Ein Besuch in Potsdams ältester Cocktailbar: Bar-O-Meter

21 Uhr. Es ist ein schwüler Donnerstagabend, als mich Hasi (Pseudonym), Besitzer und Betreiber von Bar-O-Meter, der mit 24 Jahren ältesten Cocktailbar Potsdams, empfängt. Mit zwei kalten Getränken machen wir es uns in dem kleinen Hinterhof vor der Bar in der Gutenbergstraße 103 gemütlich. Der Kopf von Karl Marx (gezeichnet von Werner Steinbrecher) schaut von oben zu. Von Jennifer Krutzke.

Wo Cocktailkunst großgeschrieben wird

Schon auf den ersten Blick wirkt Hasi wie die Art von Mensch, die genau da ist, wo sie hingehört. Wie ein Deckel auf seinen Topf oder in diesem Fall ein Cocktail im Glas. Er ist eher der Typ für Kaffee an Stelle von Tee, statt Fußball schaut er lieber Formel 1. Das Theater zieht er dem Kino vor und früh aufstehen heißt für ihn zwischen 12 und 13 Uhr (er geht meistens auch erst um 6 Uhr schlafen).

War es schon immer Ihr sehnlichster Traum einmal Barkeeper zu werden und Cocktails zu mixen?

Bei der Gründung des Barometers damals um 94 rum ging es mir nicht ums Geld verdienen, sondern ums Spaß haben. So ist es auch noch heute. Mit 12 Jahren habe ich angefangen Getränke zu mixen. Zunächst mit nicht-alkoholischen und später mit alkoholischen Getränken. Hatte den Vorteil, dass man in der Jugend zu jeder Party eingeladen wurde, weil man die besten Drinks gemacht hat.

Haben Sie eine Ausbildung zum Cocktailmixen gemacht oder sich alles selbst beigebracht?

Sowohl als auch. Zur Wendezeit war damals in Rostock die beste Barschule der DDR. Vor der Wende hatte ich mich dort beworben und war nach der Wende aufgenommen worden und das sogar ohne eine passende Ausbildung, also Hotel- oder Restaurantfachmann oder ähnliches. Stattdessen habe ich Elektroingenieur gelernt und zehn Jahre als Spediteur gearbeitet.

Was ist so faszinierend am Cocktailmixen?

Der Spaß dabei. Fragen Sie einen Koch, warum er gerne kocht. Das Experimentieren mit neuen Geschmäckern, das Kennenlernen, Verfeinern und Verbessern. Außerdem gibt es nichts Schöneres als die sich daraus ergebenden glücklichen Gästegesichter, die einen anstrahlen.

Haben Sie einen Lieblingsdrink?

Kein bestimmtes Getränk, aber eine Gruppe: Und zwar Sours. Die Grundrezeptur eines Sour basiert immer auf rund 5cl Spirituose, mit 2 cl Zitronensaft und 1cl flüssigem Zucker. Ein bekanntes Beispiel ist der Margarita oder Daiquiri.

Gibt es auch einen Drink, den Sie überhaupt nicht mögen?

In meinem Alter hat man schon so viele Menschen mit verschiedensten Geschmäckern kennengelernt. Und da waren auch Sachen dabei, wo ich dachte, die mag bestimmt keiner, aber diese Leute mochten das dann eben.

Darf es auch mal ein Bier sein?

Wenn wir unsere Gäste begrüßen, weisen wir sie darauf hin, sofern sie eine Karte brauchen, dass es nur zwei Biere gibt: „Heinicken Flasche 0,33 L“ und „Kein Bier“. Die Auswahl für Weiß- oder Rotwein ist auch nicht größer. Kaffee gibt es fast nur in Likörqualität. Privat trinke ich gerne mal ein Bier, ob Pils oder Weizen hängt dann aber von der Speise ab.

Hat das Bar-O-meter auch eigene Rezepte?

Ja, also in der Karte sind rund 200 Cocktails, davon sind etwa 15 % eigene. Und viele allgemein bekannte Rezepturen wurden auch von uns überarbeitet. So arbeiten wir persönlich seit drei Jahren viel mit Essigen.

Mit Essigen?!

Meinen Gästen muss ich das auch erklären. Wenn dann die Augenbrauen hochgehen und der Blick erstaunt und kritisch gleichzeitig aussieht. Essig hat die gleiche Eigenschaft wie Alkohol. Die Mehrheit der Menschen mag Alkohol so, weil ihnen völlig bewusst ist, dass er Spaß im Kopf macht. Unterbewusst nimmt das Gehirn war, dass Alkohol intensiver und stärker schmeckt als vieles andere was man zu sich nimmt. Alkohol ist leicht flüchtig, deshalb muss man die Flasche auch immer verschließen, damit die Qualität erhalten bleibt. Wenn er also im warmen Mund ankommt verfliegt er sofort und geht in den Nasen-Rachenraum. Wir Menschen besitzen ein Vielfaches mehr an Geruchs- als an Geschmacksrezeptoren. Das heißt wir riechen, wenn wir nicht gerade verschnupft sind, alles viel intensiver, als wir es schmecken. Durch das Verfliegen des Alkohols werden vielfach die Geruchsrezeptoren angesprochen. Ein typisches Beispiel ist Zimt. Wissen Sie wie Zimt schmeckt?

Ja.

Nein, wissen Sie nicht. Probieren Sie mal Zimt, wenn Sie erkältet sind.

Stimmt. Ich weiß, wie er riecht.

Zimt wird bei einem Drink oben aufgelegt und nicht reingemischt, damit man den Geruch wahrnimmt. Essig hat nun also exakt die gleiche Eigenschaft wie Alkohol. Er verfliegt im Mundraum. Cocktails mit Essig sollten auch nicht zu schnell und hastig getrunken werden, sondern langsam und schlückchenweise, so werden die Geschmacksrezeptoren nicht überfordert.  Sonst brennt es und die Augen tränen.

Fazit

Hasi lässt mich einen der berüchtigten Drinks probieren. Mit Mangoessig. Nach einem ersten, leicht misstrauischen Nippen, bin ich überzeugt. Aufgrund seiner konservierenden Eigenschaften schmecke der Mangoessig viel intensiver, als es eine frische Frucht je könne, erklärt Hasi. Einen studierendenfreundlichen Tipp, um einen einfachen Sekt zu verfeinern, hat Hasi auch für mich: Einen Schuss Himbeeressig dazugeben, allerdings sollte hier Wert auf eine gute Qualität gelegt werden.

Als Abschluss kann ich nur allen Leser_innen empfehlen, dem Bar-O-meter mal einen Besuch abzustatten. Wer Lust hat, zu fairen Preisen in edlem Ambiente Cocktails zu genießen, die mit Spaß und Leidenschaft gemixt werden, ist dort genau richtig.

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