Alles halb so wild? Welche Gefahr geht von Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten aus? Und welche Mechanismen haben ihn überhaupt so groß gemacht? Die Veranstaltung „Die USA nach der Präsidentschaftswahl“ in Griebnitzsee lud zum Nachdenken und Diskutieren mit Jeremy Fowler von der amerikanischen Botschaft ein. Von Katharina Golze.
Der 9. November war ein historischer Tag, nicht nur im Hinblick auf das Jahr 1938. Auch im Jahr 2016. Es steht fest, Donald Trump wird Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Ein Wahlsieg, mit dem wohl niemand wirklich gerechnet hatte. Doch wie kam es dazu?
Über den Wahlkampf mit amerikanischem Akzent debattieren
Knapp einen Monat später, am 13. Dezember, konnten die Studierenden der Universität Potsdam darauf eine mögliche Antwort finden. Felix Plaschek, Projektmanager und Student an der Universität Potsdam, hat gemeinsam mit dem Zentrum für Sprachen und Schlüsselkompetenzen (Zessko) zu der Diskussionsrunde „Die USA nach der Präsidentschaftswahl“ eingeladen. Zu Gast war Jeremy Fowler, Kulturattaché der amerikanischen Botschaft in Berlin. Er leitet das Speaker Programm der US Mission to Germany. Im Seminarraum in Griebnitzsee hat er als politischer Experte und gleichzeitig als amerikanischer Landsmann den etwa 30 Gästen die Hintergründe zu Trumps Erfolg genauer erklärt und den Fragen der Studierenden Rede und Antwort gestanden.
„Es ist eine gute Gelegenheit, mit Alltagsbezug die Sprache zu schulen”, erklärt Veranstalter Felix Plaschek, denn die Veranstaltung findet auf Englisch statt. Auch Professor Florian Schweigert, Vizepräsident für Internationales, Alumni und Fundraising, ist von dem Format begeistert. In seiner Begrüßungsrede spricht er davon, inwiefern die Internationalisierung unserer kulturelles Denken und Verstehen bereichern kann und hofft auf mehr studentische Initiative für solche Projekte. Es müsse für die Kommunikation auch kein Oxford-Englisch sein, witzelt Schweigert.
“I don’t believe that it is no surprise”
Die Kommunikation in der Fremdsprache stellt an diesem Abend wirklich kein Problem dar, viel eher steht eine Problemfrage im Raum: Wie hat Trump die Wahl gewonnen? “I don’t believe these people who say that it is no surprise”, beginnt Jeremy Fowler den Diskussionsabend. Trumps Wahlsieg kam aus dem Nichts, dennoch lässt sich dieser nicht so simpel erklären. Denn es gibt nicht die eine typische Wählerschaft, die weiß, männlich und niedrig gebildet ist. Trump hatte Anhänger auch aus der afroamerikanischen Community sowie aus dem Bildungsbürgertum, weiß Jeremy Fowler. Seine eigene Schwester ist dafür das beste Beispiel: Verheiratet mit vier Kindern, Mastertitel, das Studium an zwei der renommiertesten Universitäten in Amerika absolviert.
Doch trotz verschiedener Wählergruppen und verschiedener persönlicher Motive, hatten die Trump-Befürworter_innen eines gemeinsam: Die Angst vor dem Kontrollverlust. Dieser wurde zum einen durch globale Ereignisse wie die Wirtschaftskrise, Migrationsbewegungen sowie Jobverluste durch Globalisierung und Technisierung erzeugt, gleichzeitig hätten auch steigende Terroranschläge und korrupte Privatbanken zu einem Unsicherheitsgefühl im persönlichen Umkreis gesorgt, erklärt der Politiker.
Der Wunsch nach einem neuen Gesicht
Hinzu kommt, dass Hillary Clinton unbeliebt war. Sie sei das Sinnbild des Establishments – Fowler nennt es „25 years running for President“ – und das habe die Bevölkerung müde und gelangweilt von ihrer Politik gemacht. Viel eher wollten die Menschen ein neues und authentisches Gesicht. Das war Donald Trump. Er hörte den Wähler_innen zu, insbesondere den „losers of the society.“ Hillary hätte dahingegen Wählerstimmen bestimmter Staaten für garantiert genommen und nicht weiter in Kampagnen oder Besuche investiert, resümiert Fowler.
Zudem wurde Trump von seinem klugen Social-Media-Konzept gestärkt, stellt die Politikstudentin Annalena aus dem Publikum fest. Nach Barack Obama war Trump ein weiterer Präsidentschaftsanwärter, welcher wusste, dass er via Twitter und Facebook spezifische Zielgruppen, auch in abgelegenen Regionen, erreichte. Indem er simple Nachrichten in simpler Sprache und in nur 140 Zeichen verpackte, erreichte er viele: „He speaks their language.“ Auch in seinem Wahlkampfslogan bediente sich Donald Trump einer einfachen und klaren Botschaft „Make America Great Again.“ Aber Hillarys „We are stronger together“ – „What does that mean?“ fragt Jeremy Fowler.
Trumps Botschaften wurden nicht ernst genommen
Laut dem Kulturattaché sei Hillary zwar gut im Regieren, aber schlecht in ihren Kampagnen. Trump hingegen beherrschte den Wahlkampf – so gut, dass der Fokus mehr auf ihm als Person anstatt auf seiner Politik lag. Während viele Wähler_innen ihn nicht all zu wörtlich genommen haben – “They think that he said horrible things, but he is not a horrible person” – haben die Medien seinen Botschaften zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dennoch ist bisher unklar, ob er überhaupt regieren kann, denn “running a company is not the same as running a country”, findet Fowler.
Bis zur Midterm Election 2018 stehen Trump und seine Politik nun auf dem Prüfstand. Je nachdem, ob er seine Versprechen halten kann, wird er belohnt oder bestraft. Fowler sagt: “He has two years and he has no excuse to not deliver. Because he also has the green light from the senate.”
Können wir optimistisch bleiben?
Allerdings stehe Trump auch vor einer großen Herausforderung, denn er ist nun der “President of the divided States of America”, erklärt Fowler. Ein Land, in dem die Gesellschaft immer weiter in die extremen politischen Ausrichtungen driftet. Fowler findet sogar Parallelen in Trumps Programm und den Wahlkampagnen zu Zeiten des deutschen Nationalsozialismus – beiden hätten mit den gleichen Ängste der Menschen gespielt: Jobverlust, Preisanstiege, Einwanderung und Kontrollverlust.
Auch ob andere Kandidaten anstelle von Hillary Clinton Trump verhindern hätten können und ob das amerikanische Wahlsystem revolutioniert werden muss, wurde von den Studierenden gefragt und diskutiert. Doch unabhängig davon, bleibt Jeremy Fowler optimistisch, wie ein Berliner Journalistikstudent ganz treffend feststellt. Der Kulturattaché antwortet, Trump sei von genug Menschen umgeben, die etwas von Politik verstehen. Und zudem könne es gar nicht zu der spekulierten Isolation Amerikas kommen, denn gegen den IS und den Klimawandel müssten immer noch alle gemeinsam kämpfen: “The US is one of the oldest democracies which survived storms. We will also survive this storm.” In wie weit der Experte und Landsmann Recht hat, werden wir in den nächsten Monaten sehen. Es ist bereits eine weitere Debatte von Felix Plaschek zum Thema geplant. Diese soll die ersten 100 oder 200 Tage nach dem Amtsantritt beleuchten und diskutieren. Es bleibt spannend…