Campusphilosophie ist eine Kolumne, die jeweils einmal im Monat erscheint. Sie soll zum Nachdenken anregen und Inspirationen entfalten. Thematisch geht es in dieser Folge um die Bibliothek. Bibliotheken sind längst weltweit zu sozialen Orten geworden. Neben dem Wissenstransfer wird die Ausrichtung nach den Nutzer_innen immer wichtiger. Gelingt es den Universitätsbibliotheken, den Wünschen der Studierenden gerecht zu werden? Von Campusphilosoph_in Robin.
Viele Studierende begeben sich in den Schutzwall der Universitätbibliothek, Mauern, die Ruhe suggerieren, Mauern, die erfüllte Arbeit garantieren sollen. Manche Kommiliton_innen nutzten die Bibliothek bereits seit Anfang des Studiums. Manche entdeckten den Ort des Arbeitens erst im Laufe des Studiums und machen sich ganz gezielt auf den Weg in den Raum des Wissens, um Bücher ausleihen zu können, die sie in heimischer Atmosphäre oder in der Cafeteria bearbeiteten.
Persönliche Entwicklung
Für mich ist die Universitätsbibliothek ein wichtiger Ort geworden. Daher sitze ich hier am Standort Golm, im IKMZ, und mache mir Gedanken. Was bedeutet es zu lernen im 21. Jahrhundert? Geht es um pure Wissensaufnahme oder um Wissensaustausch? In der Golmer Bibliothek vollziehen sich jedenfalls auf drei Etagen diverse Prozesse, die vom Lernen bis hin zur Kommunikation reichen. An diesem Ort habe ich bereits viel Zeit verbracht. Zeit, die sich in Hausarbeiten und Essays akkumulierten, Zeit, die ich manchmal verfluchte und retrospektiv neu bewerten musste. All dies gehörte zu meiner Entwicklung.
Etagenflair
Für mich war es am Anfang die zweite Etage. Eine Etage, bei der man bereits denkt: „Wie haben die das baulich hingekriegt?“ Es handelt sich um zwei Lesebereiche und zwei Flure, die den leeren Raum umrahmen. Dort, wo in der ersten Etage in der Mitte ein Lesesaal ist, befindet sich hier ein Vakuum. Von der zweiten Etage, die mit Computern und Tischleuchten ausgerüstet ist, zog es mich in die erste und dritte Etage, der Abwechslung wegen.
Etage eins besticht durch zwei Couches, die im Bereich der Schließfächer sind, welche eine Art Wall gegenüber dem Lesesaal bilden. Ein Wall des Schutzes vor der Tätigkeit. Ein Wall, der die Lethargie von der Muße trennt. In der dritten Etage hat man einen wunderbaren Ausblick auf Golm, insbesondere auf der orangefarbenen Seite. Man sieht den Bahnhof und den Potsdam Science Park und kann dabei seine Gedanken schweifen lassen. Gruppenräume und ein Eltern-Kind-Raum sind Angebote, die Lernen mit Familie oder generell in der Gemeinschaft ermöglichen. Auf der Terrasse kann man mit Kommiliton_innen eine Pause machen oder telefonieren. Die Herangehensweise an Zeit, die man vor Ort verbringt, ist sehr divers.
Die fleißigen Bienen und die Gemütlichkeit
Aus meiner Perspektive gibt es zwischen den Studierenden Unterschiede. Es gibt die fleißigen Studierenden, die von morgens bis abends Literatur und Wissenschaft konsumieren und die anderen, die Gemütlichkeit mit offenen Armen empfangen und sich auf die Couches im rot bis orangefarbenen Bereich legen, der Entschleunigung und Entspannung wegen. Hybride gibt es auch. Leider sind sie aus meiner Sicht selten anzutreffen.
Manche gehen vor Erschöpfung und Überwältigung durch die Masse an Stoff, den sie zu lernen haben, auf die Couch und versuchen klarzukommen. Manche machen Pause um Pause und kommen gar nicht zum Arbeiten. Andere wiederum schließen sich förmlich im gemieteten Carrel ein, um der Konzentration den nötigen Raum zu geben, eine Art zu arbeiten, die der_die eine oder andere nicht verstehen, nicht nachvollziehen kann.
Ein Ort des Gemeinsamen
Für viele ist es ein inoffizieller Ort der Begegnung, ein Ort des Gemeinsamen, ein Ort, an dem man dem Unmöglichen trotzt, sein Studium dem Ende entgegenzubringen bzw. voranzutreiben. Zeit ist dabei ein wichtiger Faktor, Zeit zum Studieren, die der_die eine mehr, der_die andere weniger hat.
Die Bibliothek kann ebenfalls zu Begegnungen führen, die Fremde zu Freund_innen machen oder Unbekanntheit in Liebe verwandeln. Man bandelt über die Zeit im Meer des Wissens und schafft Oasen der Nähe. Die Frequenz, die Regelmäßigkeit verbindet Menschen.
Die Bibliothek schafft es Grenzen verschwimmen zu lassen, Grenzen des Unbekannten, Grenzen des Unvorstellbaren, Grenzen des Unschaffbaren.
Golm ist hierbei ein Beispiel der universitären Versorgung im Kontext der Bibliothek.
In jedem Fall gebührt ihr der Dank.
Danke Bibliothek.
Danke IKMZ.