Demokratie für jedermann – Gremienwahlen an der Uni Potsdam 2016

Vom 21. bis 23. Juni finden an der Universität Potsdam die jährlichen Gremienwahlen statt. Gewählt werden das Studierendenparlament, der Senat und die Fakultätsräte. Doch welche Hochschulgruppe steht nochmal wofür? Und was hat es mit der Urabstimmung auf sich, die parallel stattfindet? Von Anika Lange und Mia Teschner.

Dienstag bis Donnerstag (21.-23. Juni) heißt es wieder wählen gehen an der Universität Potsdam. Alle Studierenden sind aufgerufen, ihr Kreuz zu setzen und sowohl das Studierendenparlament (StuPa), die studentische Vertretung im Senat, als auch die Fakultätsratsmitglieder der jeweiligen Fakultät zu wählen. Zusätzlich wird in diesem Jahr, wie vom Studentischen Wahlausschuss angekündigt, eine Urabstimmung zu mehreren Fragen rund um den Studierendenschaftsbeitrag stattfinden.

Was waren noch gleich StuPa und AStA?

Das Studierendenparlament (StuPa) ist mit 27 gewählten Studierenden aus derzeit sieben Hochschulgruppen das höchste beschlussfassende Gremium der studentischen Selbstverwaltung. Es trägt unter anderem die Aufgabe, die Höhe der Studierendenbeiträge und den jährlichen Haushalt der Studierenden von etwa 400.000 Euro zu beschließen. Der Haushalt ergibt sich aus den derzeit 10 Euro Studierendenschaftsbeitrag, die jeder Studierende als Teil des Semesterbeitrags von derzeit 276,91 Euro zahlen muss. Im Rahmen der nun angesetzten Urabstimmung über die Höhe der Studierendenbeiträge sowie die Umverteilung von Haushaltsmitteln könnte es hierbei zu Änderungen kommen.

Neben finanziellen Belangen ist das StuPa auch dafür zuständig, studentische Interessen gegenüber der Universität und nach außen zu vertreten. Während StuPa-Abgeordnete unentgeltlich arbeiten, erhalten Referent_innen des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) eine Aufwandsentschädigung. Der AStA stellt die Exekutive der studentischen Selbstverwaltung dar und wird vom StuPa gewählt. Die Referent_innen sind jeweils für ein Jahr im Amt.

Und der Senat?

Die Aufgaben des Senats an der Universität Potsdam ergeben sich aus dem Brandenburgischen Hochschulgesetz. Der Senat ist das oberste Gremium der Universität Potsdam. Er befasst sich mit Angelegenheiten, welche die gesamte Universität betreffen, und entscheidet beispielsweise über die allgemeine Studienordnung oder die Einrichtung von Studiengängen.

Der Senat setzt sich aus insgesamt elf hochschulinternen Mitgliedern zusammen: sechs Hochschullehrende, zwei akademische Mitarbeiter_innen, ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin aus Technik und Verwaltung, sowie zwei Studierende. Gewählt werden die Mitglieder jeweils innerhalb ihrer Statusgruppen. Genau wie das StuPa werden die Vertreter_innen der Studierendenschaft über Listen der politischen Hochschulgruppen gewählt.

Was machen überhaupt  die Fakultätsräte?

Die Fakultätsräte setzen sich aus Mitgliedern derselben Statusgruppen zusammen wie der Senat. In diesem Gremium wird unter anderem über die Struktur und den Entwicklungsplan der jeweiligen Fakultät oder die Zusammensetzung der Dekanate entschieden. Die zur Wahl stehenden studentischen Vertreter_innen können hier somit ebenfalls Einfluss auf die Entwicklung der Universität nehmen.

Urabstimmung – wie und worüber? 

Parallel zu den beschrieben Wahlen wird in diesem Jahr eine Urabstimmung stattfinden. Drei Fragen sind mit Ja oder Nein zu beantworten, für die Frage Nummer drei werden Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Wichtig ist hierbei, dass bei einer Wahlbeteiligung von weniger als 10 Prozent die Ergebnisse der Urabstimmung lediglich einen empfehlenden Charakter für das StuPa haben.

Erstens geht es um eine Erhöhung des Studierendenschafsbeitrags um 50 Cent zugunsten des Hochschulsports. Genaue Maßnahmen zur Förderung des Hochschulsports werden nicht formuliert.

Zweitens steht die Verwendung und Verteilung einiger Haushaltsmittel zur Entscheidung. Dabei sollen, so der Vorschlag, von den derzeit 10 Euro Studierendenschaftsbeitrag nicht mehr jeweils ein Euro an den  Semesterticketsozialfond zur finanziellen Unterstützung von Studierenden gehen, sondern nur noch 50 Cent. Die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten werden sein: „KuZe“ (Studentisches Kulturzentrum), „Hochschulsport“, „allgemeiner Studierendenschaftsbeitrag (zweckgebunden)“, „Zuschüsse zu Studierendenprojekten“ sowie „der Beitrag sollte nicht verschoben werden“.

Frage drei sieht vor, dass von den freiwerdenden Mitteln das KuZe profitieren soll. Hintergrund der Abstimmungsgegenstände zwei und drei ist die Bildung von Rücklagen beim Semesterticketsozialfond, da zuletzt mehr Geld als nötig zur Verfügung stand. Eine solche Umverteilung soll solange andauern, bis die Rücklagen abgebaut sind.**

Viertens steht die Frage im Raum, ob die brandenburgische Landesregierung dazu aufgerufen werden soll, das Personalvertretungsgesetz des Landes zu ändern, damit auch studentische Beschäftigte eine Personalvertretung gründen können. Außerdem solle die Landesregierung darauf hinwirken, dass auch für stundentische Beschäftigte ein Tarifvertrag zustande kommt.

Anmerkung der Redaktion*: Ursprünglich waren fünf Fragen für die Urabstimmung vorgesehen, und auch die Fragestellung der oben erläuterten Abstimmungsgegenstände war anders (siehe Bekanntmachung des studentischen Wahlausschusses vom 31. Mai). Bei der StuPa-Sitzung am 14. Juni wurde allerdings eine Änderung der Formulierungen beschlossen, ebenso wie die Streichung zweier Fragen. Eine davon enthielt den Vorschlag, den Studierendenschaftsbeitrag um 50 Cent zu erhöhen, damit die geforderte Gehaltserhöhung von 10,98 Euro auf 13,50 Euro pro Stunde für die Mitarbeiter_innen des AStA (nicht Referent_innen, diese erhalten eine separate Aufwandsentschädigung) realisiert werden kann. Diese sehr kurzfristig getroffene sowie unzureichend kommunizierte Entscheidung konnte unsererseits bei den Interviews mit den nachfolgend vorgestellten Listen leider nicht mehr berücksichtigt werden, sodass dort noch auf die geforderte Gehaltserhöhung Bezug genommen wird.

**Die Informationen spiegeln den Sachstand der Studierendenzeitschrift speakUP des 20.06.2016 (13.10 Uhr) wider. Mit E-Mail des Studentischen Wahlausschusses vom 21.06.2016 wurden die abzustimmenden Fragen aufgrund einer Entscheidung der Rechtsaufsicht der Universität Potsdam erneut geändert. Frage zwei, wie im Artikel dargelegt, entfällt bei der Urabstimmung. 

Die Listen

Wer kann nun gewählt werden und wer verbirgt sich hinter den einzelnen Listen? Im Folgenden möchten wir die Listen, die zur StuPa-Wahl antreten, näher vorstellen. Ihre Vertreter_innen haben uns im Vorfeld Rede und Antwort gestanden. Die alten Hasen sind JumpUP, Grüner Campus, die Juso-Hochschulgruppe, BEAT!, DieLinke.SDS, RCDS und UP.rising. Zu den zwei neuen Listen gehören Gemeinsam für Griebnitzsee und die freie Union christlicher Kommunisten der Universität Potsdam (f.U.c.K. U.P.).

JumpUP

Die Kandidat_innen der Liste beanstanden, dass zu viel Klientelpolitik betrieben werde. Gelder flößen in Projekte, die nur kleinen Gruppen zugutekämen. Von daher sei die Kontrollfunktion der Opposition im StuPa gegenüber dem AStA sehr wichtig. Eine Idee, die Gelder sinnvoller einzusetzen, sei die Sportförderung, die zudem gesetzlich festgeschrieben sei. JumpUP wünscht sich aber eine solche Förderung ohne eine Beitragserhöhung.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Forderung nach einem höheren Gehalt der Mitarbeiter_innen beim AStA. Diese sei ungerechtfertigt, da man durch Umstrukturierung viel Geld einsparen könne. JumpUP betont, man fühle sich dem Grundsatz „Von Studenten für Studenten“ verpflichtet.

Grüner Campus

Diese Liste möchte die nachhaltige Entwicklung fördern. Zentrale Projekte seien die verlängerte Kooperation mit NextBike, mehr Freiräume für die Studierenden und generell die Unterstützung von Studis, die selber aktiv etwas bewirken möchten. Konkret werden die Entschleunigung des Studiums, frei wählbare Schlüsselqualifikationen und eine Zivilklausel für die Uni Potsdam gefordert.

Grüner Campus spricht sich für eine Sportförderung aus und begrüßt die Urabstimmung hierzu. Außerdem sei auch eine Erhöhung der Gehälter der AStA-Mitarbeiter_innen gerechtfertigt. Die Liste sieht sich selbst als am besten geeignet, sich für eine parteiunabhängige und nachhaltige Universität einzusetzen.

Juso-Hochschulgruppe

Die Jusos möchten die erste Hochschulgruppe sein, die einen studentischen Haushalt einführt, bei dem die Studierenden selbst entscheiden können, wofür das Geld eingesetzt wird. Dies soll auch zu mehr Transparenz beitragen. Außerdem solle so den Studierenden die Arbeit von AStA und StuPa nähergebracht werden. Konkrete Projekte seien eine bessere Qualität der Mensen, eine bargeldlose PUCK-Aufladung und mehr Wohnraum für Studierende.

Auch die Sportförderung sowie eine Erhöhung der Gehälter für AStA-Mitarbeiter_innen werden als sinnvoll angesehen. Die Jusos erachten es nach eigener Aussage als ihr Ziel, als älteste Hochschulgruppe an der Uni ihre linke, solidarische und gerechte Politik weiter zu betreiben.

BEAT – Bildung jetzt!

BEAT betont, man sei stark im AStA vertreten. Außerdem sei die Liste im letzten Jahr durch diverse Protestaktionen präsent gewesen. Wichtige Themen seien das Lehramtsstudium und eine antifaschistische Position in der Praxis. Auch die Sportförderung werde von BEAT unterstützt. Allerdings möchte sich BEAT nicht auf das Zentrum für Hochschulsport beschränken.

Des Weiteren wird die geforderte Gehaltserhöhung der AStA-Mitarbeiter_innen als nachvollziehbar erachtet, da diese Gehälter seit 2003 nicht angepasst worden seien. Bei der Frage, ob eine Beitragserhöhung der richtige Weg ist, sei man sich aber nicht sicher. BEAT beschreibt sich selbst als eine unabhängige Kraft, welche die Uni nicht als zu verwaltende Institution sieht, sondern als Raum für Bildung ernst nimmt.

DieLinke.SDS

DieLinke.SDS betont, ihre Mitglieder seien sehr aktiv sowohl im Bereich Hochschulpolitik, als auch auf lokaler Ebene. Die offizielle Abschaffung der Anwesenheitspflicht sei dabei ein wichtiges Thema, ebenso wie der Wohnungsausbau für Studierende. Außerdem sei man die erste Liste, die sich für eine Öffnung der Uni für Geflüchtete eingesetzt habe.

Die bei der Urabstimmung zur Entscheidung gestellte Sportförderung sei ebenso wie die  Gehaltserhöhung für AStA-Mitarbieter_innen unterstützenswert. Als weitere Ziele benennt der SDS die Abschaffung der Anwesenheitspflicht sowie eine Förderung der Studierendenwohnheime. Das selbstgewählte Motto: „Jede Uni braucht eine_n Robin Hood“, der für eine bunte und soziale Universität kämpfe.

RCDS

Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten sagt, er habe sich in der letzten Legislaturperiode nicht nur im StuPa für die Studierenden eingesetzt, sondern auch durch die Veranstaltung von Diskussionsrunden außerhalb des Parlaments. Die Projekte für das kommende Jahr, wie der Ausbau der digitalen Hochschule, die Integration von Flüchtlingen und die Verbesserung der Wohnraumsituation, laufen unter dem Motto „Bildungspolitik ist Zukunftspolitik“.

Auch der Sport sei eine gute Möglichkeit, Menschen in die Gesellschaft zu integrieren, die Erweiterung der Sportförderung sei daher wichtig. Einer Erhöhung des Studierendenbeitrages, damit die AStA-Mitarbeiter_innen einen höheren Lohn bekommen, stimmt der RCDS hingegen nicht zu. Der Beitrag sei bereits zu hoch und das Gehalt angemessen. Die Liste stellt sich mit dem Slogan „Deine Hochschule, deine Entscheidung“ zur Wahl.

Gemeinsam für Griebnitzsee

Gemeinsam für Griebnitzsee tritt dieses Jahr zum ersten Mal zur Wahl an. Besonders wichtig sei der Liste nach eigener Aussage, dass Gelder besser in studentische Projekte investiert werden, welche die Masse erreichten. Ein besonderer Fokus liege auf dem Campus Griebnitzsee, wo die Lernatmosphäre und das Campuslebens verbessert werden sollen. Aber auch Golm und das Neue Palais wolle man nicht außer Acht lassen.

Die Sportförderung wird von der Liste unterstützt, wenngleich sie bemängelt, dass eine Erhöhung des Studierendenschaftsbeitrag um 50 Cent kaum etwas bewirke. Gerade im Vergleich zu der geforderten Beitragserhöhung für die höheren Gehälter der AStA-Mitarbeiter_innen sei dies zu wenig. Die Liste beschreibt sich als selbstkritisches, hochmotiviertes und offenes Team, das sich nicht in Parteipolitik verlieren wolle.

Die letzte Frage: Stimmabgabe

Am Campus Griebnitzsee können alle Stimmen im Foyer des Hauses 6 abgegeben werden. Am Neuen Palais wird im Foyer des Auditorium Maximum in Haus 8 gewählt. Und am Campus Golm können Studierende im Vortragsraum des Haus 18 (IKMZ) ihrer Stimme abgeben. Weiterführende Informationen zu den einzelnen Wahlen stellt der Studentische Wahlausschuss hier zur Verfügung.

Anmerkung der Redaktion: Listen, die uns nicht fristgerecht oder gar nicht geantwortet haben, konnten in diesem Artikel nicht näher vorgestellt werden.

*Nachträglich eingefügt am 19. Juni um 11 Uhr.

Autor

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert