In der ersten Juliwoche war es wieder so weit: Alle Student_innen der Universität Potsdam wurden zur 15. Studierendenparlamentswahl (StuPa) in die Wahllokale gebeten. Gleichzeitig wurden die studentischen Vertreter_innen im Senat und den Fakultätsräten gewählt. Es sollte eine spannende Wahl werden, da im Voraus unklar war, wie sich die Stimmenverteilung in diesem Jahr entwickeln würde, schließlich war die in den letzten Jahren stärkste Gruppe im StuPa, die GAL (Grün-Alternative Liste), als Folge aus Diskussionen um die freiLand-Kooperationen nicht angetreten. Doch auch ohne sie hieß es für viele Studis: an die Urnen, fertig, los! Von Fabian Lamster.
Wahlsieger, -verlierer und -neulinge
Sechs, fünf, fünf, vier, drei, zwei, eins, eins. Was für den Außenstehenden möglicherweise wie ein etwas misslungener Countdown wirkt, ist für diejenigen, die an der Hochschulpolitik der Uni Potsdam interessiert sind, mehr: nämlich die aus der Wahl zum Studierendenparlament 2012 hervorgegangene Sitzverteilung.
Von den insgesamt 27 Sitzen gingen in diesem Jahr gleich 6 an die Juso-HSG (Juso-Hochschulgruppe), die damit das beste Wahlergebnis ihrer Bestehungsgeschichte feierte und im Vergleich zum Vorjahr einen weiteren Sitz hinzugewann. Doch nicht nur für die Jusos war es eine überaus erfolgreiche Wahl. Auch der RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten) darf insgesamt 5 statt der bisherigen 2 Plätze für sich reservieren und legt damit kräftig zu. Ebenfalls 5 Sitze gebühren der Liste Grüner Campus, die somit ebenfalls 2 Plätze im Vergleich zum Vorjahr gutmacht. Eine gewisse Konstanz bei den Wählern untermauerte die Gruppe BEAT – Bildung jetzt!, die auch in diesem Jahr 4 Sitze beanspruchen darf. Als kleine Verlierer der Wahl zählen die SDS (Die Linke.SDS) und shineUP, die jeweils einen Sitz einbüßten und nun mit 2 (SDS) bzw. einem (shineUP) Platz im Studierendenparlament vertreten sind.
Neu zur Wahl angetreten waren Die Unabhängigen und auch die Piraten meldeten sich nach einjähriger Abstinenz in der Hochschulpolitik zurück. Während Erstere lediglich einen Platz im neuen Studierendenparlament einnehmen, erfreuen sich die Piraten über ganze 3 Sitze.
Quo vadis, GAL-Wählerschaft?
Was lässt sich nun aus den Ergebnissen ableiten? Trotz der dürftigen Wahlbeteiligung von 9 Prozent (im Vorjahr noch über 20 Prozent, wohl auch wegen der gleichzeitig stattfindenden Abstimmung über das Semesterticket) drängt sich die Annahme auf, dass nach dem Rückzug der Grün-Alternativen Liste ein Großteil der GAL-Wähler_innen augenscheinlich zum RCDS gewandert ist. Dies legt die weitere Vermutung nahe, dass die GAL in den letzten Jahren eher für konservative Wähler_innen attraktiv war. Da aber auch die Jusos, die Gruppe Grüner Campus und die Piratenpartei die 15. Studienparlamentswahl durchaus als Erfolg werten dürfen und mehr Sitze im Parlament einnehmen, dürfte es sich bei der GAL insgesamt um eine politisch bunt gemischte Wählerschaft gehandelt haben.
Wahl ohne GAL: Warum eigentlich?
Doch warum ist die GAL als einstige stärkste Liste (im letzten Jahr erhielt sie rund 28 Prozent aller Stimmen) überhaupt nicht mehr zur Studierendenparlamentswahl 2012 angetreten?
Ausgangspunkt des Rückzugs waren die Verhandlungen um eine 35.000 Euro schwere Förderung des Potsdamer „freiLands“ – einem noch jungen jugend- bzw. soziokulturellen Projekt in der Friedrich-Engels-Straße zu Potsdam. Als sich herausstellte, dass zwei mitwirkende Referent_innen des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) auch gleichzeitig Vorsitzende des zu fördernden Vereins waren, damit quasi in eigener Sache warben, war massive Kritik am AStA die Folge. Die Kandidat_innen des Referates hatten entsprechende Informationen bei ihrer Wahl vor dem Studierendenparlament zurückgehalten.
Ans Tageslicht kam die Angelegenheit auf ominöse Weise: Die am aktuellen AStA unbeteiligte GAL hatte sich über eine eigene Referentin, die aufgrund ihrer Tätigkeit für die AStA-Montagskulturen im „freiLand“ Zugang zu deminternen E-Mail-Verkehr hatte, mit den brisanten Informationen eingedeckt und diese dann öffentlich gemacht. Die schließlich geforderte Unterlassungserklärung, so GAL-Mitglied Jakob Weißinger, hätte nur dazu gedient, alle Kritiker_innen des AStAs ,,mundtot zu machen“.
Die GAL sah dies als Einschüchterungsversuch an, zog sich als Konsequenz vor weiteren Maßnahmen aus allen hochschulpolitischen Engagements zurück. Es dürfte der GAL aber auch ihre politische Abseitssituation bewusst geworden sein: Geplagt von personellen Engpässen, wachsender Unzufriedenheit mit dem Vorstand und bei Abstimmungen gegen die AStA-stellende „linke Koalition“ mit den Jusos als tragende Liste stets chancenlos, hatte die GAL auch schon vor der Diskussion um die „freiLand“-Förderung mit Schwierigkeiten zu kämpfen.
Neue Sitzverteilung, neue Chancen
Doch auch ohne die GAL wird und muss eine Fortsetzung der Hochschulpolitik an der Uni Potsdam stattfinden. Mit der Juso-HSG reserviert sich nun eine Gruppe die meisten Plätze im neuen Studierendenparlament, die für mehr Masterstudiengänge, mehr selbstverwaltete Freiräume für Student_innen und ein elternunabhängiges Bildungsgeld eintritt. Inwieweit sie diesen Versprechungen gerecht wird und sie in die Tat umsetzt, dürften die kommenden Wochen und Monate zeigen – die Verhandlungen über die Bildung eines neuen „rot-roten“ AStAs und die Referatsbewerbungen liefen bei Redaktionsschluss auf Hochtouren. Und im nächsten Sommersemester heißt es dann wieder für alle Studis: an die Urnen, fertig, los!
Es gab für die Jusos 2009 ein noch besseres Ergebnis, nämlich 7 Sitze, also genau so viele wie für die GAL.