Semesterticket-Rettung: was ihr jetzt noch tun könnt!

Ein Ticket, alle öffentlichen Verkehrsmittel. Für Studierende momentan ein gewohnter Vorteil (Foto: Pixabay)

Ein Thema, das jeden von uns zwangsläufig betrifft. Ob genutzt oder nicht, wir alle sind dazu verpflichtet ein Semesterticket zu erwerben. Die Meinungen dazu können zwar stark auseinandergehen, was jedoch jeden von uns wohl gleichermaßen beschäftigen würde, ist eine momentan stark diskutierte Erhöhung der Ticketpreise. Die gute Nachricht ist: Wir Studierende können bei der SemTix-Urabstimmung vom 07.-09. Dezember 2021 abstimmen und das Loch in unseren Brieftaschen vor dem Reißen retten. Von Charlott Hämmerling.

Doch zu Beginn die Frage, worum es sich in der weiterhin andauernden Diskussion eigentlich dreht. Dass die Möglichkeit eines Semestertickets dank dem Solidarmodell für uns Studierende an 50 verschiedenen Hochschulen in Berlin und Brandenburg eine große finanzielle Erleichterung darstellt, ist sicher jedem bekannt. Doch um noch einmal zu veranschaulichen, wie riesig diese Erleichterung wirklich ist, ein paar trockene Zahlen. Für die Leistungen unseres Semestertickets im Gesamtnetz  des Verkehrsbund Berlin-Brandenburg (im Folgenden VBB abgekürzt) und somit allen öffentlichen Verkehrsmitteln im Raum Berlin-Brandenburg, kostet ein Ticket im Regeltarif den Einzelnen pro Jahr ca. 2000€ (bereits ein Berlin ABC Monatsabonnement beträgt auf ein Jahr hochgerechnet ca. 1008€, worauf der Raum Brandenburg noch hinzukommt). Mit momentanen 188,16€ im Semester bedeutet das einen Jahrespreis von 376,32€ im Jahr, also nur 1/5 des Regeltarifs für uns Studis. So weit, so gut.

Solidarmodell?

  • fast alle Studierenden einer Hochschule verpflichten sich zur Zahlung des Semestertickets (inbegriffen in den Semestergebühren)
  • Studierende bezahlen so weit weniger als Tickets im Regeltarif
  • Verkehrsunternehmen haben planbare Einnahmen (besonders: sichere Einnahmen in Covid-Zeiten)

Doch wo liegt denn jetzt das Problem?

Verhandlungen: anstrengende und lange Prozesse. (Foto: Pixabay)

Was viele wahrscheinlich nicht wissen werden: der bisherige Vertrag des Tickets lief jedoch zum Ende des Wintersemesters 2020/21 bereits aus. Somit wurden die Verhandlungen von Seiten des VBB neu eröffnet und eine Forderung nach einer schrittweisen Erhöhung des Semesterticketpreises stand im Raum. Bereits ab dem folgenden Sommersemester hätte nun also ein neuer Vertrag greifen sollen, jedoch hat sich auch schon vor einem Jahr die Studierendenschaft klar gegen eine Preiserhöhung ausgesprochen. In der Zwischenzeit hat die Politik den Studierenden die Zeit für weitere Verhandlungen gegeben, dadurch, dass sie das Ticket mit einem einmaligen finanziellen Zuschuss unterstützt haben, Gelder in einer Summe von ca. zweieinhalb Millionen Euro für beide Länder.  Dieses Geschehen wurde durch ein beschlossenes Moratorium ermöglicht, wodurch das Greifen eines anschließenden Folgevertrages auf Eis gelegt wurde und weitere Verhandlungen ermöglicht worden sind. Jedoch hat der VBB, anders als es die Forderung der Studierenden gewesen ist, in diesem Zeitraum kein neues Angebot vorgelegt, sowie sich auch durch das Nicht-Beisitzen aus weiteren Verhandlungen zurückgezogen hat, weshalb wir nun wieder ein Jahr später, im Wintersemester 2021/22, am gleichen Punkt stehen.

Ein Ticket, verschiedene Preisangebote. (Foto: Pixabay)

Mit dem Sommersemester 2022 greift also ein neuer Vertrag. Für ein Semesterticket geht dieser immer über drei Jahre, was bedeutet, dass durch den Beschluss des Moratoriums, durch das bereits ein Jahr überbrückt worden ist, in zwei Jahren, im Wintersemester 2023/24, der Vertrag ausläuft. Dafür müssen bereits im Vorhinein die neuen Verhandlungen erfolgreich zum Abschluss geführt werden. Das dazugehörige Preisangebot des VBB zeichnet die bereits erwähnte Preissteigerung ab, aus den ehemaligen 188,16€ würden so für das Sommersemester 2022 erst 222,00€ und ab dem darauffolgen Sommersemester dann 243,00€. Bedeutet im Klartext eine ca. 30%ige Preiserhöhung, pro Studierender Zusatzkosten von über 100€ bis zum Auslaufen des Vertrages.

Engagement der Studierendenschaft

Ein Student, ein Kreuz! (Foto: Pixabay)

Und da kommen wir mit ins Spiel! Was einige vielleicht noch nicht wissen: die Verhandlungsgespräche laufen zwischen der Interessengemeinschaft Semesterticket Berlin-Brandenburg (im Weiteren IGSemTixBBB genannt) und dem VBB ab, allerdings hat schlussendlich jede Hochschule für sich eine eigene Entscheidung zu treffen. Dies geschieht über sogenannte Urabstimmungen, welche an den unterschiedlichen Hochschulen zu verschiedenen Daten stattfinden. Diese Urabstimmungen werden in Berlin beim Überschreiten einer Preiserhöhung über 5% ins Leben gerufen, so steht es in der allgemeinen Hochschulordnung. Brandenburg hat eine solche Klausel nicht, jede Hochschule hat eigene Regeln. Für die Universität Potsdam beispielsweise werden solche Abstimmungen zur Bestätigung durchgeführt. Die Hochschulen in Eberswalde und Frankfurt (Oder) haben die Abstimmung bereits durchgeführt und gegen eine Erhöhung gestimmt.  An der Universität in Potsdam findet diese Urabstimmung im Zeitraum vom 07. bis zum 09. Dezember, jeweils von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr, in Wahllokalen auf allen drei Standorten der Universität Potsdam statt. Zudem ist auch weiterhin eine Briefwahl bis einschließlich dem 09. Dezember 2021 möglich, für beide Wahlmöglichkeiten können genaue Informationen auf der Website des studentischen Wahlausschusses (StWA) der Universität Potsdam nachgelesen werden.

Die Politik der nachwachsenden Generation

Silhouetten von Demonstrierenden. (Foto: Pixabay)

Im Zuge dessen gründete sich vor ungefähr eineinhalb Jahren die Interessengemeinschaft Semesterticket Berlin-Brandenburg (im Weiteren IGSemTixBBB genannt), welche, bestehend aus Studierendenvertreter:innen, sich für ein einheitliches Semesterticket an allen Hochschulen in Berlin und Brandenburg einsetzt. Wer größeres Interesse hat, sich innerhalb der IGSemTixBBB weiter zu informieren, für den gibt es einen sogenannten LinkTree auf der Seite des SemTix, dieser wird unten noch einmal beigefügt sein. Durch diese Organisation motiviert, haben sich viele junge Menschen zusammengeschlossen, um gemeinsam ein Zeichen für diesen neuen Umbruch zu setzen. Im Zuge meiner Recherche hat sich ein Interview sowohl mit Matthias Weingärtner als auch mit Tilman Kolbe ergeben, beide Mitorganisatoren der gesamten Bewegung. „Das Mandat [ein politischer Vertretungsauftrag zwischen Abgeordneten] wird schlussendlich von dem jeweiligen ASTA [allgemeiner Studierendenausschuss] unterschrieben. Die IGSemTixBBB hat das Verhandlungsmandat für den ASTA, das heißt dadurch verhandeln die IGSemTixBBB mit dem Verkehrsunternehmer“: so erklärte Matthias Weingärtner.

„Über den Daumen gepeilt gab es rund zwölf oder dreizehn Treffen, von Sitzkreisen über Telefon- und Videoschaltungen bis hin sogar zu externen Moderatoren, da die Stimmung sehr hitzig geworden ist. Da haben unter Anderem Politiker, also die Staatssekretäre [höchste Beamte eines Ministeriums] mit beigesessen. Mit dem Auslaufen des bisherigen Vertrages begann jede Hochschule individuell mit dem örtlichen Verkehrsunternehmen zu verhandeln, was zu einem ziemlichen Flickenteppich an verschiedenen Tarifsystemen führte“, wie Herr Weingärtner das gut zusammenfasste. Damit war klar, dass ein einheitliches und vor allem faires Ticket hermusste, was sich die IGSemTixBBB zur Aufgabe machte. Die Forderung lautete: ein Semesterticket für 365€ im Jahr (bedeutet 182,50€ pro Semester, also noch ein bisschen weniger als das bisherige Ticket). Dies existiert tatsächlich bereits seit ca. 2 Jahren in der Form des Azubi-Tickets des VBBs, was bedeutet, dass der Vertrag auch nicht neu geschaffen werden muss, nur, dass die Konditionen des Vertrages auch auf das Ticket für die Studierenden übertragen werden könnten. Zudem haben sich die Studierenden bisher nicht nur über theoretische Vertragsverhandlungen eingebracht, sondern sind bereits auch aktiv durch die Potsdamer Straßen gezogen und haben lautstark vor dem Potsdamer Landtag demonstriert. Organisiert über die Sozialen Medien, hat die Demonstration vom 11. November 2021 vor allem für eine breitere Tragweite des Themas unter den Studierenden gesorgt. „Gerade durch die Demonstration haben wir viele Studierende mit dem Thema konfrontiert und durch eine große Anzahl von Demonstrant:innen [knapp 500 Student:innen] ein Zeichen gesetzt“, meint dazu auch einer der Organisatoren der Demonstration, Matthias Weingärtner.

Ein Blick in die Zukunft

Doch bei all den nervenaufreibenden Verhandlungen und resultierenden Forderungen: Wie könnte es denn nun weitergehen für uns und unser Semesterticket? Ganz sicher kann zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nichts sagen, ganz allgemein jedoch scheint es im Moment eher in eine positive Richtung für die Forderung der IGSemTixBBB zu gehen. Sowie die Jugendparteiorganisatoren, Grüne Jugend und die Jusos, als auch die sogenannten Mutterparteien, die Grüne und die SPD, gab es erste Beschlüsse für eine Preiseinfrierung und den Erhalt des Semestertickets. Vieles hängt jedoch auch von der kommenden Urabstimmung der Student:innen an den Hochschulen ab. Auch Matthias Weingärtner schaut dem sehr positiv entgegen. „Wenn jetzt die Studierendenschaft […] ein klares und deutliches Signal mit der Abstimmung aussenden und damit einen Hilferuf an die Landesregierung setzen würde, wäre es ein Schlag ins Gesicht uns gegenüber diese Bitte abzulehnen. Wir können uns momentan einfach kein teureres Ticket leisten und jeder Euro der in die Ermöglichung von Bildung investiert wird, ist ein gut investierter Euro.“

Tilman Kolbe fasst auch noch einmal zusammen, dass „ein klares Nein als Abstimmungsergebnis zwar zum einen durchaus das Risiko des Entfalls des Semestertickets ausbaut, welcher sich momentan jedoch nicht abzeichnet, zum anderen aber natürlich auch erheblich den Druck für Beratungen zu einem neuen Angebot erhöht.“ Somit auch noch einmal ein Abschluss-Appell: Jeder Studierende hat eine Stimme und die Urabstimmung ermöglicht jedem Menschen auch erhört zu werden, also nutzt eure Gelegenheit und stimmt ab, per Briefwahl oder vor Ort, auf welchem Wege auch immer!

Was genau bedeutet denn ein klares…

…Ja?

Folge dessen wäre, dass der Vertrag für das Semesterticket weiterhin bestehen bliebe, allerdings würde der Ticketpreis für Studierende deutlich erhöht werden.

…Nein?

Folge dessen könnte zum einen sein, dass das Semesterticket als Ganzes gefährdet wäre, allerdings zum anderen auch, dass durch den so entstehenden Druck auf den VBB ein günstigeres Angebot vorgelegt würde, welches den Forderungen der IGSemTix entspräche.

Für die, deren Wissensdurst noch nicht gestillt ist und die noch ein wenig weiterlesen möchten: https://linktr.ee/semtix365

 

 

 

 

 

 

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