Berufe am Theater – „Für’s Quatschen und Abschweifen bezahlt werden!“

Nadia Weigand und Christopher Hanf stellten ihre „Berufe am Theater“ vor. (Foto: Katharina Kelbler)

Die Theaterscouts des Hans Otto Theaters laden seit dem 22. November 2019 zur Veranstaltungsreihe „Berufe am Theater“ ein. Mitarbeiter_innen des Hans Otto Theaters erzählen von Ihrem Arbeitsalltag und Auszubildende und Studierende haben die Möglichkeit Fragen zu stellen. Natürlich wird auch aus dem Nähkästchen geplaudert! Am Freitagabend, dem 22.11., stellten Christopher Hanf aus der Dramaturgie und Nadia Waigand aus dem Künstlerischen Betriebsbüro ihre Berufe vor. Von Katharina Kelbler.

Die Theaterscouts werden von Auszubildenden und Studierenden gebildet, die ihre Theaterbegeisterung teilen. Durch die Theaterscouts wird es möglich, dass Auszubildende und Studierende, die gerne ins Theater gehen möchten, dies zusammen mit einer Gruppe netter Menschen tun können. Die organisierten Theatervorstellungen sind vergünstigt und Theaterkarten ergattert man für 7,50 Euro. Nun haben die Theaterscouts die Veranstaltungsreihe „Berufe am Theater“ ins Leben gerufen. Sie findet bis März 2020 einmal im Monat statt. Die Veranstaltung beginnt immer vor dem „Boxenstopp“ um 19:30 Uhr in der Reithalle und ist kostenfrei.

75-Arbeitsstundenwoche eines „Allrounders“

Um als Dramaturg_in tätig zu sein, ist nicht zwingend ein abgeschlossenes Studium in Dramaturgie oder Theaterwissenschaften erforderlich. Christopher Hanf, Dramaturg am Hans Otto Theater, hat sein Studium in Germanistik und Theologie abgeschlossen. Nach seinem Studium hospitierte Hanf am Theater, dann wurde eine Stelle als Dramaturg_in frei. Um einen solchen Job zu bekommen, gehört zum einen manchmal auch viel Glück dazu, zum anderen eine intensive Beschäftigung mit dem Beruf. Eine – in Extremzeiten bis zu – 75-Arbeitsstundenwoche ist nicht familienfreundlich, zum Beruf gehören auch viele Ortswechsel. Am Theater bedeuten Intendat_innenwechsel auch meistens Dramaturg_innenwechsel. Sobald eine neue Intendanz am Theater anfängt, werden „alte“ Dramaturg_innen entlassen. Die neue Intendanz wählt eine_n Chefdramaturg_in aus, die dieser als eine Person des Vertrauens zur Seite steht.

„Als Dramaturg_in wird man für’s Nachdenken, Ideen-Entwickeln, Kommunizieren, Texte-Schreiben, Lesen und manchmal auch für´s Quatschen und Abschweifen bezahlt!“, sagte Christopher Hanf. Die Aufgaben von Christopher Hanf sind abwechslungsreich und vielschichtig. Hanf ist ein „Allrounder“: Er steht seinen Kolleg_innen aus Regie und Schauspiel zur Seite, unterstützt diese, indem er ihnen die passenden Materialen liefert, wie Biografien, Texte zu bestimmten Themen oder Musikanfragen. Von den Konzeptionsproben, über die erste begleitete Vorprobe, bis zur Endprobe begleitet Hanf das Theaterstück. In seiner Tätigkeit ist er manchmal auch in Deutschland unterwegs, um Regisseur_innen zu scouten. Er verhandelt um diese, manchmal gehe es zu „wie am Arabischen Markt“, so Hanf. Nicht nur während seiner unmittelbaren Arbeitszeit im Büro, sondern auch zu Hause auf dem Sofa oder in den Ferien, überlegt sich Hanf beim Lesen von Theaterstücken oder Romanen, ob sich das Werk für eine Inszenierung eignen könnte, denn das Hans Otto Theater wird öffentlich gefördert und hat dadurch die freie Entscheidungswahl der Stücke. Dennoch müssen die Theaterstücke relevant bleiben und das Publikum angesprochen werden.

Demonstration auf der Bühne

Nadia Waigand, aus dem Künstlerischen Betriebsbüro (KBB), ist in dem Organisationsteam des Theaters tätig. Das KBB ist verantwortlich für den Inhalt des Spielplans und die Probenabläufe. Für ein Jahr müssen die Premieren geplant, die Besetzung verteilt und Kompromisse geschlossen werden, da Schauspieler_innen an einem Abend nicht gleichzeitig in zwei Sälen spielen können. Im KBB achtet das Team auf die gesetzlich geregelten eineinhalb freien Tage für die Schauspieler_innen, welche als Erstes geplant werden. Erst dann können die Dienstpläne mit einer Planungssoftware erstellt werden. Auf diese Weise werden keine Küstler_innen vergessen oder doppelt zugeteilt. Nach dem Erstellen der Wochenpläne wird ein verbindliches Tagesgeschäft gestaltet. „Wer spielt in welchem Stück wann und wer ist zu welcher Uhrzeit in der Probe“, erzählt Waigand. Die freien Tage der künstlerischen Mitarbeitenden müssen durch „Abwesenheitsscheine“ im KBB bestätigt werden.

Ihr Studium hat sie im Fach Cultural Engineering abgeschlossen. In ihren Zuständigkeitsbereich fällt die Statisterie, welche sich in zwei Bereiche teilt. Zum einen werden Lichtdoubles engagiert, die auf der Bühne positioniert werden, damit die Lichtverhältnisse eingestellt werden können. Zum anderen werden Statist_innen benötigt, wenn auf der Bühne größere Aktionen wie eine Demonstration geplant ist. Waigand kann auf eine Kartei aus über 80 Statist_innen zurückgreifen. Eine Besonderheit ist die Zusammenarbeit mit Kindern, die sie betreut, die Anweisungen des_der Regisseurs_in übersetzt und die Kinder bei Aufführungen im richtigen Moment auf die Bühne bringt.

„Es allen Recht machen“

Bei der Frage, was die besten Momente im Arbeitsalltag seien, erzählte Nadia Weigand von der aktuellen Gastspielplanung, in welcher ein bestimmtes Budget für verschiedene Bereiche wie Schauspiel und Maske eingeplant ist. „Bedürfnisse kosten Geld“, erzählte sie, „wenn man es fast allen Recht machen kann, das macht mich glücklich“.

Christopher Hanf erlebt fast nur Interessantes in seinem Beruf, er spricht von einem Job, der ihm Spaß mache und privilegiert sei. Vor kurzem war er in Tiflis und Kiew, um dort Erfahrungen aus den Theaterszenen zu sammeln. Die glücklichsten Momente sind jene, die ein extremes Gefühl auslösen, wenn etwas auf der Bühne passiere, das die Zuschauer_innen berührt, begeistert oder aufrüttelt, berichtet Hanf. „Solche Augenblicke, in denen eine außergewöhnliche Intensität zwischen Schauspieler_innen auf der Bühne und dem Publikum entsteht, sind für mich die glücklichsten Momente am Theater, das zieht mir dann glatt die Schuhe aus!“, schließt Hanf ab.

Christopher Hanf ist es ein besonderes Anliegen, junges Publikum für das Hans Otto Theater zu gewinnen. Wer sich mit Ideen einbringen möchte, wie man in der „Vorstadt von Berlin“ junge Menschen für das Theater einnehmen kann, melde sich gern beim Dramaturgen Christopher Hanf. Nadia Waigand hingegen freut sich auch ihre Statist_innenkartei erweitern zu können. Bei Interesse kann sie unter N.waigand@hansottotheater.de kontaktiert werden.

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