Hauptberuflich Clown, ausgezeichnet als Journalist

Jan Böhmermann im Gespräch mit Prof. Dr. Schladebach

 

Quelle: eigene Zeichnung.

Bereits am Vortag war zu erkennen, mit welchem Interesse man dem Juristischen Salon mit Jan Böhmermann am 29. Oktober entgegensehen würde: Die Pflastersteine am Campus Griebnitzsee zierten Schlagzeilen wie “Böhmermann, der Kritikfeind“. Tags darauf schlängelte sich schon frühzeitig eine Menschenmenge vor dem Hörsaal fünf, in dem die Veranstaltung unter der Leitung von Prof. Dr. Marcus Schladebach stattfand. Als die Sitze nicht mehr ausreichten, reihten sich die Studierenden auf den Treppen und draußen vor der Glastür. Angekündigt waren Themen wie Satire im TV und Investigativjournalismus. Von Neelé Holfort und Victoria Lisek.

Als Liebhaber des „Grundi“, dem Grundgesetz, ist Böhmermann selbst seinen Aussagen nach ein Fan des deutschen Rechtsstaates. Erfahrungen damit hat er in seiner Arbeit schon einige gesammelt, nicht zuletzt wegen seines Schmähgedichts über Recep Tayyip Erdoğan. Für Jurist:innen sei ein Beitrag riskant, wenn eine 90% Gefahr bestünde, verklagt zu werden; für sein Team liege die Grenze jedoch bei 51%. Dass er sich stets den potenziellen gesetzmäßigen Konsequenzen seiner journalistischen und satirischen Arbeit bewusst ist, wird im Gespräch deutlich. So sprach er etwa den kalkulierten Rechtsbruch an, den die Verlage vieler Freizeitmagazine in ihre gigantischen Gewinne einpreisen, die sie durch reißerische (Falsch-)Schlagzeilen erzielen würden. Auch kritisierte er, wie in manchen Talk-Show-Formaten die “false Balance” das Meinungsbild der Gesellschaft verzerre, wenn Vertreter:innen von Minderheitenmeinungen verhältnismäßig überrepräsentiert eingeladen würden. Auf der anderen Seite hebt er das korrekte Verhalten seines Teams hervor, wenn er beispielsweise andeutet, dass manche andere journalistischen oder juristischen Beweise fruit of a poisonous tree wären; sie also zwar Fehlverhalten beweisen würden, jedoch auf illegale Weise erlangt worden seien.

Juristische Fragen standen insgesamt jedoch weniger im Fokus. Dafür bekamen die Zuschauer:innen umso mehr einen Einblick hinter die Kulissen der Late-Night-Satire-Show „ZDF Magazin Royal”. Hauptsächlich ist Böhmermann seit zwei Jahren in dieser Sendung des öffentlichen Rundfunks ZDF zu sehen. Die Unterhaltungsshow wird jeden Freitag um 23.00 Uhr nach der Heute-Show ausgestrahlt und ist seit Kurzem im Hauptprogramm. Böhmermann ist ein freier Journalist und beschreibt seine Tätigkeit als “Aufklärung betreiben” mit “keinem Interessen an übermäßigem Schwachsinn”, wobei er sich in der Veranstaltung am Campus Griebnitzsee auch schmunzelnd als „Komiker“ bezeichnet. Er sei nicht beim ZDF angestellt, dies sei nur sein Auftraggeber. Tätig ist er in seiner Produktionsfirma „Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld UE GmbH“, die als Subunternehmen des ZDFs fungiert. Jeder Show gehe eine lange Recherche voraus, die sich über Monate oder auch Jahre hinziehen könne und auch im Ausland stattfindet, beispielsweise für die Show über Sebastian Kurz, der 2017 sowie 2021 österreichischer Bundeskanzler war. “Fernsehen sei immer Gruppenarbeit”, stellt Böhmermann fest.

Beim ZDF Magazin Royal ist er Teil eines Teams, das vorwiegend aus Unterhaltungs- und Investigativjournalist:innen besteht. Dies weist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit auf, da man viel diskutiere, zum einen über die medienrechtliche Situation bei jedem Thema, das heißt, es wird juristisch kritisch betrachtet, zum anderen aber auch über die Mediendebatten. Er betont allerdings, dass er zum Schluss immer sein Gesicht hinhalten werde, da er damit in der Öffentlichkeit auftritt und er wisse, wann man Dinge sagen könne und wann nicht, denn die Arbeit sei journalistisch. Er schütze immer die Quellen und außerdem würden sie sensible Themen, wie beispielsweise die Behandlung von Menschen mit Behinderungen in Werkstätten, nicht bearbeiten, denn man muss auch die Verantwortung dafür übernehmen. Dementsprechend hat er das letzte Wort bei der Abwägung von Themen, wobei er selbst feststellt, man müsse den Job als Satiriker eben aushalten. Doch manche Themen seien letztendlich eher etwas für seriöse Sendungen, denn das Magazin Royal bleibe eine Unterhaltungsshow, so Böhmermann.

Bezüglich dieses Themas kündigte Schladebach Böhmermann zu Beginn der Veranstaltung am Campus Griebnitzsee so an: “Er kritisiert, polarisiert und deckt Dinge auf, die aufgedeckt werden müssen.” Im Laufe der Veranstaltung sagte Böhmermann über sich selbst: „Ich bin Vorgesetzter, Sprachrohr und Maskottchen der Gruppe.” Zum Schluss setzte er Schladebachs Einleitung entgegen: „Hauptberuflich bin ich Clown, von anderen werde ich als Investigativjournalist wahrgenommen. Doof wäre, wenn es anders herum wäre“.

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