochschulpolitik machen.
Wir investieren viel Zeit und Energie in die Arbeit in der Hochschulgruppe, weil wir Bildungsgerechtigkeit erreichen wollen, den Campus zu einem diskriminierungsfreien Ort machen wollen und für eine gemeinwohl- statt profitorientierte Hochschule eintreten.
– Vivien für DIE LINKE.SDS
@AnZu Naja, jetzt sind die Studis gefragt damit die konstruktiven und gemäßigten Listen wie BFF, Jusos, Up.rising oder auch (zum Teil) der RCDS eine klare Mehrheit im StuPa haben. Am 22. Juni können die Studis entscheiden und für die notwendigen Veränderungen sorgen.
Wirklich erschreckend, was da abgeht… Danke, für die ausführliche und gründliche Recherche! Da kann man nur hoffen, dass sie bald grundlegend etwas ändert. Von welcher Stelle könnten/müssten strukturelle Veränderungen denn kommen?