Student = (in)solvent?

Für viele Studierende bleibt die Frage nach der Studienfinanzierung eine Herkulesaufgabe. Dies soll sich nun mit dem neuen BAföG ändern. Doch schrumpft antiproportional zur BAföG-Erhöhung auch das sprichwörtliche Loch im Studentenportemonnaie oder bleibt für Studierende Bares weiterhin ein rares Gut? Von Michau Adam Skowronski.

Wie die speakUP kürzlich berichtete, wird ab dem Wintersemester 2016/2017 die Ausbildungsförderung angehoben und zudem ab dem 1. Januar 2015 vollständig durch den Bund finanziert. Ziel sei es, wie auch in dem 25. BAföG-Änderungsgesetz nachzulesen ist, das BAföG „bedarfsgerecht an aktuelle Entwicklungen in der Lebenswirklichkeit“ anzupassen. Doch kann mit der Gesetzesnovelle tatsächlich Abhilfe für etwaige Finanzierungslücken im Studium geleistet werden und wie ist es überhaupt um die derzeitige finanzielle Lage der Studierenden in Deutschland bestellt?

Auf letztere der beiden Fragen ließe sich dabei zunächst vereinfachend antworten, dass  Studierende mit BAföG, Kindergeld, Minijob oder elterlichen Geldspritzen finanziell ausreichend gut aufgestellt sind und ihnen folglich ein breit gefächertes Finanzierungsangebot zur Verfügung steht. Doch sprechen auch die Zahlen dieselbe Sprache?

Statistisch belegt und doch widerlegt?

Führt man zunächst die Zahlen der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks ins Feld, so ergab sich für Studierende im Sommersemester 2012 monatlich durchschnittlich ein Gesamteinkommen von 864 Euro, was einem Plus von 52 Euro gegenüber dem Ergebnis der vorhergehenden Sozialerhebung entspricht. Dass diese Zahlen jedoch keinen Anspruch auf uneingeschränkte Gültigkeit erheben können, lässt sich etwa mit der Online-Umfrage 4. Campus Barometer der Deutschen Bildung aus dem Jahr 2011 belegen, aus der hervorgeht, dass den befragten Studierenden im Schnitt lediglich 540 Euro zur Verfügung standen. Rückt man dann noch etwa die Zahlen der Vorjahre in den Fokus der Betrachtung, ergibt sich aus der Online-Umfrage im Gegensatz zur 2012er Sozialerhebung ein Abwärtstrend.

Andere Zahlen wiederum liefert der Vergleichsreport Eurostudent IV – eine von Wissenschaftlern des Hochschul-Informations-Systems (HIS) vorgenommene Befragung europäischer Studierender, die zutage fördert, dass deutsche Studierende im Durchschnitt über 790 Euro im Monat verfügen. Auf 807 Euro belaufen sich hingegen die durchschnittlichen monatlichen Kosten für Studierende in Potsdam, wie der Lebenshaltungskosten-Rechner von Zeit Online und Zeit Campus zeigt. Je nach Bemessensgrundlage der Einnahmehöhe kann dieser Wert also entweder als hoch oder als niedrig eingestuft werden.

Finanzvergleich

Wie stellt sich nun aber die finanzielle Lage deutscher Studierender im internationalen Vergleich dar? Wie die speakUP bereits darlegte, leide eine Vielzahl von Student_innen unabhängig vom BAföG-Zuschuss „unter ihrer schlechten finanziellen Situation“ – was besonders vor dem Hintergrund der zuvor angeführten Zahlen nicht weiter verwunderlich sein mag. Dass dieses Problem jedoch kein Spezifikum deutscher Studierender darstellt, sondern auch Studierende anderenorts betrifft, beweist der Vergleichsreport Eurostudent IV. So verfügen etwa Studierende in der Türkei monatlich über durchschnittlich 242 Euro. Schlusslicht im studentischen Einnahmeranking bildet hingegen Malta mit lediglich 100 Euro.

Demgegenüber erscheint die monatliche Einnahmehöhe Berliner Studierender mit monatlich 921 Euro (Sommersemester 2012) als relativ hoch, wie eine Regionalauswertung des Berliner Studentenwerkes zeigt. Noch deutlicher wird die Kluft zwischen Arm und Reich jedoch mit Blick auf die Zahlen für die Schweiz – dort beläuft sich die Höhe der monatlichen Einnahmen für Studierende laut Eurostudent IV auf 1483 Euro. Was wird sich nun aber konkret für deutsche Studierende ab dem Wintersemester 2016/2017 ändern?

BAföG-Erhöhung – in Worten und Zahlen

Insgesamt betrachtet wird die Anhebung des BAföG, wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung ankündigt, folgende Neuerungen mit sich bringen: „Anhebung der Bedarfssätze und des Wohnzuschlags, höhere Einkommensfreibeträge, Anhebung des Vermögensfreibetrags für eigenes Vermögen von BAföG-Beziehern, Anhebung und Vereinheitlichung des Kinderbetreuungszuschlags, Schließung ungewollter Förderungslücken bei zweistufiger Studienstruktur, Stärkung von Mobilität und Internationalität, Entbürokratisierung.“

Laut BAföG-Änderungsgesetz werden die Bedarfssätze sowie auch die Einkommensfreibeträge um jeweils 7 Prozent erhöht, was laut Bundesregierung bedeuten würde, dass für „Studierende mit eigener Wohnung (…) der BAföG-Höchstsatz auf bis zu 735 Euro monatlich steigen“ soll.

Lieber spät als nie

Strittig bleibt allerdings der Zeitpunkt der BAföG-Erhöhung. Laut Unispiegel der Spiegel-Online Ausgabe verteidigt die Bundesregierung ihren Plan, „das Bafög erst im Herbst 2016 anzuheben.“ Ferner liege dies laut Bundesministerin für Bildung und Forschung Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) auch an der Partei Bündnis 90/Die Grünen, die „mittlerweile in sieben Landesregierungen“ vertreten sei und „selbst die Schuld an der späten Erhöhung der Beihilfe für bedürftige Schüler und Studenten“ trage. Kritik am Zeitpunkt der BAföG-Anhebung äußert darüber hinaus auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam. Laut AStA komme das neue BAföG „zu spät“ und falle „schwächer aus als erwartet.“

Eine Prognose über die zu erwartende Einkommenssituation nach der BAföG-Erhöhung wäre dennoch verfrüht. Mit Sicherheit wird sich aber durch die Anhebung der Ausbildungsförderung für Studierende in Deutschland etwas ändern, obgleich Aussagen zur erwartbaren Tragweite der Änderungen zum derzeitigen Zeitpunkt rein spekulativen Charakter haben dürften.

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