Erstsemester … und Ausländerin?

Seit nun drei Jahren findet knapp einen Monat vor Vorlesungsbeginn eine sogenannte Vorphase mit zahlreichen Intensivkursen zum Studieneinstieg für ausländische Studierende statt, die in der Universität Potsdam, aber auch in den Fachhochschulen Brandenburgs und Potsdams oder der Hochschule für Film und Fernsehen beziehungsweise für nachhaltige Entwicklung immatrikuliert sind. Von Marie-Julie Jacquemot.

Mittwoch, 12. September 2012. 10.15 Uhr, Neues Palais, Haus 8, Hörsaal 0.58. Vorlesung über das  Potsdamer Universitätslehr- und Studienorganisationsportal (PULS). Rund 20 Student_innen hören aufmerksam zu. Diese Veranstaltung ist nur ein kleiner Teil des Programms, das seit dem Wintersemester 2010 jedem ausländischen Studenten angeboten wird. Die Teilnehmer_innen der Vorphase werden nach Studienfachrichtung getrennt. Egal ob Wirtschaftswissenschaft, Geisteswissenschaft, egal ob man ein philologisches Studium machen möchte oder eher in die Naturwissenschaften oder Sozialwissenschaften gehen will. Kurse sind da genug im Angebot.

Frau Dr. Rita Helbig, Dozentin für Mathematik und Informatik (und insgesamt eine von etwa 10 Dozenten der Vorphase) freut sich, ausländische Student_innen vor deren Studienbeginn begleiten zu können. Eigentlich sei die Vorphase nur ein kleiner Teil des Angebots des Zentrums für Sprachen und Schlüsselkompetenzen (Zessko), dass weit über das Semester hinaus reicht. Während der Vorphase lernen die Studierenden die verschiedenen Standorte,  aber auch (und vielleicht viel wichtiger) den für das Studium erforderlichen Wortschatz kennen. Wer nicht weiß, wie man auf Deutsch „subtrahieren“ oder „addieren“ sagt, kann kaum in einer Mathematikvorlesung sitzen. Die Gruppen sind sehr klein, meistens umfassen sie zwischen sieben und zwölf Student_innen. Dazu kann man in dieser Zeit drei Leistungspunkte für die Schlüsselkompetenzen erwerben, wenn man es in den fünf Intensivwochen schafft, eine Facharbeit zu schreiben.

Frau Dr. Helbig bedauert aber, dass nur wenige ausländische Studierende die Angebote der Vorphase wahrnehmen. Es gäbe viel mehr Student_innen, für die dieses Programm eine große Hilfe wäre, allerdings weiß der oder die Student_in nur  wenigen Fällen kurzfristig Bescheid, dass es überhaupt einer Vorphase gibt. Mit der Zulassung wird eine Einladung zu dem Programm geschickt. Dies wird von vielen nicht wahrgenommen, da sie sich zum Beispiel teilweise noch in ihren Heimatländern aufhalten.

Alina Rimmer aus Russland, Sarah Hollis aus den USA und Egbal Rezayi aus dem Iran sind dieses Jahr dabei. Alle drei haben schon in ihren Heimatländern ein Studium abgeschlossen. Allerdings wollen sie in unserer Universität einen Bachelor anfangen. Für Alina wird es in der Richtung der Patholinguistik sein, Sarah Biologie und Egbal Englisch und Ethik auf Lehramt. Warum sie in Deutschland und besonders in Potsdam studieren wollten, könnte unterschiedlicher nicht sein. Alina kam vor einigen Jahren nach Deutschland und wurde von der Ausländerbehörde als Migrantin in Potsdam angemeldet, deshalb bewarb sie sich auch hier. Sarah folgte ihrem Herz und kam nach Berlin. Das Studium in Potsdam bot sich an, weil es viel günstiger ist als in den USA – nämlich kostenlos. Dazu hat die Universität einen guten Ruf. Egbal hat im Iran schon als Lehrer gearbeitet und zehn Jahre lang Geld gespart, um sich ein Studium in Europa leisten zu können, welches nicht vom Staat bzw. der Religion kontrolliert wird.

Für alle drei ist die Vorphase eine gute Sache. Sie wissen es zu schätzen, lernen zu können, wie eine Hausarbeit aussieht oder wie man auf Deutsch ein Referat hält. Die Kurse frischen die Kenntnisse auf (wie der Mathematik-Kurs), helfen den Studierenden aber auch Deutsch zu reden, am Studium teilzunehmen oder sich einfach nur zu trauen, irgendetwas zu sagen. Wenn man in der Vorphase sitzt, hat man kaum Angst, Fehler zu machen, da alle hier selbst Ausländer_innen sind.

Wovor man als Ausländer_in im Erstsemester Angst hat, ist zunächst, dass man sicherlich weniger partizipieren wird, wenn man in einem Seminarraum mit Deutschen sitzen wird. Die Dozent_innen und Kommiliton_innen reden schnell, man muss fix reagieren, um sich melden zu können oder vielleicht wird man einfach eine schlechte Note bekommen, weil man nicht alles verstanden hat. Diese Ängste verschwinden aber nach und nach. Die organisatorischen Sachen wie der Studienplan oder PULS usw. sind für alle Erstis und selbst für Nicht-Erstis ziemlich kompliziert. Dafür sind aber (zum Glück) viele Ansprechpartner_innen da. Als Ausländer_in akzeptiert man, dass einem das Studium schwerer fällt als Einheimischen. Was die Universität Potsdam von anderen deutschen Universitäten unterscheidet, ist die besondere Bereitschaft der Dozenten, einem zu helfen. Auch das Akademische Auslandsamt (AAA) steht den Student_innen hilfsbereit und unglaublich nett zur Seite. Sicher ist, dass, wenn Probleme auftauchen, man sofort Hilfe bekommen kann. Unter den ausländischen Student_-innen ist deshalb eines klar: Die Universität Potsdam lohnt sich.

Mehr Infos zur Vorphase unter: uni-potsdam.de/zessko

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