Der stressige Januar geht zu Ende: Wir haben die letzten Referate gehalten und die ersten Prüfungen geschrieben. Nebenbei haben wir uns politisch gegen Pegida zur Wehr gesetzt, eine neue Sprache gelernt oder ein Startup gegründet. Wie eure Kommiliton_innen das Chaos zwischen Lernen, Freizeit und beruflichem Neustart überlebt haben, erfahrt ihr in MeinMonat. Von Katharina Golze.
Wir sehnen sie erwartungsvoll und ungeduldig herbei: die Semesterferien. Denn erstens versinken wir gerade in den Stapeln aus Büchern, Heftern und Lernblättern. Und zweitens haben wir sie uns wirklich verdient. Denn zum Jahresanfang haben wir all unsere Kräfte gesammelt und sind nochmal ganz neu durchgestartet: Wir haben unser demokratisches Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit genutzt und uns gegen Pegida in Potsdam gestellt. Wir haben unsere handwerklichen Fähigkeiten und unsere Vorliebe für klassische Musik entdeckt. Wir haben Potsdam als einen unbekannten Ort oder als Stadt der Wohnungsnot erkundet. Und wir haben unsere Karriere mit einen großen Ruck vorangeschoben – die einen gründen ein Startup, die anderen machen ein Praktikum im Ausland oder warten nur noch auf ihre letzte Abschlussprüfung, um dann ins Arbeitsleben zu starten. Der Januar hat die Karten eurer Kommiliton_innen neu gemischt. Das haben sie uns in unserer monatlichen Umfrage über ihren Januar erzählt. Aus Gründen der Anonymität gibt es nicht zu jedem „Daumen des Monats“ ein passendes Gesicht.
Arbeitsmotiviert
„Mein Monat war ziemlich gut. Ich war im Dezember weg und bin jetzt zurück gekommen. Ich habe eine Reise nach Zentralamerika gemacht. Dort war es sehr heiß und hier ist es so kalt. Aber ich habe trotzdem Berlin vermisst: Generell wie man hier lebt, es gibt so viele kulturelle Möglichkeiten und alles ist hier einfacher. Für die Uni hatte ich zwei Referate in zwei verschiedenen Kursen und jetzt überlege ich gerade, worüber ich meine beiden Hausarbeiten schreiben kann. Ich studiere Linguistik und ich habe entschieden, eine Hausarbeit über einen Dialekt, der in Italien gesprochen wird, zu schreiben. Ich fange schon an, Material zu finden. Aber das ist kein Stress für mich. Ich mache das gern, denn das Thema interessiert mich. Nebenbei arbeite ich in einem Konzerthaus. Da wird Klassikmusik gespielt. Ich mag den Job, weil ich viele Konzerte kostenlos hören kann. Im Februar freue ich mich auf die Berlinale und auf die Semesterferien, auch wenn ich Hausarbeiten schreibe. Es ist ruhiger als in der Vorlesungszeit.“
Politisch aktiv
„Mein Monat war so lala, überhaupt nichts Besonderes. Das wirklich einschneidende Erlebnis war, dass ich mich mal wieder aufgerafft habe und seit Jahren mal wieder auf einer Demo war. Ich war auf der ersten Anti-Pegida-Demo am Bassinplatz. Das war ganz cool. Ansonsten war ich am Wochenende viel mit dem ESN Potsdam unterwegs, dem Erasmus Student Network, da bin ich schon seit Jahren stark eingespannt. Wir kümmern uns um die Erasmus-Student_innen und alle anderen Austauschstudierenden, die nach Potsdam kommen und bieten ein Programm, bei dem sie alle mitmachen können. Und die Handball-EM war ja auch im letzten Monat. Ich bin nicht so der Handballfan, aber das hat mich auch begeistert. Ich habe mit Freunden zusammen die Spiele geguckt. Im Februar freue ich mich darauf, die Gutachten zu meiner Promotion zu bekommen, damit ich mich endlich auf die Verteidigung vorbereiten kann. Ich hatte über die Basisaktivierung als Instrument gegen soziale Exklusion geschrieben.“
Auf Wohnungssuche
„Mein Monat war anstrengend, weil ich auf Wohnungssuche bin, gleichzeitig für Prüfungen lernen muss und dann noch der Alltag da ist. Ich suche gerade eine Wohnung in Babelsberg und es ist sehr schwierig, da es erstmal unglaublich teuer ist und andererseits ist es unmöglich, eine Wohnung zu finden. Über das Internet und sogar über Geheimtipps wie Facebook oder Ebay-Kleinanzeigen kann man es völlig vergessen. Da kommen dann 50 Leute zu den Besichtigungen. Meine Version war jetzt, durch die Straßen zu laufen und an Türen zu klingeln. Und genau so habe ich meine Wohnung gefunden. Ich habe echt überall gefragt: In allen Läden, die ich gefunden habe, auch in einer Metzgerei und in Cafes. Und überall kriegt man die gleiche Antwort: Ne, in Babelsberg ist es völlig unmöglich, eine Wohnung zu finden. Die Wohnung kann ich mir jetzt auch nur leisten, weil mein Referendariat anfängt, als Student wäre es zu teuer. Im Februar freue ich mich dann auf die neue Wohnung und auf mein Referendariat.“
Erfinderisch
„Mein Monat war arbeitsreich und innovativ. Wir haben viel an unserem Startup „Todayin“ gearbeitet, welches auch hier in Potsdam am Lehrstuhl für Unternehmensgründung geboren wurde. Wir haben eine Plattform für alle Bars in Berlin geschaffen. Da Berlin wahnsinnig groß ist und man kaum eine Möglichkeit hat, alles zu überblicken, haben wir ein System geschaffen, bei dem sich jeder seine Lieblingsbar suchen kann. Auf der Seite gebe ich an, was ich heute Abend für einen Cocktail oder Bier ausgeben will, wie alt die Leute sein sollen, die ich da treffe und was für eine Atmosphäre ich möchte. Dann schlagen wir die optimale Bar vor. Meistens geht man immer in die gleichen Bars, dabei gibt es so viel zu sehen. Es gibt wahnsinnig spannende Lokale, aber manchmal liegen sie eben etwas versteckt. Den Februar wünsche ich mir jetzt etwas arbeitsarmer und entspannter. Ich hoffe, dass die ganzen Hausarbeiten nicht zu viel Zeit rauben.“
Auf Erkundungstour
„Mein Monat ist der Letzte in Deutschland. Ich bin nur ein Semester hier und das ist eine Erfahrung für mein Leben. Ich bin hier, um mein Deutsch zu verbessern und um die deutsche Kultur kennen zu lernen. Ich kenne schon ein bisschen Berlin und Potsdam, zum Beispiel Sanssouci und Babelsberg. Ich habe aber nicht so viel besichtigt, sondern mehr mit Leuten gesprochen und viel für die Uni gearbeitet. Ich habe jetzt schon Ferien. Die Klausuren waren nicht so schwierig. Aber es wäre vielleicht besser, eine Woche vor der Klausur zu haben, um zu lernen. Denn so ist es ein bisschen schwierig, für die Klausuren zu arbeiten und zu den letzten Kursen zu gehen. Ich denke, das ist ein Problem für Student_innen und Dozent_innen, weil die letzten Kurse wichtig sein können. Im Februar habe ich mehr Freizeit. Es ist immer interessant, Potsdam und Berlin zu besichtigen und Leute zu treffen. Ich werde kein Sommersemester hier machen. Aber ich denke, ich werde nach Deutschland zurückkommen. Das Problem ist, dass ein Semester nicht genug ist, um Deutsch zu lernen. Es waren aber sechs nette Monate hier.“
Startklar
„Mein Monat war ein guter Jahresbeginn. Beruflich und unitechnisch bewegt mich gerade, dass ich diese Woche meine allerletzte Univeranstaltung habe und dann nur noch meine Masterarbeit schreiben muss. Das ist ein weinendes und ein lachendes Auge, weil es natürlich schön ist, regelmäßig an der Uni zu sein und eine schöne Abwechslung zum Praktikum bietet. In meinem Praktikum habe ich im Januar ein wichtiges großes Projekt zu Ende gebracht. Das war sehr aufregend und erleichternd, dass es geklappt hat und ich das jetzt fertig habe. Privat haben mein Freund und ich einen neuen Küchentisch bekommen, den ich selber restauriert habe. Das war wirklich ein ganz großes Highlight, auch wenn man das nicht so denkt. Es war sehr viel Arbeit. Umso schöner ist es dann, dieses alte Möbelstück in der Wohnung stehen zu haben. Auf die Semesterferien freue ich mich, weil dann mein Praktikum in England beginnt. Ich bin bei DB Arriva, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, und kümmere mich dort um die Personalentwicklung.“