Zivilklausel an der UP? – Hochschulgruppen zu Militärforschung

Marschierende Soldaten
Die Beteiligung der Wissenschaft am Militär wird kontrovers diskutiert. (@unsplash/Filip Andrejevic).

An der Uni Potsdam wird zurzeit nicht zu militärischen Projekten geforscht. Ausgeschlossen wäre das aber nicht, die Uni hat keine Zivilklausel. Wie die Hochschulgruppen zu militärischer Forschung stehen. Von Kai Wielert.

 

 

 

Russlands laufender Krieg gegen die Ukraine und die Bedrohung Europas durch Putin haben die Sicht auf das Militär in Deutschland stark beeinflusst. So hat Bundeskanzler Scholz etwa mit seiner „Zeitenwende“ die Bundeswehr – zumindest rhetorisch – gestärkt. Auch haben Soldat:innen in Deutschland seit 2022 ein spürbar höheres Ansehen in der Bevölkerung. Trotzdem lehnen auch heute viele Hochschulen Forschungen für militärische Zwecke konsequent ab, andere arbeiten wiederum direkt mit der Bundeswehr zusammen.

Viele deutsche Universitäten führen dazu, eine sogenannte „Zivilklausel“, eine Selbstverpflichtung wissenschaftlicher Institutionen, ausschließlich zu zivilen Zwecken zu forschen. Unter den Hochschulen mit Zivilklausel sind unter anderem die Humboldt-Universität und die Technische Universität Berlin sowie die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder).

Wie ist die Haltung unserer Uni zu dem Thema? „Die UniversitäPotsdam hat keine Zivilklausel“, erklärt Pressesprecherin Silke Engel, „Derzeit sehen wir dafükeinen Handlungsbedarf. Uns sind keine relevanten Forschungsprojekte im militärischen Bereich bekannt.“ Bei „Dual Use“-Forschungen, die sowohl zivile als auch militärische Anwendungen haben, biete die Uni Infoveranstaltungen an, um Beteiligte zu sensibilisieren und rechtliche Vorgaben einzuhalten.

Unter den politischen Hochschulgruppen gibt es unterschiedliche Ansichten zu Militär und Zivilklausel. Wir haben alle Listen, die bei der aktuellen Wahl des Studierendenparlaments (StuPa) antreten, nach ihren Einstellungen zu dem Thema gefragt:

 

Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS)

Quelle: rcds-potsdam.de.

Wir sprechen uns gegen die Einführung einer Zivilklausel an unserer Universität aus und setzen uns weiterhin für die Ermöglichung von militärischer Forschung an unserer Universität ein. Unser Land befindet sich in einer schwierigen Sicherheitslage, die ein effektives Militär zum Zwecke der Landesverteidigung erfordert. Dazu soll auch die Universität Potsdam durch militärische Forschung ihren Beitrag leisten können. Aus unserer Sicht spricht auch nichts gegen eine Kooperation der Universität mit der Bundeswehr in Lehre und Forschung. Selbstverständlich soll an unserer Universität nicht zu international geächteten Waffengattungen geforscht werden. Auch soll kein Angehöriger der Universität dazu gezwungen werden, sich an militärischer Forschung zu beteiligen. Die Gewissensfreiheit des Einzelnen ist in diesem Zusammenhang unbedingt zu respektieren.“

 

JUSO- und Grüne Hochschulgruppe (JUSO/Grüne HSG)

Quelle: Grüne HSG.
Quelle: JUSO HSG Potsdam.

„Als zwei Hochschulgruppen haben wir, auch wenn wir auf einer gemeinsamen Liste antreten, in Bezug auf die Frage zur Zusammenarbeit von Hochschulen mit dem Militär bzw. für militärische Forschungszwecke unterschiedliche Ansichten – die Juso-HSG sieht darin eine wichtige Rolle zur Erforschung von Krieg und Frieden, während die Grüne Hochschulgruppe die Friedensforschung betont. Dennoch teilen wir die Überzeugung, dass eine bundesweite Zivilklausel, die Einrichtung unabhängiger Gremien sowie Ethikkommissionen notwendig sind, um Transparenz bei Kooperationen zu gewährleisten. Diese unterschiedlichen Perspektiven stellen eine Bereicherung für den Diskurs dar und eine Möglichkeit für eine umfassendere Betrachtung der Thematik, was für eine demokratische und vielfältige Hochschulpolitik von großem Wert ist.“

 

Liberale Hochschulgruppe (LHG)

Quelle: Liberale Hochschulgruppe.

„In Zeiten großer Bedrohung durch Aggressoren wie Russland, halten wir militärische Forschung für notwendig. Es geht hier um nichts weniger als die Verteidigung unserer demokratischen Grundwerte in Form einer freien und vielfältigen Gesellschaft. Die Wissenschaftsfreiheit muss dabei allerdings unbedingt gewahrt werden. Universitäten sollten selbst entscheiden dürfen, ob sie eine Zivilklausel etablieren oder militärische Forschung betreiben wollen. Dabei sollte aber auch die studentische Selbstverwaltung beteiligt sein. Solche tiefgreifenden Entscheidungen dürfen niemals über die Köpfe von Studierenden hinweg getroffen werden, dies gilt insbesondere für die ethischen Grundsätze, die in einem gemeinsamen Prozess erarbeitet werden müssen und dann bindend sind.“

 

DIE LINKE/SDS (SDS)

Quelle: Linke/SDS.

„Wir lehnen die gegenwärtige aggressive Rhetorik der Politik zur Kriegsertüchtigung entschieden ab. In der Wissenschaft untergräbt die zunehmende Militarisierung den zivilen Charakter. Unsere Überzeugung ist, dass Universitäten stattdessen zu humanistischen Lösungen für Klimakatastrophe, Krieg, Flucht, Vertreibung und Postkolonialismus forschen sollten. Als DIE LINKE.SDS fordern wir daher die Universität Potsdam dazu auf, eine Zivilklausel einzuführen, wie über 70 Hochschulen in der BRD es bereits getan haben, um Forschung zu militärischen Zwecken zu untersagen.“

 

FSRgoesStuPa (FSRgo)

Quelle: FSRgoesStuPa.

„Wir sind ganz ehrlich: als (einzige) parteilose, interdisziplinäre Liste, die sich vor allem dem
Sachthema ‚Stärkung der Studierendenschaft und ihrer Partizipationsmöglichkeiten‘
verschrieben hat, fällt uns eine Antwort zu diesem wichtigen, aber auch komplexen Thema
nicht leicht. Deshalb würden wir dazu eine Befragung unter den Studierenden begrüßen, an
welche wir uns als unparteiische Stimme der Studierendenschaft gebunden sähen. Zu den
ethischen Grenzen in der aktuellen Situation sind wir der Meinung, dass die durch die Max-Planck-Gesellschaft etablierten ‚Hinweise und Regeln zum verantwortlichen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken‘ eine gute Grundlage für eine verantwortungsbewusste Forschungstätigkeit an unserer Uni darstellen könnten.“

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