Esskultur im Wandel der Zeit: Ein kulinarischer Rundgang

Nach dem was, wir essen, verzehren wir uns. Doch was ist das eigentlich? Sind es die traditionellen Gerichte, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden? Oder exotische Speisen, die uns von fernen Ländern träumen lassen und die Lücke der längst vergessenen einheimischen Esskultur füllen? Und wo können Studierende in Potsdam der sinnlichen Lust des Essens frönen? Von Laura Krause.

Die seit der Steinzeit mühsam erworbenen Kenntnisse über genießbare oder gar tödliche Speisen und der Jahrhunderte lange Aufbau eines kollektiven Wissens scheinen den meisten Menschen heute fremd zu sein. Schmecken zu lernen, um das eigene Überleben zu sichern, ist schon lange nicht mehr notwendig. Stattdessen geben sich viele mit Fast Food und Coffee To Go zufrieden und Lebensmitteldesigner profitieren von der Verarmung der Esskultur. Essen muss heute scheinbar besonders schnell gehen, möglichst appetitlich und praktisch verpackt sein und darf nur wenig tropfen oder kleckern. Mit der Entdeckung des Feuers begann der Mensch, die Natürlichkeit der Nahrung erstmals zu bezwingen und durch Zerteilen und Kochen die ursprünglichen Mittel zum Überleben zu ästhetisieren. So wurde die Feuerstelle zum Kontaktort sesshafter Mahlgemeinschaften und die ritualisierten Mahlzeiten verbanden die Gemeinde. Vor allem Frauen waren schon in den frühen Gemeinschaften für die Entwicklung des Geschmacks zuständig und so bildete sich eine geschlechtsspezifische Hierarchie der Nahrungsmittelproduktion heraus.

Geopolitische Expansion und Kolonisierung ließen mit dem Gewürzhandel eine ganz neue Lebenskultur entstehen, die den Alltag zunehmend verfeinerte und die Teilhabe an nahezu paradiesischen Freuden ermöglichte. Doch durch den zunehmenden Bedeutungsverlust christlicher Werte und der Mahlzeit als irdisches Erlebnis des Göttlichen zerbrach die Nahrungsgesellschaft als Glaubensgesellschaft. Mit der einsetzenden Industrialisierung und der Aufhebung der sozialen und spirituellen Einsperrung der Frau war diese nicht länger auf häuslichen Pflichten beschränkt. Der Einstieg der Frau in die öffentliche Erwerbstätigkeit wird deshalb oft als Geburtsstunde der Lebensmittelindustrie gesehen. Die Verantwortlichkeit der Nahrungszubereitung wurde neu geregelt. An die Stelle sinnlicher Mahlzeiten traten Massenproduktion, Normierung und Geschmacksarmut industriell gefertigter Nahrung. Es scheint, als würde sich der Zivilisationsprozess umkehren, indem Mobilität und limitierte Zeit zum Essen Fast Food zur Notwendigkeit machen. Die Lebensmittelindustrie verdrängte somit auch die Tradition der Kochkunst. Michel Onfray sagte, der ,,Teller zeigt, wozu eine Zeit fähig ist‘‘, doch was bleibt, nachdem die Essensproduktion Sache der Industrie geworden ist? Die Antwort ist augenscheinlich: Stoffwechselprobleme, Zunahme von Übergewicht und Krankheiten wie Diabetes und der Verlust der sinnlichen Erfahrung beim Essen.

Doch wonach verzehren wir uns wirklich? Trotz der Abgabe der Verantwortung beim Kochen, ließ die industrialisierte Nahrung auch zahlreiche Gegenbewegungen entstehen. So entwickelte sich das Genre der Kochbücher, Fernsehköche wie Jamie Oliver und TV-Sendungen wie das Perfekte Dinner werden immer populärer. Die Zunahme an sportlichen Freizeitaktivitäten lässt immer mehr Raum für das Bewusstsein über den eigenen Körper und den Wunsch nach gesunder und kalorienarmer Nahrung.

Andere entspannen sich als Ausgleich zum stressigen Alltag in Kochkursen und wer keine Zeit zum Selberkochen hat, sucht eines der internationalen Restaurants auf. Auch im Kontext interkultureller Verständigung besitzt das gemeinschaftliche Erlebnis des Essens eine zentrale Bedeutung. Die Bewegung des Ethnic Food ermöglicht es, Teile einer anderen Kultur essend aufzunehmen und neue kulinarische Werte zu entdecken. Auch die Innenstadt Potsdams ist reich an Kulinarik.

Wer einen Tag lang richtig schlemmen möchte, kann im Daily Coffee mit frischen Bagels in schöner Atmosphäre in den Tag starten. Wer es lieber süß mag, geht in die Crêperie Madeleine, in der vor den Augen des Gastes die leckeren Buchweizen-Crêpes zubereitet werden. Mittags bietet sich die russische Teestube Alexandrowka mit einer heißen Schüssel Borschtsch oder frischen Pelmeni an. Für Liebhaber_innen vegetarischer Küche lässt sich das Café Kieselstein empfehlen, dass nur Produkte aus biologischem Anbau serviert und mit ständig wechselnden Tagesangeboten lockt.

Ein wirkliches Erlebnis für die Sinne ist der Kambodschaner My Keng. Ob Glasnudeln in Ingwer-Honig-Sauce oder gebratene Hühnerspieße, das Restaurant hat für jeden Geschmack etwas im Repertoire. Zu Kaffee und Kuchen empfiehlt sich das Café Poffertjes en Pannekoeken, das die original holländischen Leckereien anbietet. Wer es hingegen lieber klassisch mag, geht ins Café Guam, das täglich bis zu 19 verschiedene Sorten Käsekuchen anbietet. Zu besonderen Anlässen lädt das Fischrestaurant Der Butt ein oder das Restaurant Waage, eine italienische Gaststätte mit Gourmetcharakter. Der kulinarische Rundgang durch Potsdam endet mit einem Arrangement aus Schokoladendesserts. Die Schokoladenvariation von La Maison du Chocolat reicht gut für zwei Personen und ist eine tolle Möglichkeit, für wenig Geld die verschiedenen Leckereien zu probieren. Gerade weil die Nahrung Grundlage all der Energie ist, die wir zum Arbeiten, Studieren und Leben benötigen, ist es ratsam, sich ein paar Mal die Woche mit frisch gekochten Speisen im Restaurant oder aber zu Hause zu belohnen, denn man ist bekanntlich, was man isst.

Wo befinden sich die vorgestellten Restaurants in Potsdam? Hier findest du die besten kulinarischen Genüsse Potsdams!

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