Radikalisierung im Netz- Welche Gefahr lauert in der digitalen Welt?

(Foto: Elti Meshau von Pexels)

Angriffe von Extremisten erschüttern unsere Gesellschaft. Dabei spielt vor allem der rechtsextreme Terror eine immer einnehmendere Rolle. Inwieweit führt das digitale Zeitalter zu einer verstärkten Vernetzung der Täter und was hat es mit den sogenannten „einsamen Wölfen“ auf sich? Von Lea Hauprich

Nicht für alle ist das Internet Neuland

Es wird deutlich was passiert wenn Worten Taten folgen:  2019 wird in Kassel Regierungspräsident Walter Lübcke von einem Rechtsextremisten getötet. Im gleichen Jahr sterben in Halle bei einem antisemitischen Terrorattentat auf eine Synagoge zwei Menschen. Im Februar wurde der in Hanau neun getöteten Menschen gedacht, die bei dem rechtsextremen Terrorattentat ermordet worden sind. Es sind Anschläge in Deutschland, die Todesopfer forderten. Die Liste von Anschlägen mit Verletzten und Unverletzten ist deutlich höher. Die Dunkelziffer von Gewalttaten wird um ein weiteres höher geschätzt, da nicht jede Tat zur Anzeige gebracht wird. Fakt ist, rechtsextreme Taten überwiegen und nehmen zu, gefolgt von islamistischen Terror und Linksextremismus. Doch wie kommt es dazu und welche Rolle nimmt dabei das Internet ein? Wie agieren die Täter und gibt es bestimmte Tätertypen? Gibt es die sogenannten „einsamen Wölfe?“

Allgemein ist bekannt, dass sich unsere Welt und Kommunikation zunehmend ins Internet verlagert und somit auch der Austausch zwischen Radikalen. Oftmals sind bestimmte Radikalisierungsfaktoren wie z.B. prekäre Familienverhältnisse und die Einnahme einer Außenseiterrolle ein Einstieg in die Szene. Auffällig ist auch, dass die Täter meist männlich, alleinstehend und frauenfeindlich eingestellt sind. Das Internet bietet den Tätern nicht nur Plattformen für einen Austausch mit anderen „Gleichgesinnten“. Sie können ihre Wut gegenüber Menschen auch offen preisgeben, ohne dabei meist weitere Folgen befürchten zu müssen. Zudem können sie sich gegenseitig darin bestärken und somit ein Gemeinschaftsgefühl entstehen lassen. Die digitale Welt bietet also zunächst einen geschützten Rahmen, eine gewisse Anonymität und „verbindende Themen“ wie ausgeprägten Frauenhass sowie Antisemitismus und Rassismus.

Rechtsextremismus im Netz

(Foto: Pixaby)

Im Hinblick auf Rechtsextremismus definiert das BKA Rechtsextremismus im Internet wie folgt: „Das Internet dient der rechten Szene u.a. als Echokammer […] Als Tatmittel kommt dem Internet und seinen virtuellen Kontaktmöglichkeiten in sozialen Netzwerken und rechten Foren eine hohe Bedeutung für Propaganda, Radikalisierungsprozesse, Rekrutierung und Mobilisierung zu. Neben den etablierten Anbietern wie Facebook und Twitter werden vermehrt alternative Plattformen aufgesucht […] Die Kommunikation innerhalb der Szene wird mehr und mehr in geschlossene Gruppen und Chats – zum Teil mit Bezügen zur Gaming-Szene, auf weitgehend anonym nutzbare Imageboards oder auf sonstige wenig kontrollierte Plattformen, die zum Teil im Ausland gehostet werden, ausgelagert. Hier fehlt in der Regel eine breitere sanktionierende Öffentlichkeit, was eine Radikalisierung beschleunigen kann.“

Besonders auch in der Corona Pandemie zeigt sich, dass ein unüberschaubares Spektrum von Menschen Gefahr läuft, durch Verschwörungstheorien oder extreme Propaganda radikalisiert zu werden. Sogenanntes „Deplattforming“ soll dies vermeiden. Es erfolgt durch die anbietenden Plattformen, wenn zum Beispiel radikales Gedankengut verbreitet und gegen die Richtlinien der Plattformen verstoßen wird. Dieses Vorgehen funktioniert jedoch nur bedingt. Zudem besteht die Gefahr, dass diese Menschen und „ihre Gemeinschaften“ in kleinere virtuelle Räume abwandern. Dort können zwar weniger neue Leute gewonnen werden, jedoch findet gleichzeitig eine verstärkte Radikalisierung statt.

Einsame Wölfe?

Gibt es in diesen Fällen Zusammenhänge mit sogenannten „einsamen Wölfen“? Der Begriff „einsamer Wolf“ prägte der Gründer der White Aryan Resistance, Tom Metzger, um 1995 in einem ‚Manifest‘, in dem es heißt: „Ich bin der Untergrundkämpfer und unabhängig. Ich bin in Deiner Nachbarschaft, in den Schulen, Polizeiabteilungen, Bars, Coffeeshops, Einkaufszentren et cetera, und ich bin ‚Der einsame Wolf‘.“ Die Bezeichnung „der einsame Wolf“ bezieht sich also auf die Tatplanung und -umsetzung des Einzeltäters, der selbstbestimmt und unabhängig von der Gruppe handelt. Das macht sie nahezu unangreifbar für die Polizei. Denn eine stärkere Überwachung einzelner Personen ist nur unter bestimmten Umständen möglich. Würde aber eine stärkere Überwachung Einzelner die Probleme lösen? Laut des Terrorexperten Maik Fielitz seien es vor allem die Online-Gemeinschaften und ihre Eigendynamiken, die solche Taten ermöglichten. Das bedeutet, dass hinter jedem einzelnen Wolf ein ganzes Rudel lauert. Also nicht nur der „einsame Wolf“, sondern auch „das Rudel“ mit seinem Gedankengut ist eine Gefahr für unsere Demokratie. Doch wie ist es möglich dagegen vorzugehen?

(Foto: Lea Hauprich)

Was kann ich dagegen tun?

Eine Möglichkeit ist die Sensibilisierung an Schulen, Einrichtungen und Vereinen. Dort kann durch Aufklärungsarbeit verhindert oder zumindest das Risiko vermindert werden, dass Kinder und Jugendliche sich bereits früh radikalisieren, bevor sie dann ins Netz abdriften. Eine weitere Möglichkeit ist das aktive Einstehen gegen Rassismus, Antisemitismus etc. durch Demonstrationen oder Vereinsarbeit.

Kann ich als Einzelperson denn auch Rechtsextremismus im Netz vorbeugen? Ja, es ist möglich, justiziabel Beweise, also zum Beispiel Screenshots, Chatverläufe etc. an die Polizei weiterzugeben. Auch hilft es, radikale Inhalte an die Plattform zu melden. Zusammenfassend ist zu sagen, dass es am Wichtigsten ist, aufmerksam zu bleiben, besonders im eigenen Umfeld und radikalem Denken entgegen zu wirken.

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