Warum gendern? Eine Stellungnahme

Das Thema Gendern ist aktueller denn je. Oft werden wir von Diskussionen gestreift und es begegnet uns täglich in unterschiedlichen Formen in Texten. Die oder der Einzelne fragt sich: Wieso gibt es verschiedene Formen? Was haben diese mit der aktuellen Gender-Debatte zu tun? Und warum soll ich als Einzelne_r gendern? Von Luisa Wirth.

Gendern ist in unserer Gesellschaft umstritten: Viele fragen sich, welcher Sinn dahinter steckt, empfinden es als störend und umständlich oder halten es gar für überflüssig. Manche verstehen nicht, warum es für so wichtig erachtet wird, die richtige Gender-Form in Texten konsequent anzuwenden. Was soll die Änderung bestimmter Formulierungen in Form von ein paar Satzzeichen bewirken? Wieso soll jede_r nicht „Studentinnen und Studenten“ schreiben? Was ist der entscheidende Unterschied zwischen „Student/innen“ und „Student_innen“? Und welchen Sinn ergibt es, dass nun jede wissenschaftliche Arbeit gegendert sein muss, wo diese vielleicht nie veröffentlicht wird?

Unsere Sprache ist meist nur männlich (bestes Beispiel: das kleine Wörtchen „man“… warum wird nicht ebenso „frau“ verwendet?), dadurch wird die männliche Form als normal und repräsentativ wahrgenommen. Dies reflektiert ein ungerechtes Denken und ist ein klares Zeichen dafür, dass unsere Gesellschaft die patriarchialisch geprägte Sprache internalisiert hat. Dies schlägt sich z.B. im „generischen Maskulin“ (maskulines Nomen bzw. Pronomen, welches sich auf mehrere Menschen nicht bekannten Geschlechts bezieht) nieder, welches jegliche Vielfalt ausschließt und so das weibliche Geschlecht und andere Geschlechter unsichtbar macht. Die Menschen eines Textes werden automatisch als Männer interpretiert, es entsteht ein entsprechendes Bild im Kopf, das im Gedächtnis bleibt und unser Denken prägt. Es wirkt ausgrenzend und verfestigt bestehende Denkmuster. Die Sprache spiegelt Denkmuster wieder, legt gesellschaftliche Bewertungen offen, reproduziert und bestätigt sie gleichzeitig. Das manifestierte alltägliche Ignorieren von Frauen und anderen Geschlechtern in der Sprache erscheint vielen normal; dieser Umstand zeigt, wie sehr die Sprache durch gesellschaftliche Muster geprägt ist.

Gleichwertiges Mitdenken aller Menschen

Sprache bildet nicht einfach unsere Welt ab, sondern formt sie entscheidend mit, argumentieren die Sprachwissenschaften. Sprache und Realität beeinflussen sich gewissermaßen gegenseitig. Auch in der Sozialpsychologie wird erforscht, wie sich Sexismus in der Sprache auf die soziale Wahrnehmung und das Verhalten auswirkt. Mit dem Gebrauch von Sprache bezieht jede_r immer automatisch Position und prägt die weitere Kommunikation und das Denken der Anderen. Je nachdem wie Menschen angesprochen, bezeichnet oder auch sprachlich ignoriert werden, beeinflusst dies nicht nur die betroffene Person, sondern auch ihr soziales Umfeld. Nicht alle Menschen können oder wollen sich in der bipolaren Geschlechteraufteilung unserer Gesellschaft wiederfinden. So leben allein in Deutschland je nach Schätzung bis zu 800.000 intersexuelle Menschen, die schon rein biologisch weder als „weiblich“ noch „männlich“ bezeichenbar sind. Nur eine geschlechtergerechte Sprache macht Frauen, Männer und andere Geschlechter in der Sprache sichtbar und erlaubt so ein gleichwertiges Mitdenken aller Menschen. Darum ist es wichtig, sich auf neue Formulierungen einzulassen, Alternativen zu suchen und den Umgang mit der eigenen Sprache bewusster zu gestalten – für uns als studentische Zeitschrift ist das ein besonderes Anliegen. Beginnt jede_r auf diese Weise einseitige Assoziationsmuster aufzubrechen und neu zu gestalten, kann Sprache als Schlüssel für eine Änderung im gesellschaftlichen Bewusstsein dienen bzw. das vorhandene Bewusstsein für die Thematik schärfen, welches althergebrachte Denkmuster kritisch hinterfragt.

Wie gendern?

Es geht darum, geschlechtergerecht zu formulieren: Der Mann darf sprachlich nicht in den Vordergrund gestellt werden, Frauen und andere Geschlechter müssen gleichberechtigt in der Sprache sichtbar gemacht werden. Auch darf die Sprache in keiner Weise sexistisch sein: Die Frau darf nicht als das „schwache Geschlecht“ dargestellt werden, der Mann nicht als das „starke Geschlecht“ und er darf nicht zur Norm werden. Tabu sind Sprachbilder, die Rollenstereotypen entsprechen sowie homophobe und heteronormative Formulierungen. Ältere Formen des Genderns sind z.B. die Paarform (Studentinnen und Studenten), das Binnen-I (StudentInnen) oder das Splitting (Student/innen). Es reicht jedoch nicht, nur Frau und Mann zu nennen, da durch die aufeinanderfolgende Nennung von zwei Geschlechtern immer eine Ungerechtigkeit entsteht (egal in welche Richtung) und weil die Vielfalt an Geschlechtern größer ist als die Dualität von Frauen und Männern (Intersexuelle, Transgender, Transsexuelle, Bi-Gendered, …). Daher sind weitere Differenzierungen nötig, um an traditionellen Geschlechterrollen im Denken zu rütteln und möglichst allen Menschen gerecht zu werden. Geschlechtsneutrale Formulierungen (die Studierenden, „für die Bewerbung muss ein Antrag ausgefüllt werden“ statt „die Bewerber müssen einen Antrag ausfüllen“) sind eine Möglichkeit, die Lesbarkeit von Texten zu verbessern, da sie aber nicht explizit auf die Geschlechter jenseits von Frau und Mann verweisen, sollten auch andere Formulierungen verwendet werden; auch wirken neutrale Formulierungen manchmal distanziert und stellen nicht die Vielfalt der Geschlechter heraus.

Mehr als Frau und Mann

Die aktuell gebräuchlichste Form des Genderns ist die Gender Gap: Zwischen der männlichen und der weiblichen Schreibweise wird ein Unterstrich eingefügt (Student_innen). Existierende Geschlechter, die bisher verdrängt wurden, sind sichtbar, sie haben gewissermaßen Platz in der Lücke. Ähnlich dazu ist der Gender Star: zwischen der männlichen und der weiblichen Schreibweise wird ein Stern eingefügt (Student*innen), der Stern steht, wie die Lücke bei der Gender Gap, für die Vielfalt der Geschlechter. Eine neue, kaum verbreitete Form ist das dynamische Gendern: der dynamische Unterstrich befindet sich nicht immer an der gleichen Stelle im Wort (Student_innen, Stu_dentinnen, Studentin_nen, usw.) und verhindert, dass der Unterstrich weiterhin die maskuline Form hervorhebt. So verdeutlicht er, dass es nicht einen festen Ort gibt, an dem ein Bruch in Zweigenderung stattfindet. Gender Gap und Gender Star reproduzieren den Befürworter_innen zufolge durch ihre Position innerhalb der Nomen die geschlechtliche Binarität, teilen Worte genau da auf, wo das generische Maskulin aufhört und der feminine Zusatz „-in“ beginnt, so wird die Zweigeschlechtlichkeit als stabile Größe verfestigt. Um die Vielfalt der Gender(grenzen) abzubilden, wird daher irgendwo zufällig im Wort gegendert und nicht an einer allgemein definierten Position. Diese Form ist umstritten, da man sich durch die zufällige Setzung des Strichs nie an eine Form gewöhnen kann und die Lesbarkeit erheblich erschwert wird.

Eine weitere, kaum verbreitete Form des Genderns ist die Ersetzung des Wortes „man“. „man“ stammt vom Nomen „Mann“ ab und wird daher auch als sexistisch betrachtet*. Eine Alternative ist „frau“, wobei dies wieder die Zweigeschlechtlichkeit untermauern würde, daher wird es in manchen Texten durch „mensch“ ersetzt. Eine Erweiterung dieser Maßnahme ist die Verwendung des Wortes „mensch“ auch in Formen wie „jemand“ oder „niemand“, die zu „jemensch“ oder „niemensch“ werden.

Ein Bruch der Gewohnheit

Oft wird kritisiert, dass die Genderformen ungewohnt und umständlich sind, doch genau dies zeigt die Notwendigkeit des Bruchs. Alles, was neu ist, wird zunächst als „unbequem“ empfunden, kann aber genau wie die jetzt vorherrschende maskulin geprägte Sprache zur Gewohnheit werden. Die neuen Sprachformen prägen sich ein, beeinflussen das Denken und schaffen eine Sensibilität für das Problem. Wenn konsequent gegendert wird, wird es normal, Nicht-Gendern wirkt störend; diese „Reform“ in der Sprache ist so die Behebung eines Missstandes, der sich über lange Zeit entwickelt hat.

Gendern ist jedoch nicht alles: Es ist ein Ansatz, um die Sprache gerecht für Menschen jeglicher Geschlechter zu gestalten, um ein Umdenken zu bewirken, Bewusstsein zu schaffen und zu sensibilisieren.

 

*Nachträgliche Korrektur: „man“ bezieht sich auf das mittelhochdeutsche „man“, was gleichbedeutend mit Mensch war – die Redaktion dankt dem Leserhinweis.

22 Antworten auf &‌#8222;Warum gendern? Eine Stellungnahme&‌#8220;

  1. Liebe:r Thogu,
    viele Themen stoßen auf sowohl Zustimmung als auf Ablehnung; das Tempolimit, Klimapolitik, Hartz 4 und anderes. Das heißt noch nicht, dass diese Themen die Gesellschaft spalten. Es geht hier um einen Diskurs, wie man das Miteinander inklusiver gestalten kann. Gendern ist kein Gesetz, es wird hier also nichts mit der „linksgrünen Axt der Millenials aufgedrängt“.
    Inwiefern Gendern ein Flop und eine Blamage ist, bleibt im Auge des Betrachters. Wir bitten, sachlich zu bleiben. Dennoch: Etwas, was sich jedoch zunehmends durchsetzt, als Flop zu bezeichnen, ist allerdings konträr zur Definition eines Flops.

    Im Übrigen: Um Kopf und Kragen reden heißt oft Scheinargumente zu benutzen oder nicht wirklich sachlich zu diskutieren. Wir versuchen, eine sachliche und faktenorierntierte Diskussion zu führen – daher gehen wir auch auf jedes Kommentar ein. Wenn man Argumente benutzt, wie „Gendern spaltet die Gesellschaft weil es Menschen gibt, die dagegen sind“, oder „ihr redet euch um Kopf und Kragen“, oder „Gendern wird von linksgrünen Millenials aufgedrängt“, oder „Gendern ist ein Flop“ benutzt, dann wird schnell klar: Das sind keine wirklichen Argumente. Hier wurde nicht recherchiert. Hier ist keine Bereitschaft sich mit dem Thema zu beschäftigen. Hier wird versucht, Emotionen aufzuheizen und Graben zu schaffen. Hier wird mit Argumenten um sich geworfen, die bei jeder weiteren Betrachtung fern davon sind, Sinn zu ergeben.

    Wir wünschen uns bessere Argumente als solche, die mit einer simplen Google-Suche innerhalb von Minuten als faktisch inkorrekte Polemik enttarnt werden können.

  2. Die Ablehnung ist bei den Kommentatoren klar da. Also es spaltet die Gesellschaft . Was macht ihr? Redet euch um Kopf und Kragen um es doch durchzuboxen. Und das ist der Knackpunkt. Gendern wird uns mit der linksgrünen Axt der Millenials aufgedrängt. Gendern ist ein politisches Statement. Dann muss man auf Gegenwehr rechnen. Das Gendern wie es jetzt ist ist ein reiner Flop und eine Blamage für alle, die mit auf den Zug gesprungen sind

  3. Lieber Herr Becker,
    vielen Dank fürIhr Interesse am Text und Ihre dazugehörigen Kommentare.

    Wir freuen uns natürlich, dass Sie beim generischen Maskulinum immer alle Geschlechter miteinbeziehen. Dies ist aber für Andere oft nicht so und besonders im Gespräch mit Anderen wird das für dein Gegenüber ja nicht direkt ersichtlich. Daher hilft die gendergerechte Sprache hier.

    Wir empfinden, dass Geschlecht ein Spektrum ist. Egal, wo man sich auf diesem Spektrum befindet, man soll sich in der Sprache wiederfinden. Ein:e Jurist:in kann sowohl eine andere Hautfarbe haben oder mit einer Behinderung leben – im Bezug auf Berufsbezeichnungen ist die deutsche Sprache tatsächlich größtenteils neutral. Wir wünschen uns, dass dies auch für Geschlechter gilt.

    Im Sinne einer Diskussion, die sich auf Tatsachen beruft und daher dem Vorwurf aus dem Weg geht, aus „Fake News“ zu bestehen und dezidiert falsch zu informieren, wünschen wir uns eine bessere Belegung der Vorwürfe ihrerseits.
    Denn:
    Leider ist uns, auch nach einer Recherche, keine Organisation bekannt, die ihren Namen gendergerecht angepasst hätte. Wir freuen uns über ein Beispiel.
    Wieso gendern zu schlechtem Deutsch führt, ist uns leider nicht bekannt.
    Inwiefern die Sprache, wenn sie sich nicht nur um das männliche Geschlecht dreht, unpersönlich wird, ist uns leider unklar.
    Auch dass „zahlreiche“ Hochschulen gendern vorschreiben und bei Nichteinhaltung mit Punktabzug drohen, ist nach unserer Recherche eine Fehlinformation. Natürlich gab es einen Fall der Uni Kassel, aber auch hier wird darauf hingewiesen, dass dies von den individuellen Dozent:innen ausgeht, die auch sonst eigene Kriterien mitbringen.

    Liest man die Veröffentlichung des Rats für Rechtschreibung zum Thema, wird schnell deutlich: Der Rat unterstützt die Inklusion aller Geschlechter, nur betont dieser, dass es noch keine einheitliche Lösung gibt. Man müsse die Entwicklung weiter beobachten, so der Text.

    Wie bereits in anderen Kommentaren muss nochmal darauf hingewiesen werden: Sprache wurde, zumindest seitdem es Strukturen der Herrschaft gibt, schon immer durch bewusste Entscheidungen beeinflußt. Allein in den letzten 150 Jahren gab es mindestens drei Rechtschreibreformen (da die Ergebnisse der Konferenz von 1901 nur bedingt als Reform gelten) mit teils massiven Veränderungen der deutschen Sprache.

    Es freut uns, dass Sie die deutsche Sprache lieben. Auch wir lieben Sprache in all seinen Formen, Dialekten und Akzenten. Was uns aber noch wichtiger ist, ist die Inklusion derer, die nicht nur durch Sprache so lange marginalisiert und unbeachtet (neben der zahlreichen anderen Gräuel die damit in Verbindung stehen)blieben.

    Der Begriff „Muttersprache“ benötigt, ebenso wie „Vaterland“ oder oder andere Substantive, die ein nichtmenschliches Phänomen oder Object bezeichnen, keinen gendergerechten Ausdruck. Die Referenz eines Menschen ist nicht gleichzusetzen mit einer Notwendigkeit zu gendern. Neuerungen einer Sprache können oft verwirrend sein – der Journalist:innenbund hat hierzu einen hilfreichen Leitfaden erstellt:
    https://www.genderleicht.de/

    Liebe Grüße,
    die Redaktion

  4. Hallo zusammen,
    der Originalartikel enthält mehrere ureflektierte Prämissen:

    „Die Menschen eines Textes werden automatisch als Männer interpretiert, es entsteht ein entsprechendes Bild im Kopf, das im Gedächtnis bleibt und unser Denken prägt. Es wirkt ausgrenzend und verfestigt bestehende Denkmuster. “
    Das bestreite ich zumindest für mich. Ich habe überhaupt kein bestimmtes Geschlecht vor Augen, wenn ich zum Arzt (meiner ist eine Ärztin), zum Bäcker (meist verkauft dort eine Frau) oder zum Griechen essen gehe. Die Notwendigkeit besteht nur im eigenen Gehirn.

    „Geschlechtsneutrale Formulierungen (die Studierenden, „für die Bewerbung muss ein Antrag ausgefüllt werden“ statt „die Bewerber müssen einen Antrag ausfüllen“) sind eine Möglichkeit, die Lesbarkeit von Texten zu verbessern, da sie aber nicht explizit auf die Geschlechter jenseits von Frau und Mann verweisen,…sollten auch andere Formulierungen verwendet werden“.
    Bisher war das Anliegen, alle Geschlechter anzusprechen und in der Ansprache niemanden auszugrenzen. Offenbar reicht auch das nicht aus, sondern es wird in einem zweiten Schritt verlangt, aktiv darauf hinweisen, dass es mehr als zwei Identitäten gibt. Das ist eine neue Qualität. Mir derselben Berechtigung könnte man auch darauf hinweisen müssen, dass es Migranten, Behinderte, Arbeiterkinder an der Uni und nichtweiße Hautfarben gibt.

    Ich möchte mir eine Aufzählung der ganzen Absurditäten ersparen, die teilweise durch verkrampftes Gendern entstehen. Ich habe schon erlebt, dass Organisationen gegendert werden, nicht nur Menschen.
    Mein persönlicher Eindruck ist, dass Gendern inzwischen der sozialen Distinktion dient, zum Lifestyle geworden ist. Unter dem Strich führt dies vor allem zu unpersönlichen Formulierungen, zu schlechtem Deutsch und erhöht die Distanz zwischen Akademikern und allen anderen Menschen. Der Vorwurf, dass sich hier eine akademische Elite von allen anderen abheben will, ist m.E. leider zutreffend. Zahlreiche Hochschulen schreiben gendern in schriftlichen Texten vor, bei Zuwiderhandlung droht Punktabzug. Leider sind das keine Einzelfälle mehr. Staatliche und staatsnahe Organisationen schreiben vor, gegen die Empfehlungen des Rats für Rechtschreibung zu verstoßen, erwarten also falsche Ortografie, z.B. Kommunen. Auf Parteitagen der Grünen werden ungegenderte Anträge nicht behandelt. Das ist erzwungener Sprachwandel auf dem Verordnungsweg und kollidiert mit dem Eintreten für eine freiheitliche liberale Gesellschaft.

    Vielleicht ist es dem einen oder der anderen aufgefallen: Ich liebe meine Muttersprache. Aufgabe zum Schluss: Finde einen angemessenen genderkorrekten Ausdruck für MUTTERsprache. . 🙂

  5. Hi!
    Warum das hier nicht weiter recherchiert wurde, entzieht sich leider dem Wissen der heutigen Redaktion, aber solche Fehler können ja passieren.

    Vielen Dank für den Hinweis,
    die Redaktion.

  6. Wieso bitte wurde denn der Hinweis von Besswerwisser so unrecherchiert übernommen?
    Das mittelhochdeutsche „man“ wurde damals (schon ganz patriarchalisch) sowohl mit der Bedeutung „Mensch“ als auch „Mann“ benutzt.

  7. Lieber Jörg,
    wie bereits in der Antwort auf Thomas Kommentar erwähnt, ist Sprache keineswegs ein rein organisches Phänomen – zumindest nicht in unserer Gesellschaft. Sprache hat sich, über viele Generationen und Kulturen hinweg, ebenso bewusst wie unbewusst verändert. Die Wörter, die für bestimmte Kulturen, Menschen und auch Dinge gewählt wurden, haben sich keineswegs immer „aus dem Volk“ gebildet. Viele dieser Worte wurden „von Oben“ bestimmt – um eine bestimmte Ideologie zu festigen, den Status anderer zu bestimmen und aus vielen anderen Gründen heraus. Es ist äußerst zweifelhaft, dass es eine Sprache gibt, die sich ohne bewusstes zutun entwickelt hat.
    In einer Debatte um sprachliche Freiheit geht es (wie in jeder Debatte um Freiheit innerhalb einer Gesellschaft) letztendlich darum, zu bestimmen, wo diese beginnt und endet. Dass wir diese Debatte haben können, zeigt, dass die Meinungs- und Sprachfreiheit in Deutschland noch sehr gut funktioniert; dennoch sind wir in unserer Sprache nicht völlig frei. Begriffe aus dem nationalsozialistischen Sprachgebrauch sind bereits verboten. Und ich hoffe Sie stimmen zu, dass dies auch gut so ist. Aber ohne einen Eingriff hätte sich dieser Sprachgebrauch sicherlich noch lange gehalten – hier riskiert man eine Verharmlosung durch den alltäglichen Gebrauch. Eine Verändung vom Volk aus hätte es nach dem Nationalsozialismus ohne eine Vorgabe kaum gegeben. Übrigens wussten die Nationalsozialisten sehr genau um die Macht der Sprache und wie viel Einfluß diese auf Menschen hat – Sprache und Nationalsozialismus ist ein sehr interessantes wie erscheckendes Thema über das es zahlreiche Publikationen gibt.

    Aber zurück zum eigentlichen: Gendern ist keine Vorgabe. Sie haben nach wie vor das Recht, das generische Maskulinum zu benutzen. Nur, wie bereits erwähnt, schließt dies im Grunde alle Geschlechter, bis auf das männliche, aus. Hier übrigens ein interessanter Artikel zum Einfluß der Sprache auf das Denken:
    https://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/06/Sprache-Worte-Wahrnehmung/
    Natürlich gibt es Länder, in denen das Neutrum die Norm ist (etwa im Englischen). Sprache ist aber nunmal nicht der einzige Faktor, wenn es darum geht Sexismus, Rassimus und andere zu bekämpfen. Das Problem ist eben sehr komplex und vielfältig. Allein durch Sprache lässt sich das Problem nicht beseitigen; ändert man aber nichts an der Sprache, wird das Problem weiterhin bestehen.

    Zuletzt:
    Wenn es der Wunsch vieler ist, sich in einer Sprache wiederzuerkennen, in der sie sich bisher nicht reflektiert fühlen – ist es dann tatsächlich ein so großer Aufwand dies zu berücksichtigen? Wir finden, dass sich zumindest auf unserer Plattform jeder willkommen fühlen soll.

    Liebe Grüße,
    die Redaktion

  8. Daneben hätte ich gerne erst einmal Nachweise dafür, dass Gendern die Gesellschaft und das Denken dermaßen verändert und für mehr Gleichberechtigung sorgt. Ist das in Gesellschaften, die aufgrund ihrer Sprache die Unterscheidung zwischen Männlich und Weiblich nicht haben, tatsächlich so? Wenn das so ist, dass dort deutlich mehr Gleichberechtigung herrscht, die Frauen auch in den Chefetagen sitzen und die Männern die Care-Arbeit machen, gebe ich mich geschlagen, dann sollte man vielleicht einiges ändern. Ansonsten halte ich das für eine Ideologie. Der Begriff sagt für mich eigentlich alles.

  9. Für mich ist Gendern ein Sprachveränderung die von einer akademischen Elite vorgegeben wird, statt die Sprache dem Volk zu überlassen, dem die Sprache gehört und sich durch gesellschaftliche Veränderungen von selbst verändern zu lassen.
    Es ist eine der vielen Ideologien „von Oben“, die ich als verkopft und arrogant empfinde. An das Weibliche wird beim Maskulinum nicht gedacht – diese Behauptung empfinde ich persönlich als rückständig und sexistisch, weil sie mir unterstellt, ich würde das Weibliche dabei nicht mitdenken. Wenn es von Menschen nicht mitgedacht wird, dann weil die Zustände in der Gesellschaft leider in Teilen noch so sind, wie sie leider sind. Mich stört es als Mann doch auch nicht, dass von Erzieherin oder Pflegerin gesprochen wird, weil das Berufe sind, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden. Warum eigentlich? Die Veränderung über die Sprache zu erzwingen halte ich für einen Irrweg.

  10. Lieber Thomas,
    zunächst heißen wir jede Art der Debatte willkommen.
    Das sind eine Menge Punkte, die du hier aufführst – im Sinne einer fairen und ehrlichen Debatte wäre es hier wünschenswert wenn du zu bestimmten Punkten Quellen oder weitere Erörterungen anbringst. Wir sind aber gerne bereit jeden Punkt einzeln mit dir durchzugehen, und hoffen dass du dich ebenso mit unseren Argumenten beschäftigst, wie wir uns mit deinen.
    Wir sind nicht der Meinung dass es den „geringer Gebildeten“ einen Zugang zu Information und Kultur verwährt – insbesondere ihre Meinung bleibt gänzlich vom Gendern unangetastet. Sprache ist ein flüssiges Phänomen und ständig im Begriff, sich zu verändern. Die deutsche Sprache ist sicherlich nicht die einfachste, aber es gibt deutlich anstrengendere Hürden als gendergerechte Sprache. Um Menschen nicht auszuschließen, sollte man bereit sein, diese kleine Hürde zu nehmen.
    Es ist ein Trugschluss anzunehmen, dass Menschen mit einer Behinderung auf eine „leichte“ Sprache angewiesen sind. Sollte jemand wirklich nicht in der Lage sein, aufgrund einer Behinderung gendergeerechte Sprache zu benutzen, sind wir uns sicher dass Niemand diesen Sprachgebrauch verurteilen wird.
    Gendern ist weder integrations- noch ausländerfeindlich. Die Art, wie wir dies tun, ist eine Eigenheit unserer Sprache, weil Deutsch, wie jede Sprache, Besonderheiten hat. Ein Überdenken der Sprache wird aber vielen Zugezogenen bekannt vorkommen. Denn gendergerechte Sprache ist kein deutsches, sondern ein internationales Phänomen – viele Kulturen überdenken und debattieren über ihre Sprache. Hier ein Artikel der Süddeutschen, der darüber informiert (es ist wirklich ein Klick wert, da sehr interessant!): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/franzoesisch-japanisch-russisch-gendern-in-anderen-sprachen-16169827.html
    Gendern betont verschiedene Geschlechter, das soll es auch. Die heteronormative Sprache mit dem generischen Maskulinum (also eine Sprache, bei der Heterosexualität als die Norm und die männlichen Bezeichnungen für Dinge in einem allgemeinen Sinn verwendet wird – obwohl es hier auch eine weibliche Form gibt) schließt, wie du an der kurzen Ausführung erkennen kannst, aus. Wir finden nicht, dass Gendern Frauen zweitklassig erscheinen lässt, sondern dass hier betont wird, dass es ein Spektrum an Geschlechtern gibt, die alle anerkannt werden müssen.
    Gendern ist auch nicht „altenfeindlich“. Wie bereits erwähnt, ist Sprache immer im Wandel. Hier gibt es bewusste und unbewusste Veränderungen. Nicht ohne Grund sprechen wir nicht das selbe Deutsch wie die Menschen, die zu Zeiten etwa des Großdeutschen Reiches gelebt haben. Auch hier mussten sich ältere Menschen mit Sprachinnovation auseinandersetzen.
    Dass Gender-Aktivist:innen kolportieren – also nicht wahrheitsgemäße oder unsichere Informationen verbreiten – ist eine steile These. Dafür musst du schon belege liefern, sonst kolportierst du hier selber. Gleich alle Aktivist:innen so über den selben Kamm zu scheren, lässt leider vermuten, dass du hier recht einseitige Quellen benutzt. Nichts ist dermaßen schwarz und weiß. Sicherlich gibt es auch hier Menschen, die Fehler machen, leider bestimmt auch solche, die dies mutwillig tun. Diese Menschen sprechen aber nicht für eine ganze Bewegung.
    Mit der Sprache alter Literaturen zu brechen ist keineswegs kulturfeindlich. Im Gegenteil, davon lebt Sprache. Es gibt interessante Literatur darüber, wie etwa Shakespeare vom massiven sprachlichen Umschwung seiner Zeit profitierte und dies zu seinem gewaltigen Wortschatz beitrug (interessanterweise brach auch dieser sicherlich mit der Sprache alter Literaturen). Niemand würde behaupten, dass Shakespeare kulturfeindlich war, oder?
    Es fällt schwer, sich vorzustellen, wie Gendern die Kosten für Betriebe erhöhen soll. Aber stell dir vor, du könntest durch Sprache eine bessere, inklusivere Gesellschaft schaffen. Und dann brichst du das ganze ab aufgrund wirtschaftlicher Interessen? Mag sein, dass sich manch eine:r über einen solchen Sprachgebrauch streitet, aber das heißt doch nicht, dass man deswegen ein gutes Vorhaben beenden muss. Debatte über Sprache ist gesund.
    Die Menschen, die an der deutschen Sprache interessiert sind, werden sich nicht vom Gendern stören lassen. Wie bereits gesagt, ist Gendern kein allein deutsches Phänomen, sondern ein internationales. Gendern ist aufgrund der Eigenheiten der englischen Sprache in manchen Aspekten einfacher, aber es ist auch hier ein Trugschluss zu denken, dass es dort keine Debatte über das Thema gibt. Dilettantisch ist Gendern auch nicht, es wird ja durchaus viel Debatte und Arbeit in das Thema gesteckt.
    Eine Sprachreform ist nicht per se undemokratisch. Du schreibst ja auch „kolportieren“ und nicht „kolportiren“, „Armut“ statt „Armuth“ und „Geheimnis“ statt „Geheimniß“. Du folgst also den Beschlüssen der ersten und zweiten orthographischen Konferenz, die vor über einhundert Jahren abgehalten wurden und die Sprache „von oben herab“ verändert haben. Zudem ist Gendern nicht verpflichtend und wird (ausgesprochen demokratisch) von den Mitglieder:innen dieser Demokratie frei debattiert. Dass wir diese Debatte hier haben, ist ein gutes Zeichen dafür, dass unsere Demokratie zumindest in diesem Punkt noch gesund ist.
    Inwiefern erzeugt eine gendergerechte Sprache Skepsis und Gegenwehr gegen staatliche Behörden? Gerade diese sollten doch jeden einschließen.

    Wir hoffen, dass diese Punkte unseren Standpunkt verdeutlichen. Wir sind gerne bereit weiter über dieses Thema zu reden.
    Liebe Grüße,
    die Redaktion.

  11. Gendern ist ein Irrweg!

    Gendern ist elitär und klassistisch
    Es erschwert geringer Gebildeten die Teilhabe an Information, Meinung und Kultur
    Gendern ist behindertenfeindlich
    Es verhindert leichte Sprache und Inklusion
    Gendern ist integrations- und ausländerfeindlich
    Es erhöht die Hürde, auch dazuzugehören
    Gendern ist sexistisch
    Es hebt das Geschlecht als Unterscheidungsmerkmal hervor und lässt Frauen zweitklassisch erscheinen
    Gendern ist altenfeindlich
    Es zieht rücksichtslos mit einem Mal einen Graben zu den Menschen, für die seit Jahrzehnten Deutsch ein Teil ihrer selbst ist und die sich nicht anpassen wollen oder können
    Gendern ist wissenschaftsfeindlich
    Gender-Aktivisten kolportieren unbewiesene Behauptungen, ziehen falsche Schlüsse aus zweifelhaften Studien und verbreiten falsche Vorstellungen von Wesen und Wirken der Sprache
    Gendern ist kulturfeindlich
    Es bricht mit der Sprache der alten wie auch der neuen Literatur
    Gendern ist wirtschaftsfeindlich
    Es erhöht die Kosten der Betriebe und treibt einen Keil zwischen die Betriebsangehörigen
    Gendern schadet dem Ansehen und der Verbreitung der deutschen Sprache
    Während sich das Englische durch Gendern elegant vereinfacht, wird das Deutsche in dilettantischer Weise verkompliziert
    Gendern ist demokratiefeindlich
    Es verordnet einen Sprachwandel von oben, ohne Mitspracherecht für über 100 Millionen Sprecher in 3 Staaten und zahlreichen mehrsprachigen Regionen Europas und der Welt
    Gendern spaltet
    Es erzeugt und verstärkt Skepsis und Gegenwehr gegen staatliche Behörden und öffentlich-rechtliche Medien, die – von der guten Absicht beseelt – ihre Anstrengungen weiter erhöhen

  12. Hallo, vielen Dank für diesen Hinweis! Diese Textstelle wurde nun geändert.
    Viele Grüße, die speakUP-Redaktion

  13. Hallo 🙂 Im Absatz „Mehr als Frau und Mann“ habt ihr glaube ich einmal vergessen zu gendern ^^ „Gender Gap und Gender Star reproduzieren den BEFÜRWORTERN zufolge (…)“
    Liebe Grüße

  14. Schöne Gedanken, die Verwendung von „jemensch“ ist mir tatsächlich erst kürzlich unterkommen und kannte ich nicht. Deshalb las ich diesen Artikel, und er ließ mich über Wochen nicht los: Problematisch finde ich allerdings, dass dabei noch nicht 100% weitergedacht wurde, „Mensch“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet „der Männliche“.
    Ich verstehe aber den Gedanken des „Daraufaufmerksammachens“ und der vermeintlich heutigen Bedeutung von „Mensch“.
    Letzteres Argument führt aber dazu, dass dann auch gesagt werden könnte, dass bei „man“ und allen männlichen Formen der Sprache „mitgedacht“ wird. (Viele argumentieren ja auch tatsächlich so).

    Aber definitiv hat mich das ganze wieder einmal zum Nachdenken über Macht der Sprache gebracht. Danke, also!

  15. „Die aktuell gebräuchlichste Form des Genderns ist die Gender Gap“ – Ich denke, dass stimmt mittlerweile nicht mehr, da die Gender Gap vom Gender Star abgelöst wurde.

    Beides ist jedoch problematisch.

    Die deutsche Sprache sieht eigentlich nur den Bindestrich als Sonderzeichen innerhalb einer Wortkonstruktion vor. Um die Akzeptanz geschlechtsneutraler Sprache zu fördern, sollte man eher auf das Gerundium ausweichen.

    Statt Lehrer*innen also Lehrende, statt Abiturient*innen Abiturierende, statt Schüler*innen Schulende. Oder Beschulte? Man muss kreativ werden, ohne Frage, aber lieber ein paar originelle Wortschöpfungen als Sternchen und Striche.

  16. Hallo lieber Leser,
    vielen Dank für den guten Hinweis und die Korrektur. Der Artikel ist leider schon vor der Zeit der jetzigen Redaktion entstanden und entzog sich daher unserer Kontrolle.

    Wir wünschen einen schönen Tag und weiterhin viel Spaß beim Lesen der speakUP

    Freundliche Grüße
    Die Redaktion

  17. “ „man“ stammt vom Nomen „Mann“ ab …“

    Das ist Unfug oder könnt ihr das sinnvoll belegen? „man“ bezieht sich auf das mittelhochdeutsche „man“ was gleichbedeutend mit „Mensch“ war, leitet sich also nicht von „Mann“ ab („Mann“ hingegegen leitet sich ebenfalls von dem selben mittelhochdeutschen „man“ ab)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert