Jeden Monat dasselbe – Schmerzen, Unwohlsein, Fressattacken etc. und, natürlich, der Auslöser für das alles: die Periode. Dass viele Menschen von ihr ‚betroffen‘ sind, ist selbstverständlich. Dennoch wird nur selten darüber geredet – möglicherweise aus Scham oder (Angst vor) Unwissen. Vor allem heute, in einer Zeit, die von Veränderungen geprägt ist und in der viele unterschiedliche Perspektiven betrachtet werden sollten, darf dieses Thema nicht ausbleiben. Wichtig ist hier die aktuelle Diskussion um kostenlose Menstruationsartikel. Warum es fundamental ist darüber zu reden und wie die Bereitstellung von Binden und Tampons umgesetzt werden kann, erfahrt ihr in diesem Artikel. Von Laurenzia Kiesche
Laut Internet sind Symptome der Periode: Krampfartige Kontraktionen, Schmerzen im Unterleib, Rückenschmerzen, Übelkeit (und Erbrechen), Müdigkeit, Energielosigkeit, Kopfschmerzen bzw. Migräne, Reizbarkeit – die Liste geht noch eine ganze Weile weiter. Da jede, im weiblichen Körper geborene Person unterschiedlich ist, sind auch die Menstruationen unterschiedlich. Wir können uns jedoch alle darauf einigen, dass es ein natürlicher Prozess ist, der bei Vielen ein Teil des Lebens ist. Das heißt, dass die Periode, so sehr sie auch zum Tabuthema gemacht wird, angesprochen werden und jede_r sich mit ihr auseinandersetzten sollte. Was genau während der Periode passiert und warum sie ein Muss in der menschlichen Natur ist, muss ich (hoffentlich) niemandem erklären. Warum sträuben sich jedoch so viele über die Periode zu reden, wo sie doch ein normaler, alltäglicher Prozess ist? Welche Probleme müssen diesbezüglich angesprochen werden? Welche werden schon angesprochen? Um was geht es in dem Diskurs um kostenlose Menstruationsartikel? Warum ist das so wichtig?
Geschichte der Periode
Zunächst ein kleiner Exkurs in die Geschichte der Menstruation, denn dort liegt der Ursprung ihres ‚schlechten‘ Rufs. In der Antike bestimmten Männer das Denken über die Periode – Frauen waren von solchen öffentlichen Diskursen ausgeschlossen. Man beschloss, dass „menstruierende Frauen als unrein galten und ihr Blut als Ursache für zahlreiche Krankheiten wie Syphilis, Lepra oder sogar die Pest“ (1) sei. Außerdem hielt „der Römer Plinius der Ältere das Regelblut für hochgefährlich und warnte in seiner „Naturalis Historia“, dass der Monatsfluss den Wein sauer werden lasse, die Ernte verderbe und Spiegel matt mache“ (2). Darauf lässt sich schließen, dass dieser, eigentlich sehr natürliche und normale Prozess‚ ziemlich früh eine sehr negative Konnotation erhielt. Es zeigt auch, dass dieser Gedanke schon sehr weit zurück liegt, aber in gewisser Form heute noch vorhanden ist.
Gleichzeitig gibt es viele Mythen rund um die Periode. Beispielsweise durften „menstruierende Frauen kein Blut spenden, weil man annahm, dass ihr Blut zu dieser Zeit den Abbau der roten Blutkörperchen fördern würde, also hämolytisch wirken könnte“ (3). Alle davon aufzuzählen, würde jedoch wahrscheinlich das Format einer ganzen Hausarbeit verlangen. Generell kann man sagen, dass es zahlreiche Fehlinformation über die Periode gibt. In der Geschichte, und selbst heutzutage noch, wird die Menstruation hauptsächlich als etwas unhygienisches, ‚ekliges‘ und unangebrachtes gesehen. Es wird somit oftmals eher ein Bogen um dieses Thema gemacht.
Wie sieht es mit Menstruationsartikeln aus? Schon immer wurde Kreativität angewandt, um unkontrolliertes Periodenblut aufzufangen. „Im alten Ägypten [haben] manche Frauen Stoff über kleine Holzstückchen gewickelt und wie ein Tampon verwendet. Andere wiederum haben Binden aus Gras benutzt“ (4). Im Mittelalter, einer eher armen Zeit, die sowieso schon viel Leid mit sich trug, haben Frauen aus Not „ihre knielangen Hemden im Schritt zusammengebunden, um so das Blut aufzufangen.“ Selbstverständlich gab es noch mehr Einfälle und Methoden, wie das Menstruationsblut aufgehalten werden konnte, um zu verhindern, dass es sich womöglich überall verteilt und um, trotz Periode, am normalen Alltag teilzunehmen.
Langsam kristallisierten sich dann die Methoden heraus, die wir heutzutage kennen: die Binde, der Tampon, sowie, als eher ‚modernere‘ Methode, die Menstruationstasse. Obwohl es definitiv vergleichsweise weniger Probleme zu geben scheint, gibt es auch heute noch Angelegenheiten, die diskutiert und Aspekte, die verbessert werden können.
Tabu-Thema Periode: Warum wollen wir nicht darüber sprechen?
„Hast du mal wieder deine Tage?“ – Eine Frage, die sich wahrscheinlich jede menstruierende Person schon (mindestens) einmal anhören musste. Es ist einfach, schlechte Laune auf die Periode zu schieben (nunmal man durch den Hormonhaushalt auch reizbar oder verstimmt sein kann), sollte aber natürlich nicht verallgemeinert werden.
Denn die Periode ist nicht der Auslöser jeder negativen Stimmungslage. Sonst wird das Thema Periode eher wenig behandelt, eventuell mal im Biologie-Unterricht. Man redet möglicherweise mit seinen Freund_innen darüber, oder vielleicht hat eine_m die Mutter mal etwas geschildert, wie es ist eine Monatsblutung zu haben. Im Alltag jedoch wird die Periode ‚geheim‘ gehalten.
Fakt ist, dass das Thema Periode im 21. Jahrhundert immer noch unangenehm für viele ist – und somit auch oft im öffentlichen Diskurs ungern gesehen. „Laut einer Studie von Plan International UK aus dem Jahr 2017 schämen sich dennoch immer noch 48 Prozent der Mädchen für ihre Periode“ (5). 2017 ist zwar mittlerweile schon einige Jahre her (es kann sich also etwas verändert haben), die Studie zeigt jedoch, dass das Thema auch in aktuellen Zeiten immer noch als Tabu gesehen wird.
Noch heute ist es, vor allem jungen Mädchen, jedoch wahrscheinlich auch einigen erwachsenen Frauen, peinlich Menstruationsartikel zu kaufen. Das scheint zunächst banal, denn wir – also alle menstruierenden Menschen – teilen doch das gleiche ‚Leid‘. Die Geschichte der Periode zeigt uns, dass sie oft als ‚unrein‘ und ‚unhygienisch‘ angesehen wurde. Dass bestenfalls niemand weiß, dass man grade seine Tage hat; Einzelheiten bloß nicht zu laut abklären und nach Tampon und Binde wird auch nur diskret gefragt. Dieses Denken ist also (leider) heute noch in unserer Gesellschaft verankert, obwohl man inzwischen auch probiert, besser über die Menstruation aufzuklären. Die Entwicklung tendiert zur offenen Diskussion bei Themen rund um die Periode – beispielsweise die Beschäftigung mit und der Einsatz für Thematiken rund um die Periode auf Sozialen Medien wie Instagram, aber auch die Diskussion um Menstruation in der Politik.
Menstruationsartikel in der Politik
Gerade in einer Zeit, in der die Corona-Pandemie die mediale Aufmerksamkeit völlig einnimmt, gehen andere, dennoch zu beachtende, Themen öfters unter. Habt ihr euch jedoch schon mal darüber Gedanken gemacht, was die Politik zu Menstruationsartikeln zu sagen hat? Bis vor Kurzem gab es noch einen regulären Mehrwertsteuersatz von 19% auf Menstruationsartikel, was sie somit zu ‚Luxusprodukten‘ machte. Wie kann man jedoch etwas, das für die Hälfte der Bevölkerung zum alltäglichen Leben notwendig ist, als Luxus bezeichnen? Das dachten sich wohl auch das Online-Magazin Neon und das Start-up Einhorn, die eine Petition zur Senkung der „Tamponsteuer“ (6) ins Leben gerufen hatten.
Durch eine, von 190.000 Menschen unterschriebene, Petition konnte auf die Senkung der Mehrwertsteuer aufmerksam gemacht werden, da sich der Petitionsausschuss im Bundestag ab 50.000 Unterschriften mit der Thematik befassen musste. Diese wurde dann von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mit den Worten: „Viele Frauen haben sich dafür starkgemacht. Wir bringen das jetzt auf den Weg“ angekündigt. Somit wurde die Mehrwertsteuer Anfang 2020 auf 7% gesenkt. Ein kleiner aber signifikanter Schritt in die richtige Richtung.
Aber reicht das wirklich aus? Bisher haben menstruierende Personen nämlich immer noch einen nicht nur ‚moralischen‘, sondern auch einen finanziellen Nachteil. Denn jeden Monat müssen Tampons oder Binden erworben werden (oder es wurde vorher schon eine Menstruationstasse gekauft). Schmerzmittel, neue Unterwäsche bei „Unfällen“, Wärmflaschen und so weiter sind zusätzliche Ausgaben, die möglicherweise anfallen – und dabei muss man im Alltag natürlich trotzdem funktionieren, denn jeden Monat 1-2 Tage in der Woche einfach frei nehmen ist meistens kaum möglich.
Manche sehen jedoch die Bereitstellung von kostenlosen Menstruationsartikeln (in öffentlichen Einrichtungen wie Universitäten zum Beispiel) nicht als Nachteilsausgleich, sondern als Begünstigung der Personen, die von der Periode betroffen sind. In einem Instagram-Post des Accounts kerstin_kassner, der auf den Post der Frankfurter Allgemeine hinweist (mit dem Titel „Gibt es echt Männer, die sich über frei zugängliche Tampons aufregen?“) geht es um ablehnende Reaktionen von Männern, zu ‚frei zugänglichen Tampons‘. Gezeigt werden Kommentare wie, „Ja, gratis Tampons für Frauen und Freibier für Männer.“ Und „Da Frauen immer auf Gleichberechtigung bestehen, sollen sie gefälligst selber dafür aufkommen, wir Männer müssen auch alles selber zahlen.“ Das zeigt, dass die Meinungen durchaus auseinandergehen.
In Schottland beispielsweise ist der Idealfall bereits eingetreten: Am 24.11.2020 wurde beschlossen, dass kostenlose Tampons und Binden in öffentlichen Einrichtungen bereitgestellt werden müssen. „Als Grundregel gilt […], dass Tampons und Binden „verhältnismäßig leicht“ und auf „würdevolle“ Weise „allen, die sie brauchen“, zugänglich gemacht werden müssen“ (8).
Antrag kostenlose Menstruationsartikel
Der Input für diesen Artikel war der Antrag von Viviane Triems, Alina Haak, Richard Wendt, Luzie Freitag, Gero Gewald, Ehizode Irefo, Noah Leichner, Sönke Beier, in dem es um die Bereitstellung von kostenlosen Menstruationsartikeln in ausgewählten Toiletten der Universität Potsdam geht. Dieser Antrag richtete sich an den Senat der Uni Potsdam; um Unterstützung hierfür wurde beim StuPa gebeten. Der Antrag betrifft nicht nur den Willen danach, sondern beschäftigt sich auch mit der Umsetzung und den Gründen, weshalb solch ein Vorgehen sinnvoll wäre.
Was wurde alles erwähnt? Zunächst wurde klar gestellt, dass es bei der Ausgabe von kostenlosen Menstruationsartikeln nicht darum geht, jemanden zu bevorzugen, sondern dass Menschen mit einer Periode nicht die Wahl haben, diese zu bekommen und somit schon benachteiligt sind. Deshalb wird gelegentlich ein „bestehender Nachteil ausgeglichen“.
Die Antragsteller gehen sowohl auf das positive, bereits erfolgreiche Beispiel Schottland ein und erwähnen außerdem die Hochschule Merseburg, bei der „36 Toiletten mit Menstruationsartikeln ausgestattet“ wurden. Es wird dafür plädiert, dass die Universität Potsdam vielleicht nicht die erste Bildungseinrichtung sein würde, die kostenlose Menstruationsartikel auf Toiletten ermöglicht, jedoch – nach einer Durchsetzung – die erste Universität Berlin-Brandenburgs wäre, was schon einmal ein gutes, emanzipatorisches Vorbild für andere Universitäten darstellen würde.
Wieso ist es sinnvoll, kostenlose Hygieneartikel auf Toiletten bereitzustellen? Menstruierende Personen geben, wenn man die Häufigkeit, sowie die Dauer der Periode betrachtet, viel Geld für Tampons, Binden etc. aus. Der Antrag rechnet dies aus – im Durchschnitt benötigt man ca. 20 Tampons pro Periode (wobei 64 Tampons um die fünf Euro kosten). Rechnet man dies auf durchschnittlich 38 Jahre von der ersten Periode bis zur Menopause (vom 13. bis zum 54. Lebensjahr) erhält man 456 Perioden und 9120 Tampons verteilt auf 143 Packungen – das macht umgerechnet „677 Euro im Leben einer Person mit Uterus.“ Bei den Zahlen wurden generelle Durchschnitte verwendet, denn selbstverständlich verläuft die Periode und zum Beispiel die Stärke der Blutung bei jeder Person anders. Somit handelt es sich natürlich ‚nur‘ um eine mögliche Voraussage. Es zeigt jedoch, dass Menstruationsartikel eine signifikante Ausgabenquelle sind und, dass man dementsprechend diese Hygieneartikel mit in die Rechnung einbeziehen muss, wofür manche möglicherweise nicht die finanziellen Kapazitäten haben. Im Antrag heißt es, dass „Personen mit einem Uterus aufgrund einer angelegten Körperfunktion und der folglichen Besorgung von Periodenprodukten einen „geldwerten Nachteil“ haben.
Es wird gesagt, dass Menstruationsartikel „wie Toilettenpapier“ behandelt werden sollten, welches selbstverständlich bereits in allen öffentlichen Toiletten bereitgestellt wird. Denn man kann sich genauso wenig aussuchen, eine Monatsblutung zu haben, wie man sich aussuchen kann, auf der Toilette sein Geschäft zu erledigen (mit dem Unterschied, dass man Toilettengänge herauszögern kann). Dass das alles erstmal sehr gut klingt ist kaum zu bezweifeln. Wie sieht es jedoch mit der entsprechenden Finanzierung aus?
Finanzierung und Umsetzung
Laut Antrag sollen Menstruationsartikel in ausgewählten Toiletten der drei Campi (also Griebnitzsee, Neues Palais und Golm) ausgestattet werden (auf Frauen- sowie All-Gender-Toiletten). Diese sollen in ‚Spendern‘, also bestimmten Behältern liegen, um sie, anders als in kostenpflichtigen Automaten, für alle menstruierenden Personen zugänglich zu machen. Nach Berechnung müssten mit 4.725 Euro im ersten Jahr, ‚der Testphase‘ gerechnet werden. Diese Kosten sollten teilweise von der Universität getragen werden, wobei die Studierendenschaft ebenfalls einen Anteil übernehmen könnte bzw. sollte.
Im Antrag wird ebenfalls auf weitere Aspekte eingegangen, zum Beispiel wer die Befüllung der Spender übernimmt. Zudem werden alle Berechnungen, also mögliche Kosten die uns erwarten würden, offengelegt und erklärt. Möglicherweise bezieht der Antrag nicht alles mit ein, worüber nachgedacht werden muss und was es braucht, um eine tatsächliche Durchführung dieses Projektes zu vollziehen. Jedoch umfasst er bereits viele Aspekte und bieten somit eine Darstellungsweise, die das Projekt langsam durchaus ins Rollen bringen könnte. Man sieht also, es ist, mit ein wenig Motivation und Wille, machbar, und resultiert nicht im Nachteil anderer.
Quellen Zitate:
(1) & (4) https://lesezeichen.rocks/die-geschichte-der-menstruation/
(2) & (5) https://www.tagesspiegel.de/kultur/tabuthema-menstruation-die-rote-revolution/24391548.html
(3) https://www.onmeda.de/frauengesundheit/menstruation-geschichte-der-menstruation-4508-4.html
(6) https://www.sueddeutsche.de/politik/menstruation-mehrwertsteuer-tampon-tax-petition-1.4467541
Oha, da hat sich in der Tat ein Fehler eingeschlichen. Danke für den Hinweis!
Die Redaktion.
Hi ich glaube es wurde sich bei dem Namen der Hochschule verschrieben, die schon kostenlose Menstruationartikel bereitstellt. Statt Marburg sollte da Merseburg stehen 🙂
Aber danke für den Artikel!