Wart ihr auch schon einmal überrascht, nachdem ihr – sagen wir Lebensmittel fürs Wochenende – gekauft habt, wie teuer der Einkauf geworden ist? Macht ihr euch Sorgen, eure Rechnungen nicht mehr zahlen zu können? Vor allem im Vergleich zum letzten Jahr? Das haben wir der Inflation zu verdanken. Hier erfahrt ihr alles wichtige über die aktuelle Lage, wie es dazu gekommen ist und wie wir armen Studis damit umgehen können. Von Lana Brauner und Pierre Harder.
Was ist eine Inflation?
Von Inflation spricht man, wenn nicht nur die Preise einzelner Produkte steigen, sondern die Preise von Waren, Dienstleistungen und Löhnen über einen bestimmten Zeitraum bemerkbar ansteigen. Als Disinflation bezeichnet man den Zustand, wenn die Ansteigung der Preise sich verlangsamt. Von einer Deflation spricht man, wenn das Preisniveau insgesamt sinkt. In einer Inflation wird also alles teurer – aber erleben wir das gerade?
Zurzeit werden viele Begriffe vermengt, um die Preissteigerungen zu erklären, was dann zu Missverständnissen führt. Eine klassische Inflation enthält, wie wir es zurzeit in den Vereinigten Staaten beobachten können, neben der Steigerung der Kosten für alltägliche Produkte auch einen deutlichen Anstieg der Löhne. Das hat etwas damit zu tun, dass in den weitgehend energieautarken USA nicht die Energiepreise ansteigen, wie hier in Europa, sondern die Millionen während der Pandemie entlassenen Arbeiter:innen wieder auf einen wachsenden Arbeitsmarkt drängen – und höhere Löhne einfordern können, auch ohne gewerkschaftlich organisiert zu sein.
Gerade das gibt es in Europa nicht. Während der Corona-Pandemie wurde der Großteil der zwangspausierenden Arbeiter:innen durch das Kurzarbeitergeld im Lohngefüge gehalten. Nicht zu vergessen ist, dass es Menschen gab, die wegen der Pandemie ihre Ersparnisse opfern mussten, um ihre Rechnungen und Lebenshaltungskosten zu bezahlen, da manche entlassen oder auf Kurzarbeit gestellt worden sind, weswegen uns diese Situation umso mehr trifft. Die Löhne in Europa sind so seit 2020 nicht mehr angestiegen. Die Preissteigerungen hier sind nicht Teil einer klassischen Inflation, sondern hauptsächlich auf die in der Corona-Pandemie entstandene Lieferkettenprobleme und vor allem auf die gestiegenen Energiepreise durch den russischen Angriffskrieg zurückzuführen.
Die Inflationsrate wird ermittelt, indem das statische Bundesamt mit dem VPI (Verbraucherpreisindex) monatlich die durchschnittlichen Preise von Waren und Dienstleistungen misst. Die Inflationsrate ist also der VPI zum Vorjahresvergleich.
Aktuelle Daten und Lage
Im Mai diesen Jahres soll die jährliche Inflationsrate in Deutschland mit 7,9% den höchsten Stand seit fast 50 Jahren erreicht haben. Im Juni stiegen Verbraucherpreise um 7,6% (im Vorjahresvergleich). Das heißt, dass die Inflation ein wenig schwächer ist, als im Vormonat. Das bedeutet aber nicht, dass das für alles gilt. Die Preise für Lebensmittel (Teuerungsrate liegt bei 13%), besonders bei Fleisch, Speisefetten, Milchprodukten und Getreideprodukten sind gestiegen. Die Bundesbank erwartet eine Teuerungsrate von 7,1% erschlossen mit HVPI (harmonisierten Verbraucherpreisindex) für das Gesamte Jahr. Nach deren Einschätzung soll die Inflationsrate aber zukünftig langsam sinken. Aktuell liegt die Inflationsrate (September 2022) in Deutschland bei 10%.
Die Übeltäter: Wie es zu einer so hohen Rate kommen konnte
Hauptursachen für die hohe Inflation sind nach wie vor Preiserhöhungen bei den Energieprodukten, sowie Engpässe bei den globalen Lieferketten durch Covid und dem Ukraine- Konflikt, am stärksten bei Treibstoff und Lebensmitteln. Vor allem soll laut dem Eurostaat der Ukraine-Konflikt Teilhaber an der Inflation sein. Die Preise für unverarbeitete Lebensmittel nahmen um 9,1% zu, Dienstleistungen verteuerten sich auch, denn Waren und Dienstleistungen hätten im Mai durchschnittlich 8,1% mehr gekostet als vor einem Jahr. Auf der anderen Seite gibt es wegen dieses Krieges große Unsicherheiten, was die Zukunft betrifft. Dazu hat die Bundesbank ein alternatives Risikoszenario erfasst, welches einen Abbruch der Energielieferungen aus Russland beinhaltet. Wird dieses in die Tat umgesetzt, würde die wirtschaftliche Aktivität 2023 massiv absteigen.
Wie gehen wir am besten mit der Inflation um?
Natürlich wird das Thema auch heiß an der Börse und in der Politik diskutiert, aber am wichtigsten ist jedoch, welche Maßnahmen ergriffen werden, um dem entgegenzuwirken. Staatliche Maßnahmen waren zunächst der Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket, welche die Gesamtteuerung senken sollten, bzw. auch getan haben.
Jetzt steht das Entlastungspaket III an, das auch Studierende berücksichtigt – endlich, denn in den ersten Entlastungsrunden wurden nur BAföG-Empfänger:innen mit Zuschüssen bedacht. Das ist ein sehr exklusiver Kreis von Glücklichen, denn nur 12% aller Studierenden erhalten BAföG. Jetzt sollen alle Studierenden 200€ erhalten. Die Auszahlung dieser Summe soll von den Ländern organisiert werden. Ob, wie und wann dieses Geld ausgezahlt wird, steht noch in den Sternen. Schon während der Corona-Pandemie wäre es praktisch gewesen, allen Studierenden einen bestimmten Betrag überweisen zu können. Auch bei der Rückzahlung der Semestertickets wäre das hilfreich gewesen (Ja, uns allen stehen noch ~70 € zu, die wir durch das 9-Euro-Ticket bekommen müssten). Von der Politik wurde es verschlafen, diesen Mechanismus bereitzuhalten. Jetzt müssen Studierende auf läppische 200€ warten. Für was diese eigentlich reichen sollen? Vielleicht sollte das zuständige Ministerium für Forschung und Kultur den Betrag gleich an das Wirtschaftsministerium überweisen, um die Gasumlage von Klimaminister Habeck zu finanzieren.
Was ist jetzt mit den Löhnen?
Die angekündigte Mindestlohn-Erhöhung auf 12 Euro wirkt im Angesicht der Teuerungsrate fast schon wieder obsolet. Kritiker:innen werden sagen, dass eine Anhebung des Mindestlohns und anderer Löhne dazu führen würde, dass dies die Teuerungsrate um eben diese Erhöhung anfeuern würde.
Fakt ist, dass die Produktion der meisten Güter, von Brötchen bis Xylophon, eine relevante Menge an Energie verbraucht – diese wird gerade knapp und teuer, sodass eine Absenkung des Konsumlevels dieses Problem mildern würde. Steigende Löhne würden bedeuten, dass Empfänger:innen der Lohnerhöhung sich Güter und Dienstleistungen kaufen würden, die sonst nicht hergestellt und konsumiert werden müssten.
Dieses Szenario hat auch die Zentralbank EZB im Kopf, wenn sie durch steigende Zinsen krampfhaft versucht, die Wirtschaft der Eurozone abzuwürgen. Mit anderen Worten: die Zinsen steigen und die Löhne sollen nicht erhöht werden, weil Arme und normalverdienende Menschen die Krise ausbaden sollen. Wie so oft ist es eine Frage der Verteilung. In diesem Fall wird die Verteilungsfrage sogar sichtbar am Beispiel, wer noch Strom und Gas konsumieren darf. Die Maßnahmen der Bundesregierung könnten viel großzügiger ausfallen, ohne die Energiesicherheit des Landes zu gefährden, wenn der Konsum der Wohlhabenden direkt kontrolliert werden würde. Diese Wirkung könnte der im Entlastungspaket angekündigte Strompreisdeckel haben.
Steigende Löhne oder höhere Entlastungspakete sind nötige Maßnahmen, die jedoch durch knappe Energie an ihre Grenzen stoßen werden. Wo diese Grenzen liegen, ist jedoch eine Frage der Energieverteilung.
Studierende treffen auf höhere Preise – it’s not a Match!
Studierende gehören aktuell zu den am schwersten getroffenen Gruppen der Preissteigungen. Viele haben ihre monatlichen Budgets eh schon so gerechnet, dass keine großen Ersparnisse übrigbleiben. Nun steigen weder die BAföG-Raten noch die Löhne groß an, sodass Studierende ohne elterliche Hilfe schlechte Karten haben. Ihnen bleibt zur Zeit fast nur übrig, mehr zu Arbeiten oder den eigenen Lebensstandard (noch weiter) abzusenken. Nicht einmal die Preise in der Mensa bleiben gleich: Das günstige Gericht an der Uni Potsdam hat sich im Laufe eines Jahres schon um mehr als 30 % verteuert. Es sieht also düster aus – und fühlt sich kalt an.
Da die echten Lösungen für diese Probleme oft nicht mehr in eurer Hand liegen, haben wir euch zum Ende noch ein paar Tipps für den Alltag gesammelt, denn auch wenn es knapp wird, gibt es mehrere Internetseiten oder Sonstiges, wo man günstig Lebensmittel und vieles mehr kaufen kann :
- Für Allgemeines, aber speziell auch Bücher oder Bekleidung : E-Bay Kleinanzeigen, Rebuy, Kleiderkreisel, Momox, GreenPanda (welche sich auch gegen den Klimawandel einsetzen), Ubup, Booklooker
- Für Lebensmittel : Motatos (rettet Lebensmittel), Sirplus, To Good to Go (App)