Am Dienstag, dem 9. Juli 2019, fand in der Oberen Mensa am Campus Neues Palais eine hochschulöffentliche Diskussion zum Hochschulentwicklungsplan (HEP) statt. Unter dem Motto „HEP! Bühne frei – Die Uni plant ihre Zukunft“ ging es unter anderem um folgende Fragen: Wächst die Uni über sich hinaus? Oder wächst sie uns über den Kopf? Wie lässt sich der Ausbau vernünftig gestalten? Von Christina Kortz.
Dass die Universität Potsdam in den nächsten Jahren massiv ausgebaut werden soll, ist kein Geheimnis – besonders die Lehrerbildung soll eine große Erweiterung erleben. In Anbetracht dessen stellt sich bei vielen Universitätsangehörigen berechtigterweise die Frage, wie die Infrastruktur der Universität Potsdam da Schritt halten kann, denn schon jetzt sind Kapazitätsprobleme in den Mensen, Raummangel insbesondere am Campus Neues Palais und die studentische Wohnungsnot bekannte Probleme.
Auf diese Zukunftssorgen, aber auch die Chancen einer solchen Expansion und ihre praktische Umsetzung wurde während der Diskussionsveranstaltung eingegangen. Dabei war die Veranstaltung in die drei Themenkomplexe Ausbau der Universität, Digitalisierung in Forschung, Lehre und Verwaltung und internationales Forschen und Studieren gegliedert. Jedes dieser Themen wurde durch einen Impulsvortrag eingeleitet und anschließend im Rahmen einer Podiumsdiskussion besprochen.
„Den Ausbau behutsam gestalten“
An der ersten Podiumsdiskussion mit dem Titel „Den Ausbau behutsam gestalten“ nahmen Universitätspräsident Prof. Oliver Günther, Kanzler Karsten Gerlof, der Gründungsdekan der neu gegründeten Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Prof. Dr. Joachim Dudenhausen, und Dr. Jens-Peter Gaul, Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz, teil. Präsident Günther führte dabei aus, dass die Universität Potsdam in den nächsten Jahren ein Wachstum um 30% in den Bereichen Finanzierung und Personal erleben werde, während mit 15% mehr Studierenden gerechnet wird.
Um diesen Wachstumstendenzen praktisch begegnen zu können, soll sich einerseits intensiv den räumlichen Rahmenbedingungen und damit den Themen Hochschulbau- und sanierung gewidmet werden. Dazu wurden laut Günther bereits erste Maßnahmen eingeleitet, die vorsehen, dass die Universität neue Immobilien anmietet, baut, aber auch bereits Vorhandenes teilweise modular erweitert. Diesbezüglich seien auch bereits Gespräche mit dem Studentenwerk Potsdam geführt worden. Diesen Punkt ergänzte Dr. Jens-Peter Gaul, indem er darauf hinwies, dass nicht nur auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität der Räume, insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung geachtet werden solle.
Andererseits sieht Präsident Günther in der Personalgewinnung einen weiteren wichtigen Punkt zur Umsetzung der Expansion. Er betonte, dass bei einem Anstieg der Studierendenzahlen um 15% eine gute Betreuungsrelation, aber auch eine qualitative Verbesserung der Lehre der Schlüssel sei und dies vor allem durch die Digitalisierung sowie gut ausgebildetes und motiviertes Lehrpersonal erreichbar werde. Eine Wortmeldung aus dem Publikum, die erfragte, wie man das Thema der Erhöhung des Lehrdeputats auf 18 LVS (speakUP berichtete) vor dem Hintergrund dieser geforderten guten Betreuungsrelation bewerten könne, brachte seitens des Podiums keine neuen Antworten hervor.
Digitalisierung als Herausforderung für Hochschulen
Dr. Peter Kostädt, der CIO (Chief Information Officer) der Universität Potsdam, leitete das Themengebiet Digitalisierung in Forschung, Lehre und Verwaltung ein und betonte dabei, dass die Digitalisierung als Herausforderung für Hochschulen zu betrachten sei. An der Universität Potsdam machte er vier Bereiche – digitales Studium, digitale Verwaltung, E-Science und Infrastruktur – aus, die zukünftig von besonderer Bedeutung für die Umsetzung der Digitalisierung seien.
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben Dr. Peter Kostädt auch Christian Stempfl, Leiter der Zentralen Abteilung, Prof. Dr. Ulrike Lucke vom Bereich E-Learning, Niklas Hartmann, Universitätsbibliothek-Koordinator Forschungsdaten, und Prof. Dr. Peer Trilcke vom Bereich Digitale Geisteswissenschaften teil. Dabei erklärte Christian Stempfl, dass die Universitätsleitung eine Digitalisierungsstrategie verabschiedet habe, welche besonders die Nutzer_innenfreundlichkeit berücksichtige. Zudem finde gerade ein Prozess der Festlegung von zwanzig Dienstleistungen statt, die vorrangig digitalisiert werden sollen.
Niklas Hartmann sah die große Chance der Digitalisierung in der Möglichkeit der unbegrenzten Veröffentlichung von Daten und Forschungsergebnissen, merkte aber auch an, dass die Ausbildung nötiger Kompetenzen eine wichtige Voraussetzung für die praktische Umsetzung sei. Dies betonte auch Prof. Dr. Ulrike Lucke, die aus ihrer Erfahrung heraus die größten Hürden beim E-Learning als Unsicherheit beim Urheberrecht und fehlende Kompetenzen bei Dozierenden und Studierenden wahrnimmt. Sie versicherte aber auch, dass E-Learning nicht als Ersatz für Lehrveranstaltungen, sondern als eine Bereicherung dieser etabliert werden solle.
Internationalisierung und regionale Verankerung
Die Diskussionsveranstaltung zum Hochschulentwicklungsplan wurde durch das Thema der Internationalisierung abgeschlossen. Nach dem Impulsvortrag von Prof. Dr. Verena Blechinger-Talcott, Vizepräsidentin für Internationales der Freien Universität Berlin, diskutierte das Podium bestehend aus Vizepräsident Prof. Dr. Florian Schweigert, Dr. Regina Neum-Flux, Leiterin des International Office, Prof. Dr. Andreas Borowski, Direktor des Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZeLB) und dem Absolventen Shehzad Shaikh über internationales Forschen, Studieren und Arbeiten.
Abschließend lässt sich sagen, dass der Ausbau der Universität Potsdam und die Bewältigung etwaiger „Wachstumsschmerzen“ in den nächsten Jahren mit Spannung und Interesse beobachtet werden können – hoffentlich auch in aktiver Haltung von den Studierenden, die bei dieser Veranstaltung leider nur wenig vertreten waren.