Internationaler Tag gegen Rassismus: Unter Weißen

Anlässlich des internationalen Tages gegen Rassismus fand am Mittwoch, dem 21.03.2018, eine Lesung und ein Gespräch mit dem Journalisten und Autor Mohamed Amjahid über sein Buch „Unter Weißen. Was es heißt privilegiert zu sein“ statt. Die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg der Opferperspektive e.V. und das Bündnis „Potsdam! bekennt Farbe“ organisierten diesen Abend im T-Werk. Auch war die Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg Dr. Doris Lemmermeier eingeladen. Von Eileen Schüler.

Warum gibt es den internationalen Tag gegen Rassismus überhaupt? Am 21. März 1960 demonstrierten Menschen in Sharpville (Südafrika) friedlich gegen das Gesetz der Apartheid. Jedoch endete die Demonstration blutig, 69 Menschen kamen ums Leben und es gab mehrere Verletzte. Die Vereinten Nationen ernannten daraufhin 1966 den 21. März zum „Internationalen Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung“.

Da Rassismus immer noch ein aktuelles Problem sei, sei der Gedenktag wichtig, um nicht zu vergessen und sich in Erinnerung zu rufen, dass es ein alltägliches Problem sei, verdeutlichte Dr. Doris Lemmermeier in ihrer Rede. Die Veranstaltung im kleinen Saal des T-Werks war von älterem sowie jüngerem Publikum gut besucht.

„Das ist auch nur ein Mensch, Schatz“

Der politische Reporter und Redakteur des ZEIT Magazins, Mohamed Amhajid, ist der Sohn marokkanischer Gastarbeiter und wurde 1988 in Frankfurt am Main geboren. Allerdings hat er seine Schulzeit in Marokko verbracht. Erst mit 18 Jahren kam er wieder zurück nach Deutschland. Bei seiner ersten Begegnung mit Deutschen fühlte er sich wie „ein Anthropologe, der eine faszinierende Kultur entdeckte“, beschreibt der Autor in seinem Buch.

Die Menschen sprechen sehr langsam und übertrieben deutlich mit ihm Deutsch. Sie versuchen ihm die Funktion eines Fahrradweges zu erklären, als ob es in Afrika keinen Weg zum Fahrrad fahren geben würde. Oder erklären ihren ängstlichen Liebsten „Das ist auch nur ein Mensch, Schatz.“

Es sind schon die Mikroaggressionen des Alltags, die Rassismus hervorrufen können. Wenn z.B. eine weiße Frau in der Bahn ihre Tasche so stark umklammert, dass der für sie fremdartige Mensch das merkt. Zum Einen ist es die Angst vor dem Fremden, aber das ist Mohamed Amjahid zu einfach, um sie als Erklärung für alles zu verwenden. Denn der „koloniale Grundsatz steckt noch in vielen weißen Köpfen“. Selbst arabische Mütter wünschen sich weiße Nachkommen mit blauen Augen, denn „wenn du nicht weiß bist, hast du im Land der Weißen verloren.“ So haben weiße Menschen bis heute eine privilegierte Stellung.

Die Aufgabe des Journalisten

Mohamed Amjahid sieht sich ebenfalls als privilegiert im Gegensatz zu seiner marokkanischen Mutter, weil er gebildet ist und beruflich als Journalist tätig ist. „Fight for your rights – Es ist wichtig, sich an die Presse zu wenden und die Öffentlichkeit über rassistische Vorfälle zu informieren“, stellt er fest.

Allerdings betont er auch, dass er kein deutscher Staatsbürger sei, weil viele Linke aus Kreuzberg ihn fragen: „Wie kannst du nur bei der ZEIT arbeiten?“ Er möchte bewusst zum Mainstream gehören, weil er dort auf eine Kontroverse stößt und etwas bewegen kann. „Ich hätte auch zu einem linken Verlag gehen können und sie hätten das ohne Lektor drucken lassen.“ Jedoch war beim Hanser Verlag in Berlin das Spannende, dass es auch mal zu Auseinandersetzungen mit seinem Lektor kam.

Eine gute Recherche ist für ihn alles. Es ist wichtig darzustellen, was ist und nicht zu spekulieren. Dafür ist es auch wichtig auf die Straße zu gehen und mit den Leuten zu sprechen. Eine Selbstverständlichkeit möchte man für den Beruf meinen, doch es gibt Menschen, die sich eine „erfundene Realität“ zusammenreimen, um ihre politische Meinung zu unterstreichen.

So findet der Redakteur, dass die Meinungsfreiheit in Deutschland oft falsch verstanden wird. Jeder darf zwar seine Meinung sagen, aber es muss dafür nicht applaudiert werden. Man muss damit rechnen, dass auf radikale Aussagen auch Gegenmeinungen folgen. Auch Diskussionen wie „Gehört der Islam zu Deutschland?“ führen zu nichts außer zu politischer Aufmerksamkeit.

Es ist somit jeden Tag eine Leistung sich zu hinterfragen, zu reflektieren, ob man sich richtig verhalten hat, auch wenn man sich viel mit dem Thema Rassismus beschäftigt, erklärt er. Außerdem ist es eine Herausforderung, es auch dann anzusprechen, wenn die Menschen felsenfest davon überzeugt sind keine Rassist_innen zu sein. Denn wie könne man, wen man links sei, ein Rassist sein?

„Was sind die Lösungen?“

Eine Liste mit Lösungsvorschlägen gegen Rassismus könne er nicht geben, da er das zeitlich im Moment nicht leisten könne. Dafür bräuchte man bestimmt ein paar Jahre und könnte mehrere Bücher schreiben. Allerdings dürfe man das Problem nicht monokausal sehen.

Humor sei eine wichtige Sache, um rassistische Hetze auszuhalten. Als Mohamed Amjahid im Jahr 2008 seine journalistische Karriere begonnen hatte, erreichte ihn nach der Veröffentlichung eines Textes über die Diversität an deutschen Schulen seine erste Hass-Mail. „Geh zurück in die Türkei“, schrieb der Absender. Über den Rassismus hinweg zu lächeln bringe zwar auch nichts, aber über das Thema pointiert, humorvoll und auch ironisch zu schreiben, mache es leichter.

Zum Ende des Gesprächs gab es noch einen kleinen Schlagabtausch zwischen dem Autor und der Integrationsbeauftragten. „In Deutschland muss es immer einen Konsens geben. Wo soll ich mich integrieren? In eine Gesellschaft, die AfD wählt, die Flüchtlinge im Mittelmeer ersaufen lässt?“, fragte Mohamed Amjahid. Viele Menschen würden nämlich Integration mit Leitkultur gleichsetzen. Ein kurzer Applaus aus dem Publikum ertönte. Dr. Doris Lemmermeier versteht den Begriff jedoch anders: „Für mich ist Integration ein Prozess. Beide müssen sich aufeinander zu bewegen.“

Auch wenn es noch keine richtigen Lösungen gegen Rassismus gibt, war diese Veranstaltung doch ein guter Lösungsansatz, denn nur durch Kommunikation kann man die Vorurteile und alten Denkmuster in den Köpfen langsam auflösen.

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