Warum zahlen wir jetzt mehr? Studentenwerk Potsdam erhöht Beitrag

Das Studentenwerk sammelt mehr Geld von den Studierenden ein. Ist das gerechtfertigt? (Quelle: Studentenwerk Potsdam / Mohamed Hassan@pixabay)

Für das Wintersemester 2024/25 wird der Studentenwerksbeitrag von 50 auf 80 Euro erhöht. Das ist eine Steigerung von 60 Prozent. Nachdem Studierende durch das Deutschlandticket im letzten Semester einiges einsparen konnten, hat das Studentenwerk Potsdam diese Lücke nun wieder geschlossen. Woran liegt das?

Potsdamer Studis zahlen einen vergleichsweise niedrigen Beitrag

Zunächst der Kontext: Wo steht Potsdam im Deutschlandvergleich? Die Daten dazu hat uns das Studentenwerk Potsdam zur Verfügung gestellt. Der Stand ist vom Februar 2024, mit Ausnahme des neuen Beitrags für Potsdam. Wichtig ist zu beachten, dass das Ranking nicht suggeriert, dass die Studierendenwerke unterschiedlich gut haushalten. „Die Rahmenbedingungen sind einfach grundverschieden (Größe des Studierendenwerks, Unterstützung durch das Land, usw.)“, ordnet das Studentenwerk ein.

(Quelle: eigene Grafik)

Potsdam hatte bisher mit 50 Euro den niedrigsten Beitrag in ganz Deutschland. Jetzt verdient sich Berlin die Spitze, mit 54,90 Euro pro Semester. Das Potsdamer Studentenwerk rutscht mit der Preiserhöhung um 30 Euro auf Platz 12 von 57 ab. Somit bezahlen Studis in der Landeshauptstadt immer noch einen vergleichsweise niedrigen Beitrag.

(Quelle: eigene Grafik)

Studentenwerk Potsdam seit Jahren unterfinanziert

„Wir wissen, dass 30 € mehr eine Menge Holz für die Studierenden sind“, erklärt Geschäftsführer Peter Heiß in einer Pressemitteilung. Zehn Jahre sei es her, dass der Studentenwerksbeitrag zuletzt erhöht wurde, jede Erhöhung werde sorgfältig im Verwaltungsrat des Studentenwerks abgewogen. „Da seit Jahren die Landeszuschüsse nicht gestiegen sind und wir die einzelnen Angebote, vor allem die Mieten in den Wohnheimen und das Essen in der Mensa zu einem bezahlbaren Preis anbieten möchten, blieb als Stellschraube letztlich nur der Studentenwerksbeitrag.“

Die speakUP hat beim Studentenwerk genauer nachgefragt. „Schon im Jahr 2023 mussten wir bei der Finanzierung der Angebote 200.000 € aus unserer Rücklage entnehmen“, erklärt die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit Josephine Kujau. In letzter Zeit habe man bereits Preise erhöhen müssen, so etwa Ende 2022 und Anfang 2024 bei den Gerichten in den Mensen. „Die Mieten in den Wohnheimen blieben, abgesehen von üblichen kleineren Anpassungen bei Neuvermietungen, konstant – auch dank der Unterstützung des Landes, das in den Jahren 2023 und 2024 die Energiemehrkosten übernommen hat“, so Kujau, „Nun sind wir an einem Punkt, an dem wir um eine Beitragserhöhung nicht mehr drum herum kommen.“

„Was will es sich das Land kosten lassen, jungen Menschen eine gute Ausbildung zu ermöglichen?“

Grund dafür sei eben auch die Prioritätensetzung des Landes Brandenburg unter seiner Rot-Schwarz-Grünen Regierung. „Was will es sich das Land kosten lassen, jungen Menschen eine gute Ausbildung zu ermöglichen?“ fragt Kujau. Als Studentenwerk werde man anders behandelt als die Hochschulen: „Während gestiegene Personalkosten, z. B. bei Tarifanpassungen im laufenden Wirtschaftsjahr, bei den Hochschulen vom Land übernommen werden, müssen wir diese Lücke selbst schließen.“

Kommen noch mehr Preissteigerungen auf Potsdamer Studis zu? Vielleicht, sagt das Studentenwerk: „Wie viel es am Ende braucht, um unseren sozialen Auftrag zu erfüllen, lässt sich – so die Erfahrung der vergangenen Jahre – nicht zu hundert Prozent prognostizieren. Kleinere Preisanpassungen bei den Mieten und Mensapreisen werden aber, so wie es auch sonst im Alltag Gang und Gebe ist, auch in Zukunft dazugehören.“

Preissenkungen „können wir ausschließen“

Auch Hoffnungen auf fallende Beiträge dämpft das Studentenwerk. „Nein, das können wir ausschließen“, erklärt Kujau. Die geforderte Aufstockung der Finanzhilfe durchs Land lasse sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Wenn das Land doch irgendwann einlenkt, seien Studis weniger unter Finanzierungsdruck. „Soll heißen: Beiträge müssen im Idealfall nicht so stark angepasst bzw. die Preise der einzelnen Leistungen nicht so stark angehoben werden (z. B. die Mieten und die Essenspreise)“, so das Studentenwerk.

Matthias Weingärtner (LHG) lehnt die Beitragserhöhung entschieden ab. Er und Tilman Kolbe (SDS) sitzen als studentische Vertreter der Uni Potsdam im Verwaltungsrat des Studentenwerks. Neben ihnen gehören dem Gremium vier weitere Studis von Brandenburger Universitäten sowie Vertreter:innen der Hochschulleitungen und des Ministeriums an.

Die Beitragserhöhung ist ein Versagen der Studivertretung

„Diese Entscheidung ist für mich absolut unverständlich und in meinen Augen ein Verrat an den Interessen der Studierenden“, kritisiert Weingärtner in einem Statement an den Studi-Verteiler. Seit Jahren versuchten Hochschulleitungen die Preise zu erhöhen, in letzter Zeit auf bis zu 100 Euro. Bisher habe man es gerade noch so geschafft, andere Studierendenvertretungen davon zu überzeugen, gegen ihre eigene Hochschulleitung zu stimmen. „Trotz meiner vehementen Gegenwehr über zwei Jahre hinweg haben einige studentische Vertreter – ich kann es nicht anders ausdrücken – einfach versagt und in der letzten Sitzung mit ihren Hochschulleitungen für die Erhöhung auf 80 € gestimmt“, erklärt der Student.

Das Land wolle sich nun damit herausreden, dass Potsdams Beitrag bisher der niedrigste deutschlandweit war. Jedoch war es laut Weingärtner „eher der Geschlossenheit der bisherigen studentischen Verhandlungsführer zu verdanken, dass der Beitrag über 10 Jahre stabil geblieben ist.“ Das Studentenwerk Potsdam sei aber nicht der richtige Südenbock, stattdessen solle das Land Brandenburg seiner Verantwortung nachkommen: „Wir haben durch die Beitragserhöhung unseren Teil zur finanziellen Sicherheit des Studierendenwerks beigetragen – jetzt ist das Land am Zug!“

Brandenburg hat in den vergangenen Jahren 23 Millionen Euro zusätzlich an die Studiwerke gezahlt

Das hat bereits genug gezahlt – glaubt es zumindest selbst. „Insgesamt flossen in den Jahren 2020 bis 2024 zusätzlich rund 23 Millionen Euro an die Studierendenwerke. Zum Vergleich: Beide Studierendenwerke erhalten jährlich eine Grundfinanzierung in Höhe von rund 4,3 Millionen Euro“, erklärt Stephan Breiding, Pressesprecher des Ministerium für Wissenschaft, Forschung
und Kultur. Darunter seien unter anderem Kompensationen für Mietausfälle in den Wohnanlagen in den Pandemiejahren sowie die Übernahme der Energiemehrkosten für die Wohnheime in den Jahren 2023 und 2024.

Der Studentenwerksbeitrag ist ein Solidarbeitrag, das heißt alle Studierenden müssen ihn bezahlen, auch wenn sie die Angebote nicht nutzen. Es gibt nur wenige Ausnahmen, bei denen der Beitrag erlassen werden kann, z. B. Exmatrikulation, Beurlaubung oder Auslandsstudium. Finanziert werden damit unter anderem die Mensen oder Wohnheime. Genauer beschreibt des Studentenwerks  den Verwendungszweck auf seiner Website: „Der Solidarbeitrag fließt in alle Angebotsbereiche des Studentenwerks. Dazu gehören die Hochschulgastronomie, der Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum, verschiedene Beratungsangebote (Studienfinanzierung, Sozialberatung, psychosoziale Beratungsstelle), Unterstützung beim Studium mit Kind, die Jobvermittlung, die Freizeitunfallversicherung, finanzielle Hilfen für Studierende in Not und die studentische Projektförderung.“

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