Zwei pausbäckige Putten, die Gesichter von zarten, braunen Locken umhüllt, auf Wolken schwebend, die Blicke verträumt gen Himmel gerichtet. Kaum ein anderes Motiv der Kunstgeschichte wurde in der Popkultur so oft rezipiert und für Teetassen, Regenschirme oder etwaige Dekoobjekte entfremdet, wie die Engel der „Sixtinischen Madonna“ des italienischen Malers Raffaello Santi. Welch Eleganz – welch Harmonie – welch Hingabe! Von Greta Bach-Sliwinski.
Besondere Festivitäten und größere Kunstausstellungen hätten anlässlich Raffaels 500. Todestages in diesem Jahr weltweit stattfinden und damit an das künstlerische Erbe des Ausnahmekünstlers erinnern sollen. Doch auch in der jetzigen Ausnahmezeit muss niemand auf diesen Genuss künstlerischen Schaffens verzichten: Kunst und Kultur für zwischendurch virtuell von eurer Couch aus!
Neben der ästhetischen Präzision und den sorgfältig ausgewählten Farbarrangements ist vor allem die emotionale Wirkung von Kunst so reizvoll. Obwohl jedes Werk sowohl vor dem historischen Kontext dessen Entstehungszeit als auch vor dem biographischen Hintergrund der Künstler_innen betrachtet werden muss, kann es doch zu jeder Zeit zum Verweilen, Träumen und Nachdenken anregen. Raffaels Kunst entführt die Menschen noch heutzutage auf eine fast schon magische, künstlerische Reise in eine andere Zeit. Dabei lassen sich auch immer wieder neue Details entdecken: Heimlich, still und leise versteckte Raffael immer wieder seine eigene Wenigkeit in den künstlerischen Kompositionen seiner Werke. Ein Beispiel dafür wäre „Die Schule von Athen“ von 1510/11, ein Fresko in der Stanza della Segnatura des Vatikans. Raffael reihte sich hier zwischen namhaften Größen der Antike, wie Platon, Aristoteles, Pythagoras oder Sokrates, ein.
Habt ihr ihn schon entdeckt?
Aber wer war nun dieser Raffael? Raffaello Sanzio da Urbino (1483 – 1520) gehört neben Leonardo da Vinci und Michelangelo zu den bedeutsamsten Malern der italienischen Hochrenaissance. Bereits zu Lebzeiten war er ein geachteter und angesehener Künstler und Architekt. Sein künstlerisches Vermächtnis ist bemerkenswert und gilt mit seiner naturalistischen Darstellungsweise bis heute als Inbegriff klassischer Perfektion und künstlerischer Harmonie, die jeder zart gesetzte Pinselstrich ausdrückt.
Kein Wunder also, dass diesem Meister der Renaissance auch die Bauleitung der wichtigsten katholischen Basilika schlechthin anvertraut wurde: Nämlich des Petersdoms in der Vatikanstadt, Hauptsitz des Papstes. Neben dieser Würdigung und direkten Darbietung seines Talents schuf Raffael ebenso noch unzählige Gemälde, Portraits sowie Fresken und Altargemälde, die hauptsächlich christliche und antike Themenkreise darstellen. Auch Raffael nutzte für seine Werke die für die Renaissance charakteristische und für die Kunstgeschichte elementare Zentralperspektive, die den Gemälden mithilfe eines Fluchtpunktes erstmals genaue Perspektiven und Proportionen ermöglichte und somit eine räumliche Tiefe verlieh.
Besonders bekannt sind seine Madonnenbildnisse
Von seinem Gesamtwerk erlangten vor allem seine vielfältigen Abbildungen der Gottesmutter Maria weltweit größte Bekanntheit – jede in Komposition und Farbwahl unterschiedlicher und interessanter als die andere. Besonders die in den typischen roten und blauen Gewändern gekleidete „Sixtinische Madonna“ von 1512/13 mit dem Jesuskind im Arm und den populären Engelsknaben im unteren Bildteil hat bis heute Kultcharakter und gilt als eines der bekanntesten Werke der italienischen Renaissance. Die Besonderheit seiner Mariendarstellungen liegt vor allem in der scheinbaren Vermenschlichung des Göttlichen, die Raffael hier in der innig und kindlich sorglosen Beziehung zwischen Mutter und Sohn darstellt.
Kunst ist immer ein monumentales Überbleibsel der Zeitgeschichte, das unter anderem persönliche Ansichten, soziale Gewohnheiten, politische Machtpositionen, gesellschaftliche Strukturen und subjektive Ästhetik der jeweiligen Zeit widerspiegelt. Damit werfen auch wir jedes Mal einen ganz persönlichen, gegenwärtigen Blick in eine vergangene Epoche auf Kunstwerke wie die des Raffael, die nun schon fast ein halbes Jahrtausend existieren und bereits von den unterschiedlichsten Augen bestaunt wurden.
Die Bedeutung von Kunst ist für unser historisches sowie kulturelles Verständnis ohne Frage elementar. Gerade in der jetzigen Zeit kann eine künstlerische Reise in die digitalen Museen dieser Welt Balsam für die Seele sein. Taucht also in die Weiten des Internets ein und lasst euch von der fünfhundertjährigen Kunst Raffaels bezaubern. Welche Emotionen lösen sie bei euch aus?
Hier findet ihr eine Auswahl digitaler Sammlungen sowie virtueller Rundgänge:
Die Stanzen in den Vatikanischen Museen:
Geburtshaus von Raffael in Urbino:
http://www.casaraffaello.com/virtualtour/index.html
Staatliche Museen zu Berlin:
Bayerische Staatsgemäldesammlungen:
https://www.sammlung.pinakothek.de/de/collection/RQ4XXP7410/500-todestag-raffael-6-april
Gemäldesammlung „Galleria degli Uffizi“ in Florenz:
https://www.uffizi.it/eventi/mostra-raffaello-roma
Raffaelsaal im Orangerieschloss in Potsdam:
https://www.spsg.de/schloesser-gaerten/objekt/orangerieschloss/
Hamburger Kunsthalle: