|

Der Mann namens Thomas

150 Jahre Thomas Mann

Zehn bis elf Zigaretten und bis zu zwei leichte Zigarren soll er am Tag geraucht haben. Insgesamt 43 Romane, Erzählungen und einzelne Gedichte verfasste er in seinem Leben – mindestens 25.000 Briefe kommen hinzu. In Deutschland sind 13 Schulen nach dem Mann benannt, dessen 150. Jubiläum diesen Monat gefeiert wird: Thomas Mann.

Den meisten dürfte er durch seinen Debütroman Buddenbrooks bekannt sein, mit dem er bereits im Alter von 25 Jahren Ruhm und Erfolg erlangte und zugleich sein zentrales Motiv vorlegte: die Unvereinbarkeit von Bürgertum und Künstlertum.

Wie der Protagonist dieses ersten Romans, Hanno Buddenbrook, stammt auch Thomas Mann aus einer angesehenen Lübecker Kaufmannsfamilie. Doch statt in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, wird Thomas, ebenso wie sein Bruder Heinrich, Schriftsteller.

Im Zuge des Ersten Weltkrieges zerwerfen sich beide Brüder – so sehr, dass sie acht Jahre nicht miteinander sprechen. Thomas, der im Gleichschritt mit den Nationalkonservativen den Krieg unterstützt, sieht in diesem eine Chance für sein Land. Heinrich kann all dem Elend nichts Positives abgewinnen.

Nach der deutschen Niederlage beginnt Thomas Manns politische Neuorientierung. Der Zauberberg thematisiert eine Gesellschaft vor dem Abgrund und spiegelt Manns komplexe Haltung in der Zwischenkriegszeit wider – hin- und hergerissen zwischen links und rechts; skeptisch gegenüber extremen Haltungen auf beiden Seiten.

Nicht aus Leidenschaft, sondern Vernunft, wird Mann schließlich Republikaner, lehnt die autoritären und antidemokratischen Tendenzen ab und wird politisch engagierter. Am 17. Oktober 1930 warnt er mit seiner Deutschen Ansprache: Appell an die Vernunft bereits vor den Nationalsozialisten. Als er im Berliner Beethovensaal jene Ansprache hält, unterbrechen ihn SA-Truppen mit Krawallen. Mann lässt sich nicht einschüchtern. Im Nationalsozialismus sehen Thomas und Heinrich Mann einen gemeinsamen Feind, der beide Literaten-Brüder wieder näherbringt, auch wenn ihr Verhältnis fortwährend von Konkurrenz geprägt bleibt.

Nach einer Zwischenstation in der Schweiz emigriert Thomas Mann ab 1938 mehr oder minder unfreiwillig in die USA. Dort setzt er sich intensiv für die Demokratie ein. Ab 1940 spricht er mit seiner persönlichen Radioansprache „Deutsche Hörer!“ von Los Angeles aus über den BBC mit flammenden Appellen direkt zu den Deutschen. (Seit Januar 2025 sind jene Ansprachen mit einem Vor- und Nachwort von Mely Kiyak im S.Fischer Verlag veröffentlicht).

Nach Ende des Krieges besucht er erstmals 1949 wieder sein Heimatland. Um niemanden zu bevorzugen, bereist er sowohl die BRD als auch die DDR. 1952 kehrt er schließlich endgültig nach Europa zurück und lässt sich in der Schweiz nieder, wo er 1955 im Alter von 80 Jahren verstirbt.

Das Verhältnis der Deutschen Thomas Mann gegenüber blieb nach 1945 und über dessen Tod hinaus lange Zeit gespalten, fast abgeneigt – zu sehr machte man ihm seine schonungslosen Angriffe in Deutsche Hörer! zum Vorwurf. Viele Deutsche betrachteten ihn als Verräter – leicht hätte er es gehabt, dort in den USA, von wo aus er aus der Sicherheit heraus über die Deutschen urteilen hätte können. Erst seit zehn, fünfzehn Jahren schwindet diese, vom Literaturwissenschaftler Kai Sina so genannte, „affektbestimmte Ablehnung“ zunehmend aus der Öffentlichkeit.

Wir sehen: Thomas Mann war nicht einfach nur ein Autor dicker Schinken wie Buddenbrooks, Der Zauberberg oder Doktor Faustus, sondern bezog auch politisch Stellung. Sein politisches Engagement – vor, während und auch nach den 1940er-Jahren – kann in mancherlei Hinsicht bis heute als Inspiration dienen, besonders in Zeiten politischer Umbrüche.

Wer sich mehr für Thomas Mann als politischen Aktivisten interessiert, sollte unbedingt zu Kai Sinas jüngster Publikation zum Thema greifen: Was gut ist und was böse. Thomas Mann als politischer Aktivist.

 

Autor

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert