In diesem Teil unserer Serie stellen wir euch erneut interessante Menschen vor, die es aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt – ob nah, ob fern – für ein Studium an die Universität Potsdam gelockt hat. Diesmal: Elaine aus Dartmoor / Plymouth. Von Nathalie Wiechers
Es ist ein nasskalter winterlicher Januarnachmittag, typisch für diese Jahreszeit strahlen anstatt einem satten Himmelblau am Potsdamer Horizont, lediglich die zahlreichen Facetten dezenter Graunuancen. Die Menschen sind weit entfernt von Stimmungen, die man mit Frühlingsgefühlen kategorisieren könnte, und ziehen sich lieber in die zahlreichen Cafés des Holländerviertels zurück. In diesem, auf Grund der Witterungsbedingungen recht kargen Umfeld sitzt Elaine ruhig bei einer Tasse Tee.
Elaine kam im letzten Oktober im Rahmen des Erasmusprogramms für ein Auslandsjahr von der Plymouth University an die Uni Potsdam. Sie will im Rahmen ihres Studiums der ‚Modern Languages’ ihr Deutsch verbessern und das Land kennenlernen. Ihr eigentlicher Wohnort ist die Gegend Dartmoor im Süd-Westen Großbritanniens, eine etwa 650km² große Hügellandschaft in der englischen Grafschaft Devon. Bekannt ist jenes Gebiet vor allem für die zahlreichen prähistorischen Funde, die Dartmoorponys und die durch Heide und unzählige Moore geprägte Landschaft. In der Literatur wird jenes Gebiet als düster und Geheimnis umwobener Ort häufig Szenario für spannende Krimis á la Sherlock Holmes. In der Realität ist das Gebiet vor allem Nationalpark und das Heim zahlreicher Rinder und Schafe.
Für Elaine ist also klar: „Potsdam ist ideal, denn es ist nicht zu groß und umgeben von großen Grünflächen, die zum Spazieren und Fahrradfahren einladen.“ Auch böten die zahlreichen Sehenswürdigkeiten in Potsdam und die Nähe zu Berlin eine wunderbare Atmosphäre, die gerade im kulturellen Bereich, was Theater und Konzerte angehe, besonders überzeuge.Die sonst auf dem Land mit zahlreichen Tieren lebende Studentin genießt es, dank weniger Verantwortlichkeiten für Schafe und Pferde, mehr Zeit für sich selbst zu haben, und könne sich so auch darauf konzentrieren, das „Beste aus den hier erlebten Erfahrungen herauszuholen“.
Obwohl die Universität Potsdam eine sehr junge sei, vermittle gerade der Standort Neues Palais eine äußerst positive Stimmung. Es sei ein angesehener, ehrwürdiger, akademischer Lehrstandort, der zumindest vom Gefühl und rein optischen Gesichtspunkten her den traditionellen Universitäten in Großbritannien in Nichts nachstehe, so Elaine. „Das Einzige, was es zu kritisieren gibt, ist die Tatsache, dass es eine bei einer so großen Studierendenzahl nicht ausreichende Zahl an Druckern und PCs in der ZEIK gibt.“
Zu den Protesten in London und dem ganzen Vereinigten Königreich im vergangenen Dezember, bei denen Studierende gegen die Verdreifachung der Studiengebühren von etwa 3.000 Pfund auf 9.000 Pfund aufbegehrten, äußert die gebürtige Britin, dass sie jene Sorgen der Studierenden, nach dem Studium erst einmal auf einem großen Schuldenhaufen zu sitzen, verstehe. Jedoch verweist sie darauf, dass es Wege gibt, das Studium zu finanzieren und dass jene Entwicklung eindeutig der schlechten Wirtschafts- und Haushaltslage zuzuschreiben ist. „Bildung“, so Elaine, „ sei immer jeden einzelnen Cent wert.“ Trotz der Haushaltslage kann sie die Kritik an der teuren Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton nicht teilen. Sie würde dem lediglich entgegnen, dass dieses Ereignis wohl deutlich mehr in die Kassen von Souvenirverkäufer_innen, Taxifahrer_innen und Hotelbesitzer_innen spülen wird, als es den Staat überhaupt kosten kann. Die Erasmusstudierende unterscheidet sich doch auf eine gewisse Art von den meisten Studierenden, die einen Austausch nach Potsdam machen.
Die Britin ergreift nach der Beendigung ihrer Karriere im öffentlichen Dienst in England die Chance, als Spätstudierende noch einmal die Universitätsbänke zu drücken. Diese Möglichkeit sei ihr als sie jünger war, verwehrt geblieben. Sie nutzte ihre „once in a lifetime opportunity“, im Rahmen des Erasmusprogramms am Austausch teilzunehmen. Die Menschen an der Uni begegnen ihr stets freundlich und hilfsbereit, auch wenn sie manchmal irrtümlicherweise für die Dozentin gehalten werde und nicht für eine Studierende, doch dies mache ihr rein gar nichts aus.
Fragt man die stets höfliche und freundliche Frau, ob das, was sie in Deutschland und Potsdam erwartet habe, auch so gekommen sei, schmunzelt sie sanft und spricht davon, dass sie nur einige wenige Dinge überrascht haben. So sei sie immer überzeugt gewesen, dass die Deutschen stets pünktlich seien. Doch dies habe sich gleich in den ersten Wochen als eine Fehleinschätzung herausgestellt.
Auch sieht sie keinen großen Unterschied zwischen Engländern und Deutschen, da jene die gleichen Werte und Vorstellungen teilen. Sie betont, dass man häufig vergisst, dass gerade diese Kulturen historisch und auch in ihren Identitäten eng verknüpft sind. So prophezeit sie auch, dass durch die fortschreitende Globalisierung die Welt näher zusammenrückt und jene Unterschiede, die beide Nationen trennen, auf ein Minimum schrumpfen. Und so beenden wir das Gespräch, Tee trinkend – natürlich mit Milch.