Improv for Future – Ein grotesker Blick auf die Zukunft!

Das 9. Potsdamer Improvisationstheater Festival steht unter dem Motto „Improv for future“ (Foto: Potsdamer Improtheater Festival)

Das Improtheater Festival ist in Potsdam angelaufen. Es ist das neunte in Folge. Vom 8. bis 16. November präsentieren Künstler_innen ihre Improvisationskünste auf der Bühne. Am 09. November präsentierte das Festival die große Samstag-Abend Show unter dem Titel „Impro 4 Future“. Ein Abend zwischen Wissenschaft und Groteske! Von Rostislaw Suchin.

Stellen Sie sich eine Steppe vor, mitten in Brandenburg. So die Ausgangssituation. Mitten im Nirgendwo stehen da mehrere Menschen und diskutieren: Wo sind wird hier? Die fulminante Antwort: In der Döberitzer Heide!

Wir zoomen wieder raus. Der Wissenschaft wegen. Um was geht es? Um Ernährung! Fleisch. Der Fleischkonsum! Und weiter? Na den sollten wir reduzieren? Warum? Na wegen des Klimawandels. Und wer schreibt uns das vor? Eine Wissenschaftlerin des Ecologic Institute Berlin. Gut! Na dann.

Wir befinden uns in einer Vleischerei. Der Vetzger verkauft vegane Wurst. Ein Ehepaar nähert sich interessiert. Der Verkäufer merkt da geht noch was. Also bietet er ihnen echtes Fleisch an. Sie sind erfreut, nehmen es dankend an. Legen es in ihre Tasche mit doppeltem Boden und wollen schon gehen. Auf einmal stürmt die Polizei hinein, Halt!

Der Aktienbroker

Die Wissenschaft sagt noch mehr. Wir müssen uns finanztechnisch für die Bio-Landwirtschaft und gegen den Klimawandel engagieren. Das Publikum sieht einen Mann mittleren Alters vor sich, der ihnen ein Konzept erklärt, das Konzept der Regionalwert AG. Regionalwert AG, was zur … ? Aktien?
Ja, genau das. Man solle den Wirtschaftszweig stärken, die Bio-Bauern und Bio-Bäuerinnen. Und wie? Durch das Kaufen von Anleihen. Und warum genau durch Aktien? Die seien am sichersten.

Wir müssen uns ändern!

Die nächste Wissenschaftlerin, eine junge Frau des Umweltbundesamts, nicht des Bundesumweltamts, wie der „verfluchte“ Moderator zum fünften Mal vertauscht. Nein, es ist das Umweltbundesamt. Diese junge Frau spricht über Mindset Transformation. Dafür engagierte sie sich außerhalb des Bundesumw… Ich meine Umweltbundesamt, natürlich. Und worum geht es? Es geht in aller erster Linie um das Umdenken. Das Institute for advanced sustainability studies beschäftigt sich damit, wie ein Umdenken gelingen kann. Dafür hat es viele Expert_innen aus der Wissenschaft befragt, von Atomphysiker_innen bis zu Psycholog_innen. Das Ergebnis: Weniger Angst, mehr Vertrauen! Selbstvertrauen. Selbstliebe. Zutrauen. All das sind Bestandteile. Und das Zweifeln ebenso.

Das Publikum wird in die skurrilen Szenen des Improtheaters und der Impulsvorträge, dem Science Slam, kaum mit einbezogen. Wenn es jedoch geschieht und der geschickte Moderator dies voller Eleganz und Grazie vollzieht, dann mit vollem Erfolg. Er fragt ins Publikum: Kennt jemand einen schwierigen Fachbegriff, den die Improgruppe in ihre Perfomance einbauen kann? Ein Wort wird vom Publikum reingerufen. Was es war? Ich weiß es als Journalist auch nicht mehr, doch es war komplex, irgendwas mit Transbigualität oder so. Naja wie auch immer. Die Improgruppe nimmt es auf.

Sooo… wir sehen eine Frau und einen alten Mann. Er will sein Haus verkaufen. Klänge schallen immer wieder herüber vom Pianisten, der keiner ist, da er am Keyboard sitzt und Teil der Impovisation ist. Naja wie auch immer. Sie möchte dem alten Mann das Haus abkaufen. Voller Schamanismus und Esoterik verzaubert sie sprichwörtlich den alten Mann. Der Sohn tritt herein. Er ist dagegen. Sie spricht ein paar Flüche. Sie verdreht ihm förmlich den Kopf. Und er überlässt ihr das Haus. Ohne Hahnen- und Hennenkampf.

Wozu das alles?

Was soll der ganze Aufruhr, fragt sich der_die Lesende? Wozu mischt man Improtheater mit drei Schauspieler_innen, einem Keyboardisten, einem schrägen Moderator und fünf Science Slammer_innen? Für die Zukunft, ganz einfach! Naja dann los!

Mehr Photosynthese

Der vierte Wissenschaftler ist vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, abgekürzt PiK. Er forscht an etwas, was wir alle zu Hause haben oder haben sollten. Pflanzen! Pflanzen seien die größten CO2–Verarbeiter der Welt. Das Prinzip ist bekannt, Photosynthese. Er forscht daran, ob man mehr Pflanzen für die Eindämmung des Klimawandels anbauen sollte. Spannend! Und was sagt das Improtheater dazu?

In der Mitte der Szene steht eine Pflanze, um die nun getanzt wird. Überhaupt wird, angeregt durch den Moderator, mehr getanzt gegen Ende. Man muss ja auch nicht immer nur quatschen! Also gut.

Mehr Recht(e) fürs Klima

Die letzte Sprecherin ist Juristin. Sie stellt die spannende Frage: Kann man gegen den Klimawandel klagen? Also nicht nur privat vor dem Fernseher. Nein. In echt! Ein peruanischer Bauer, der sogleich von der Improgruppe zusammen mit einem Gaul dargestellt wird. Ja, man kann. Und wen klagt man an? RWE. Ein großes Unterfangen. Der Zweck? Der Zweck ist nicht den Kampf zwischen David und Goliath zu gewinnen. Nein, es ist vielmehr: Mediale Aufmerksamkeit. Denn RWE sei zu ca. 0,4% am Klimawandel schuld und am Untergehen und der Verwüstung der Ackerflächen des peruanischen Bauers! Genau darüber forscht sie, die junge Wissenschaftlerin und Juristin.

Der Abend erreicht seinen Höhepunkt. Der Moderator fragt die Science-Slammer_innen, ob sie sich gut repräsentiert gefühlt haben. Jeder gibt seine Gedanken zum besten und nun haben die Impro 4 Future-Schauspieler_innen und der Keyboarder Zeit, es besser zu machen. Der Abgang ist fulminant. Es gibt eine Juraschlange, die tänzelnd hin- und herschwingt. Der Tanz wird immer intensiver. Das Licht geht aus und alle verbeugen sich. Verbeugen sich vor dem wohlwollenden Publikum, dem Publikum, das kaum miteinbezogen wurde. Wenn dies jedoch passierte, dann war es wirkungsvoll. Weiter so! Weiter so. Die Änderung des Klimas ist eine Jahrhundertaufgabe. Dankeschön für den ereignisreichen Abend!

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