Der Zerbrochene Leuchtturm – Part III

Der See verdunkelt sich mehr und mehr (Foto: Maximilian Schulz)

Für die Agenten Rookie und Seth wird die Situation langsam brenzlig! Anscheinend ist die Insel nicht so verlassen, wie sie anfangs dachten. Werden sie die Gefahr überstehen? Findet es in Part III von „Der zerbrochene Leuchtturm“ heraus. Von Roland R. Maxwell (Maximilian Schulz).

(Hier geht es zu Part I und Part II der Geschichte.)

»Frau Agentin Morle… Ich habe hier etwas gefunden, auf dem Schreibtisch. Vielleicht… Nun, es könnte Sie interessieren… Deshalb, hier«, er überreichte ihr das vergilbte Papier.

»Danke. Gibt es sonst noch etwas?«

»Nein, keinerlei Anzeichen von Anomalien. Es ist ein… stinknormales Haus. Die MEKs beschweren sich bereits über Langeweile«, antwortete Rahmelo.

»Die sollen sich nicht so haben!«

Sie nahm sich das Papier und begann zu lesen. Es schien sich um einen Brief zu handeln, der nie abgeschickt wurde.

An meine geliebte Nadia,

wie geht es Dir? Wie geht es dem Kind? Ich hoffe, es geht euch gut.

Seit unserem letzten Brief sind ja schon ein paar Wochen vergangen. Tut mir leid, dass ich dir nicht schon eher geschrieben habe, aber du weißt ja… Arbeit, Arbeit und nochmal Arbeit. Der Leuchtturm macht mich noch fertig. Erst letzte Woche hatte die Linse einen Riss bekommen und gestern hatte der Generator seine Macken. Wahrscheinlich haben diese drei komischen Typen etwas damit zu tun. Spielen ihre seltsamen Spiele hinter meinem Rücken, wollen mich zum Narren halten. Den werd‘ ich es noch zeigen! Wenn ich die erwische, wie sie an der Linse herumspielen, dann… dann werde ich die kielholen lassen, das schwöre ich dir! Gott sei mein Zeuge!

Nadia, ich werde aus ihnen nicht schlau. Sie wollen mir nicht verraten, was sie da unten im Keller anstellen. Behaupten es sei »streng geheim« und »diene nur der Wissenschaft«, dass ich nicht lache! Scharlatane! Nichts als verdammte Heiden! Ich weiß es klingt paranoid, mein Schatz, aber… ich traue diesen jungen Herren einfach nicht über den Weg. Sie strahlen so eine… finstere Aura aus. Als wären sie… Agenten des Großen Bösen.

Aber ich kann nichts gegen sie machen, ihnen gehört das Grundstück. Ich bin ja hier nur geduldet. Bin auch froh, dass sie mich nicht gefeuert haben. Obwohl es mir besser gehen würde, wenn ich nicht in ihrer Nähe wäre. Hoffentlich bin ich bald von diesem Felsen runter. Ich möchte wieder in deinen Armen liegen und deinen Duft einatmen. Ich vermisse dich. Ich vermisse unseren Sohn. Ich vermisse unser Haus und unseren Garten.

Die See ist rau und hart. Der Wind pfeift durch alle Löcher. Da müssen wohl wieder ein paar Reparaturen erledigt werden. Ich habe keine Lust auf eine Erkältung.

Hoffentlich sehen wir uns bald wieder, mein Engel.

Ich liebe dich.

Ich liebe auch Benjamin. Sag ihm das, bitte. Sag ihm, dass sein Papa ihn vermisst und ihn liebt.

Ich schicke euch tausend Küsse.

Dein Leo

Welch herzallerliebster Brief! Der raue Seemann schien einen weichen Kern zu haben. Rookie hoffte, dass er mit seiner Familie vereint war und ein glückliches Leben führte.

Doch eine Frage blieb noch offen: Wer waren die drei mysteriösen Herren?

Kultisten? Esoteriker? Oder Agenten des Mistarkonic-Institutes? Sie hoffte, dass es sich einfach nur um esoterische Spinner handelte, die zu viel mit Magie herumgespielt hatten. Alles andere würde die Lage verkomplizieren.

Rahmelo stand noch immer neben ihr. Sie wollte ihm gerade den Brief zurückgeben, als sie etwas hörte. Ihre sensiblen Ohren vernahmen etwas Seltsames. Bewegungen… unter der Erde. Es klang, als würde sich etwas unter dem Haus entlangschlängeln. Sie folgte dem Geräusch ins Wohnzimmer. Rookie gab den MEKs ein Zeichen, sofort waren sie in höchster Alarmbereitschaft. Die kratzenden Geräusche wurden lauter und dann… hörten sie einfach auf. Was zur Hölle war hier los, fragte Rookie sich.

Doch bevor sie irgendetwas aussprechen konnte, brach der Boden unter einem der MEKs auf. Holz und Erde flogen durch die Luft, wie der Soldat selbst. Ein Wurm, ein riesiger Wurm war durch den Boden gebrochen. Er hatte eine pinke Haut, auf der an einigen Stellen schwarze Adern hervortraten. Statt einer augenlosen, weichen Spitze hatte er einen gepanzerten Kopf mit gelben insektenartigen Augen, die einmal rund um den Chitinpanzer gingen. Der Kopf öffnete sich wie eine Blume und entblößte Reihen von spitzen, messerscharfen Zähnen. Das Wurmmonster schnappte sich den in der Luft befindlichen MEK mit seinem Maul und verschlang ihn ganz. Er hatte nicht einmal Zeit zum Schreien.

»Ein Verwandelter? Hier?«, rief Rookie entsetzt, »Das ist doch völlig unmöglich!«

Spulen wir die Zeit doch für einen kurzen Moment zurück und wechseln die Perspektive. Seth begab sich gerade die Wendeltreppe hinunter, hinter ihm befanden sich die beiden anderen MEKs, die Waffen einsatzbereit. Nach einiger Zeit kamen sie unten in einer Art Vorraum an. Da wo eine Tür sein sollte, war keine. Die war gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert worden, irgendetwas oder irgendjemand hatte sie aus den Angeln gesprengt. Seth sah sich die schwere Eisentür genauer an. Die hintere Seite war voller Ruß, doch er konnte das Symbol noch genau erkennen.

»Aha. Hab ich es mir doch gedacht«, sagte er.

»Was ist, Sir?«, fragte einer der MEKs neugierig.

Seth deutete auf die Tür. Das Symbol war ein Kopffüßler mit einer Fackel auf der Stirn. Das Zeichen Mistarkonics.

»Wachsam bleiben, Jungs. Erhöhte Aufmerksamkeit. Wir sind auf Feindterritorium.«

»Zu Befehl!«, antworteten die beiden.

Seth stand vor dem schwarzen Loch, das zum nächsten Raum führte und zündete sich erst mal eine weitere Zigarette an. Das Glimmen konnte nicht viel gegen die Dunkelheit ausrichten.

»Licht an, Jungs«, befahl er.

Die MEKs schalteten ihre kraftvollen Taschenlampen ein und sofort erhellte sich der Raum. So wie es aussah, handelte es sich wohl um ein geheimes Laboratorium. Unzählige Reagenzgläser und Chemikalien, Berge von verbrannten Notizen und Notizbüchern. Werkzeuge und Gerätschaften, deren Zweck niemand außer den Erschaffern kannte. Und in der Mitte des Raumes befand sich das Herz… ein Portal. Zumindest was davon übriggeblieben war.

Es war zerstört worden, seine Teile schwebten in einem abgegrenzten Bereich in der Luft. Die Glaskugeln waren zersplittert, doch die Splitter flogen durch die Gegend. Seth bemerkte, dass auch einige andere Sachen herumschwebten. Bleistifte, Reagenzgläser, Kaffeetassen. Nicht viel, aber genug, dass es auffiel. Das Portal hatte scheinbar die Schwerkraft ausgeschaltet.

»Da haben wir wohl den Übeltäter«, raunte Seth.

Doch warum war das Portal zerstört? Wer oder was war dafür verantwortlich? Diesen Fragen musste nun auf dem Grund gegangen werden.

»Meine Herren? Sichert den Raum!«, befahl er.

Die MEKs gingen hinein, schauten nach allen möglichen Gefahren. Einer blieb vor einer Wand stehen.

»Sir? Schauen Sie sich das mal an!«

Seth ging zu ihm hin. In der Wand war ein riesiges Loch, mindestens zwei Meter im Durchmesser. Etwas hatte sich durchgebohrt. Kam es von außerhalb oder kam es von innen? Wollte es rein oder wollte es fliehen?

»Hmm. Seltsam. Das wird ja immer komischer. Und ich hatte gehofft, der Job sei schnell vorbei«, beschwerte sich Seth.

»Soll ich mal nachgucken, Sir?«, fragte der MEK.

»Tu, was du nicht lassen kannst.«

Der Soldat ging hinein, nach einiger Zeit war das Licht seiner Lampe nicht mehr zu sehen. Stille, die Sekunden verstrichen langsam.

»Tiefer als ich dachte«, grummelte Seth und zog an seiner Zigarette.

Weitere Sekunden vergingen, dann…

»Oh, scheiße!«, echote es schwach, gefolgt von einigen Schussgeräuschen, einem nassen Reißen und einem kurzen Aufschrei, bevor sämtliche Geräusche abrupt verstummten. Seth erschrak, seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Da war etwas am anderen Ende des Tunnels und es war nicht freundlich.

»Riecht nach Hurensöhne«, fluchte er.

Er schaute zum anderen MEK und befahl: »Mach dich bereit, da kommt was!«

Seth hörte, wie irgendetwas den Steinboden kratzte. Etwas Massives.

Der alte Mann ging ein paar Schritte vom Tunnel zurück, er machte sich auf alles gefasst. Aus dem Schatten des Lochs trat eine Bestie, sie hatte Ähnlichkeiten mit einem Maulwurf. Nur war das Monster hier weitaus größer, es füllte fast das gesamte Loch aus. Es hatte braunes, struppiges Fell. Seine Beine waren kurz, die Arme lang und kräftig, die Hände endeten in großen, schwarzen Krallen. Der Kopf verlief spitz, die Augen waren gelb leuchtende Facettenaugen. An einigen Stellen des Körpers traten dicke, dunkle Adern hervor. War es vorher ein Humanoid oder ein Tier gewesen?

»Verfickte Scheiße! Ein Voidviech!«, knurrte Seth.

Der MEK hob sein Maschinengewehr und eröffnete sofort das Feuer. Die Kugeln drangen tief in das Fleisch der Bestie hinein und sie brüllte auf. Das Gewehr feuerte eine spezielle Art von Munition ab, perfekt für Situationen wie diese. Die Schüsse schmerzten, sie brannten sich quasi in die Kreatur hinein. Seth sammelte Kraft, sprang auf, und verpasste dem verwirrten Monster einen rechten Haken mitten ins Gesicht. Zähne und Schädelknochen brachen. Er schlug noch einmal zu und zerquetschte ein Auge. Das Monster taumelte und hielt sich die Klauen vor das Gesicht. Seth sprang in Deckung und der MEK feuerte ein weiteres Magazin in das Ding. Ohrenbetäubender Krach in diesem kleinen Raum. Es schwankte ein paar Schritte zurück und brach letztlich zusammen. Erledigt.

Seth schwitzte, er wischte sich die nassen Haare von der Stirn.

»Gute Arbeit«, keuchte er. Der Angriff hatte ihn mehr zu schaffen gemacht, als er bereit war zuzugeben. Er war schließlich auch nicht mehr der jüngste.

»Vielen Dank, Sir«, der MEK lud seine Waffe neu nach.

Schauen wir uns doch mal an, was Rookie in der Zwischenzeit macht.

Der Wurm kreischte und kroch aus seinem Loch. Er verhielt sich eher wie eine riesige Schlange, als ein Regenwurm. Rahmelo kauerte im Schlafzimmer. Er zitterte vor Angst, die Hände hielt er vor seine Augen. Das Monster peitschte mit seinem Schwanz und zertrümmerte die Couch, den Tisch und die Stühle. Es versuchte Rookie zu erwischen, doch sie war flink. Geschickt wich sie den schleimigen Peitschenhieben aus. Der MEK zielte und schoss. Die Kugeln schlugen in das Ungeheuer ein und hinterließen blutige Löcher.

Das gefiel dem Wurm überhaupt nicht, voller Zorn raste er auf den Soldaten zu. Nun musste Rookie schnell reagieren. Sie sprang auf den Rücken der Bestie und kletterte bis zum Chitinkopf. Sie fuhr ihre Krallen aus und rammte sie in die Augen des Monsters. Es jaulte vor Schmerzen und der MEK konnte sich in Sicherheit bringen. Doch Rookie fing erst an. Sie begann die Haut des Wurms aufzuschlitzen, riss tief in die Kreatur. Grünes Blut sprudelte heraus. Das Ding kreischte.

Der MEK schoss weitere Kugeln in das Ungetüm. Organteile und Hautfetzen verteilten sich im gesamten Wohnzimmer, währenddessen bearbeitete Rookie den Wurm weiter mit ihren Krallen. Sie schlug wie eine wild gewordene Furie zu. Irgendwann brach das Vieh tot zusammen. Überall war grünes Blut. Die Katzendame fiel erschöpft gegen die Wand, sie seufzte. Der MEK setzte sich neben sie, seine Gasmaske war ebenfalls vollgespritzt.

»Das war… unerwartet«, sagte er.

»Das kannst du aber laut sagen«, Rookie war völlig außer Atem.

»Wie heißt du eigentlich?«

»Ich?«, der MEK war erstaunt. »Das hat mich ja bis jetzt noch niemand gefragt. Ich heiße Salih.«

Er hielt ihr die Hand hin, sie schlug ein.

Wie es weitergeht, erfahrt ihr in Part IV

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