Produkte, die Mikroplastik enthalten sollten sofort entsorgt werden, Kleidung aus Baumwolle ist besser als aus Kunstfaser und wer Bioprodukte isst lebt länger.
Ihr habt diese Behauptungen schonmal gehört und euch gefragt, ob sie wirklich der Wahrheit entsprechen, wart aber nicht neugierig genug, um selbst zu recherchieren? Hier findet ihr eine Übersicht der häufigsten Behauptungen zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit auf dem Prüfstand. Von Antonia Rösler.
Wassersparen ist gut für die Umwelt
„Mach den Wasserhahn aus, während du Zähne putzt oder deine Haare shampoonierst“ – Wasser ist ein kostbares Gut und es sollte deshalb sparsam damit umgegangen werden. Verbote der Gartenbewässerung und das Anhalten der Bevölkerung zum Wassersparen sind im Sommer nicht mehr nur im trockenen Kalifornien an der Tagesordnung. Doch wie steht es wirklich um unsere Trinkwasserreserven?
Deutsche sind im europäischen Vergleich schon ziemlich gut, was ihren durchschnittlichen Trinkwasserverbrauch angeht. Mit 120L pro Kopf und Tag klingt das aber immer noch nach einem Schlag ins Gesicht für die 3,6 Milliarden Menschen weltweit, die von Wasserknappheit betroffen sind. Dass es diesem Argument an Kausalität mangelt, sollte uns so klar sein, wie bei der immer wiederkehrenden „Iss deinen Teller auf, in Afrika hungern die Kinder“-Argumentation.
Zwei Dinge sollten bezüglich des Wasserverbrauchs unterschieden werden: 1. Tatsächlicher Wasserverbrauch und 2. Energieaufwand zur Wasserbereitstellung.
In Deutschland leiden wir nicht an Wasserknappheit. Das Bewässern einer Gartenfläche, am besten mehrmals am Tag, im Hochsommer ist nicht direkt aufgrund von fehlenden Wasservorräten ein Problem, sondern weil das Wasser so ineffizient genutzt wird. Ein Großteil verdunstet nämlich ohne Pflanzen oder Rasenfläche zu nutzen. Der Anteil, der von den Pflanzen genutzt wird oder versickert und auf langen Wegen wieder dem Grundwasser zugeführt werden kann, ist verschwindend gering. Der verminderte Verbrauch im häuslichen Umfeld, durch wassersparendere Geräte und vermeintliche Achtsamkeit, zieht in Deutschland ein anderes Problem mit sich: unser Leitungssystem ist nicht auf einen so geringen Verbrauch ausgelegt.
Das Kanalsystem wurde auf Basis eines linearen Anstiegs der Verbrauchswerte aus den 70er Jahren berechnet und entspricht nicht dem heute tatsächlichen Verbrauchsniveau. Ohne eine ausreichende Spülung bilden sich in den großen Leitungen Faulgase und Bakterienrasen, die gesundheitsschädlich sein können und durch häufiges Nachspülen durch die Netzbetreiber oder durch chemische Intervention beseitigt werden müssen. In grundwasserreichen Gebieten in Deutschland ist ein übermäßiges Einsparen von Wasser also nicht sinnvoll. Ganzheitlich gesehen ist aber nur ein Kaltwasserverbrauch gut für das Kanalsystem, der Energieverbrauch der Warmwasserbereitung ist umweltschädlicher, als das Spülen der Leitungen.
Kurzgesagt: Bei Neuanschaffungen von Haushaltsgeräten auf Effizienz hinsichtlich des Wasserverbrauchs achten, verantwortungsbewusst mit Warmwasser umgehen und mittelfristig die Wasserver- und Abwasserentsorger zu einem Umbau der Netze motivieren.
Atomenergie ist schlecht
Grundsicherung lautet das Stichwort. Ein Umbau unserer Energieversorgung hin zu nachhaltigen, erneuerbaren Alternativen kommt mit einigen Schwierigkeiten daher, die eine Abkehr von allen konventionellen Energiegewinnungsmöglichkeiten schwer macht.
Strom kommt schließlich aus der Steckdose, und damit das so bleibt, und europäische Stromnetze stabil bleiben, braucht es Kraftwerke, die dauerhaft Energie liefern, aber auch bei Bedarf schnell und einfach hoch- und runtergefahren werden können, um saisonale und wetterbedingte Schwankungen durch erneuerbare Energien abzupuffern.
Atomkraft wäre geeignet für diese Grundsicherung, also um dauerhaft lieferbare Energie bereitzustellen. Weitere Argumente für Atomkraft sind häufig die geringen CO2-Emissionen und die geringen Kosten der Energiebereitstellung. Die geringen Emissionen sind tatsächlich der Punkt, wegen dem ich überhaupt erst auf die Idee kam, Atomenergie könnte eine gute Idee sein, denn im Vergleich mit Kohle- oder Gaskraftwerken sind Atomkraftwerke hier eindeutig im Vorteil. Die geringen Kosten sind allerdings ein wirtschaftlicher Trugschluss. Atomenergie ist nämlich nur so günstig, weil Absicherungen der in Zukunft möglichen Schäden nicht auf den Preis der einzelnen Kilowattstunde umgeschlagen werden. Internalisierung externer Kosten lautet hier der Begriff, für alle, die gerne mehr darüber lesen wollen.
Das Risiko der Energiegewinnung durch Atomenergie ist natürlich der überragende Contra-Punkt in jeder Argumentation, ebenso wie die nicht vorhanden Endlager für den Strahlungsmüll, der zwangsweise entsteht. In der Debatte über die Zukunft der Atomenergie muss also abgewogen werden, zwischen der Sicherheit der Bevölkerung und dem schnellen Vollzug der Energiewende. Die Wahrscheinlichkeit eines Reaktorunglücks ist in Deutschland relativ gering, die Emissionen der Kohleindustrie jedoch sehr hoch, die ehemalige Regierung wollte sich auf dem Weg zur Klimaneutralität jedoch eher auf einen früheren Atomausstieg und die Verlängerung der Kohleenergie stützen.
Die Risikoabschätzung muss in diesem Fall jede:r für sich selbst entscheiden. Meiner Meinung nach wäre im Hinblick auf die Energiewende ein früheres Abschalten der Kohlekraftwerke zielführender als ein möglichst schneller Atomausstieg, ein Ausbau, wie ihn manche Befürworter:innen der Technologie vorschlagen, sollte jedoch definitiv nicht stattfinden.
PET-Flaschen sind besser für die Umwelt als Glasflaschen
Der Besuch eines deutschen Getränkemarktes ist für den umweltbewussten Einkäufer häufig mit langem in die Regale starren und Produktetiketten lesen verbunden. Die Auswahl an verschiedenen Verpackungen ist überwältigend und teilweise unübersichtlich, was davon ist jetzt geschmacklich, gesundheitlich und umweltfreundlich gesehen am sinnvollsten?
In puncto Geschmack ist die Auswahl sehr subjektiv, was die gesundheitlichen Auswirkungen der Verpackungen angeht herrscht wissenschaftlich teilweise Uneinigkeit, doch die Umweltwirkungen lassen sich verhältnismäßig einfach und kurz zusammenfassen.
Die Umweltwirkung von Getränkeverpackungen hängt vereinfacht gesprochen von vier Variablen ab: der Zusammensetzung der Werkstoffe, der Distributionsentfernung zwischen Abfüller und Verkaufsstandort, der Möglichkeit der Wiederbefüllung und der Einheitlichkeit der Flaschen (im Mehrwegsystem).
- Material der Verpackung
Im Bezug auf die Energie und die Ressourcen, die zur Herstellung der Flaschen verwendet werden und auch auf die Möglichkeit des Recyclings nach der Nutzung wird hier in PET-/Plastikflaschen, Glasflaschen, Verbundkartons und Dosen unterschieden.
Plastikflaschen sind in der Herstellung am günstigsten, verbrauchen im Vergleich relativ wenig Energie, bestehen jedoch aus dem problematischen Rohstoff Erdöl. Sie sind gut recyclebar und leicht.
Glasflaschen sind in der Herstellung teurer und energieintensiver, sie benötigen in der Herstellung Quarzsand, welcher auch für die Bauindustrie benötigt wird und als endlicher Rohstoff gilt, können aber auch gut recycelt werden.
Verbundkartons, umgangssprachlich auch mit dem generischen Markennamen Tetra-Pack bezeichnet, sind im Energieaufwand der Herstellung günstig, verbrauchen jedoch eine Vielzahl an Ressourcen und sind durch ihre Zusammensetzung schlecht recyclebar.
Dosen benötigen in der Herstellung viel Energie, Aluminium ist als Rohstoff nur mit sehr umweltschädlichen Verfahren recyclebar – Weißblech ist etwas besser – dafür sind sie sehr leicht.
- Entfernung zwischen Abfüll- und Verkaufsort
Vergleicht man Getränkeverpackungen im Hinblick auf ihre Transporteigenschaften ist allgemein gesprochen das Gewicht der Verpackung der entscheidende Faktor. Je leichter, desto besser. Plastikflaschen sorgen also im gleichen Transportmittel auf die gleiche Entfernung aufgrund ihres Gewichts für weniger Emissionen als die gleiche Menge an Glasflaschen.
- Wiederbefüllbarkeit/Mehrweg-System
Plastik- und Glasflaschen können im Mehrweg-System genutzt werden, wobei die Anzahl der Befüllungszyklen zwischen den beiden variiert. Eine Glas-Mehrweg-Flasche kann im Durchschnitt 50-mal wiederverwendet werden, bevor sie recycled wird, bei einer PET-Mehrweg-Flasche liegt die Wiederbefüllung nur bei ca. 20-mal.
- Pool-Flaschen
Im Mehrweg-System kann die Verwendung so genannter Pool-Flaschen die Transportentfernung zwischen den einzelnen Befüllungszyklen verringern. Als Pool-Flasche bezeichnet man ein bestimmtes Flaschendesign, welches von einem Verband genutzt und an viele verschiedene Abfüllbetriebe verteilt wird. Eure gekaufte Glas-Mehrweg-Flasche muss also, wenn ihr sie im Laden zurückgegeben habt, nicht unbedingt zu dem Abfüller zurückgebracht werden, dessen Getränk ihr darin genossen habt.
Nimmt man die Erkenntnisse dieser vier Stellschrauben zusammen, ergibt sich ein recht deutliches Bild. Klare Gewinner in allen Kategorien sind die im Mehrweg-System verwendbaren Flaschen. Die Unterschiede zwischen PET- und Glas-Mehrweg-Flaschen treten hier hauptsächlich in puncto Distribution zu Tage. In einem Radius von ≤ 260km zwischen Produktions-, Abfüllungs- und Verkaufsstandort überwiegen die Vorteile der Glasflasche, über 260km kommen die Gewichtsvorteile der PET-Flaschen voll zu tragen.
Wollt ihr euch also beim Einkauf von Getränken umweltbewusst verhalten, so solltet ihr auf die Regionalität der Produkte und die Verwendung von Mehrweg-Pool-Flaschen konzentrieren.
Mehr Mythen folgen bald in Teil 2.
Lasst uns gerne, entweder in den Kommentaren oder über Social Media, wissen, ob ihr weitere Themen aus dem Bereich Umwelt, Klimawandel oder Naturschutz habt, über die ihr gerne in der speakUP lesen wollt.
[2] https://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/dossier-umwelt/61196/wassersparen
[3] https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2018/04/wie-sinnvoll-ist-wassersparen
[4] https://www.bpb.de/veranstaltungen/netzwerke/teamglobal/67359/pro-und-contra-atomkraft
[6] https://www.umweltberatung.at/download/?id=getrankeverpackung-1105-umweltberatung.pdf
[7] https://www.mehrweg-mach-mit.de/getraenkeverpackungen/klimacheck/