Pannen bei AStA und Wahlausschuss: Urabstimmung droht die Ungültigkeit

Parallel zu den Wahlen zu Studierendenparlament, Senat und den Fakultätsräten soll diese Woche auch eine Urabstimmung unter den Studierenden durchgeführt werden – so hat es sich zumindest der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) vorgestellt. Doch dem AStA und dem zuständigen Studentischen Wahlausschuss (StWa) sind anscheinend erhebliche Fehler unterlaufen: Einen Antrag des AStAs liege dem StWe nicht vor, und Einladung und Beteiligung der Studierendenschaft könnten satzungswidrig durchgeführt worden sein. Nun droht der Urabstimmung die rechtliche Anfechtbarkeit – und damit letztlich ihre Ungültigkeit. Von Denis Newiak.

Was ist eine Urabstimmung?

Wenn es um wirklich wichtige Entscheidungen oder Positionierungen der Studierendenschaft geht oder der AStA seine Planungen durch die Wählerschaft gesondert legitimieren lassen will, werden die Studis zur direkten Abstimmung gebeten: Im Rahmen der Urabstimmung können die Studierenden – ähnlich wie bei einem Volksentscheid auf Länderebene – unmittelbar über einen Vorschlag mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ abstimmen. So wurde beispielsweise im Jahr 2011 über den neuen Semesterticketvertrag abgestimmt, und somit über ein Volumen von knapp drei Millionen Euro, die die Studis der Uni Potsdam jährlich an die Verkehrsbetriebe überweisen. Urabstimmungen können dabei laut Satzung der Studierendenschaft nicht nur vom AStA, sondern auch von den Fachschaften, dem Studierendenparlament und auch „auf Verlangen von mindestens drei Prozent der Mitglieder der Studierendenschaft“ durchgeführt werden.

Worüber soll diese Woche abgestimmt werden?

Eine solche Urabstimmung wollte der AStA nach Beschluss vom 21. Mai beim Studentischen Wahlausschuss beantragen: Die Studierenden sollen in dieser Woche darüber votieren, ob sie dem „Plan“ des AStAs zum kontinuierlichen Abbau der inzwischen enorm angeschwollenen Rücklagen zustimmen oder nicht. Der Landesrechnungshof als auch schließlich die Universitätsleitung fordern die Studierendenschaft regelmäßig zur Senkung ihrer angehäuften finanziellen Rücklagen auf – oder wollen die Kürzung des semesterweise zu entrichtenden Beitrags erzwingen. So sah sich der AStA nun gezwungen, ein Gegenkonzept vorzulegen und seinen Willen zur Mittelverwendung zu beschwören: Innerhalb von vier Jahren sollen „über 200.000 Euro aus den Rücklagen für politische Bildung, Sportförderung, Kultur und die Verstärkung des Beratungsangebotes“ verwendet werden – konkrete Projekte mit entsprechendem finanziellem Umfang werden aber nicht genannt und wurden auch im Laufe der letzten Legislaturperiode nicht zustande gebracht. Auch ob die ins Gespräch gebrachte umfangreichere Förderung des Hochschulsports zustande kommen wird, ist unklar.

Wie läuft die Vorbereitung der Urabstimmung ab?

Da es bei Urabstimmungen zu weitreichenden Entscheidungen für alle Studis kommen kann, sieht die Satzung der Studierendenschaft ein klar geregeltes Verfahren vor: So muss zunächst die Studierendenschaft durch eine Bekanntmachung über den Antrag informiert werden, damit Fragen und Ergänzungen vorgebracht werden können, sieben Tage haben dafür dann die Studierenden laut Satzung Zeit. Erst wenn die Änderungswünsche berücksichtigt wurden oder ein weiterer, abweichender Antrag formuliert ist, schreitet die Studierendenschaft zur Abstimmung.

Da die Frist von sieben Tagen für die Beteiligung der Studierendenschaft recht knapp bemessen ist, ist es umso wichtiger, dass alle Studierenden rechtzeitig und wahrnehmbar über die geplante Urabstimmung informiert werden. Innerhalb der Hochschulpolitik und auch unter den Verantwortlichen im Studentischen Wahlausschuss sind nun Zweifel laut geworden, ob die Einladung auch ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgte – und sogar ob der AStA überhaupt korrekt die Urabstimmung beim Studentischen Wahlausschuss beantragt hat.

Wurde die Studierendenschaft ordnungsgemäß über die geplante Urabstimmung informiert und an ihr beteiligt?

Dem AStA zufolge sei die Studierendenschaft korrekt über die anstehende Urabstimmung informiert worden: In der Einladung zur zurückliegenden Vollversammlung vom 12. Juni durch das Präsidium des Studierendenparlaments über die universitätsweite „Student-list“ findet sich unter anderem ein Tagesordnungspunkt „Vorstellung und Diskussion des Urabstimmungsantrags ‚Studentisches Leben stärken – Studienendenschaft erhalten!‘“. Doch ob dieser knappe Hinweis wirklich als Einladung gedeutet werden kann und ob er überhaupt die Studierendenschaft merklich erreichte, ist mehr als zweifelhaft: An der „Vollversammlung“ nahmen nur vierzig Studierende teil – nicht einmal zwei Promille der gesamten Studierendenschaft. Auch hat die Einladung zur Vollversammlung formal nichts mit der Einladung zur Urabstimmung zu tun: In der Regel werden die Studierenden gesondert vom zuständigen Studentischen Wahlausschuss per E-Mail über eine geplante Urabstimmung informiert – das war hier nicht geschehen, obwohl es die einzige Möglichkeit ist, möglichst alle Studierenden gleichermaßen zu erreichen. Auch der Hinweis auf die Urabstimmung im kürzlich herausgegeben Informationsheft „Stupa Wahlen – Wählen statt meckern“ des Studentischen Wahlausschusses und auf der Website des AStAs dürfte nur eine Minderheit der Studierendenschaft erreicht haben.

Selbst die Vorsitzende des Studentischen Wahlausschusses, Lisa Hartke, konnte der „speakUP“ bis Redaktionsschluss nicht bestätigen, dass tatsächlich eine ordnungsgemäße Einladung erfolgte. Das Gremium, welches Benjamin Stahl, ehemaliges Mitglied der Liberalen Hochschulgruppe Potsdam, stellvertretend vertreten wird, wolle nun das „laufende Verfahren“ intern prüfen und in den kommenden Tagen eine Stellungnahme veröffentlichen.

Es wäre damit nicht der erste Patzer des Studentischen Wahlausschusses: Erst kürzlich musste die Auslosung der Listenpositionen zur Wahl zum Studierendenparlament wiederholt werden, weil nach Verfahrensfehlern die Gefahr bestand, die Wahl könnte als ungültig angefochten werden. Ein ähnlicher „GAU“ droht nun für die Durchführung der Urabstimmung.

Hat der AStA die Urabstimmung überhaupt korrekt beim Studentischen Wahlausschuss beantragt?

Selbst wenn es eine korrekte Einladung und Beteiligungsphase gegeben hätte – was höchst zweifelhaft bleibt –, stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage eigentlich eingeladen worden wäre. Denn laut Lisa Hartke wisse der Studentische Wahlausschuss zwar von dem internen Beschluss des AStAs, eine Urabstimmung durchführen lassen zu wollen, doch sei bisher kein formeller Antrag des AStAs auf die Durchführung einer Urabstimmung beim Studentischen Wahlausschuss eingegangen. Genau das fordert aber die Satzung der Studierendenschaft. Auch der AStA konnte der „speakUP“ gegenüber nicht angeben, wann genau der Antrag beim Studentischen Wahlausschuss eingereicht wurde. Somit ist auch fraglich, auf welcher Rechtsgrundlage die Informationen des AStAs im „Wählen statt meckern“-Heft abgedruckt wurden – und ob die von Dienstag bis Donnerstag stattfindende Urabstimmung selbst noch Sinn ergibt.

Was sind die Folgen der Pannen in AStA und StWa?

„Die Studierenden wurden weder korrekt über die Planungen einer Urabstimmung informiert, noch konnten sie sich zum Vorschlag angemessen äußern. Dabei wäre das gerade bei dem Antrag in der vorliegenden Form sicherlich zu erwarten und auch geboten gewesen. Meines Erachtens kann die Urabstimmung daher nicht als rechtlich bindend betrachtet werden, sollte sie jetzt überhaupt noch durchgeführt werden“, meint Jonathan Metz, ehemaliges Mitglied der Grün-Alternativen Liste und ehemaliger AStA-Verkehrsreferat, der den Studentischen Wahlausschuss auf das Problem hingewiesen haben will. Bestätigt sich diese Auffassung, würde die Durchführung der Urabstimmung zur Farce werden.

Nun sind der AStA als auch der Studentische Wahlausschuss am Zuge, die Zweifel entweder wirksam auszuräumen oder, falls iihnen das nicht gelingen sollte, die Urabstimmung zu einem späteren Zeitpunkt ordnungsgemäß zu beantragen bzw. durchzuführen. Ob die Urabstimmung dann aber zu einem anderen Zeitpunkt bindend sein würde, ist ebenso ungewiss: Aus gutem Grund fallen Urabstimmungen und Wahlen oft zusammen, da sich so die Beteiligung an den Abstimmungen erhöht (ähnlich wie Europawahlen häufig am gleichen Tag wie Bundes-, Landtags- der Kommunalwahlen durchgeführt werden). Fällt dieser „Mitnahmeeffekt“ weg, könnte das geforderte Beteiligungsquorum von zehn Prozent unterschritten werden – und es gäbe wieder keinen rechtskräftigen Beschluss. Die Zielsetzung des AStAs einer „möglichst großen Partizipation“ der Studierendenschaft wäre damit klar gescheitert.

Ergänzung vom 19. Juni 2013:

Der AStA reichte der Studierendenzeitschrift „speakUP“ am Mittwoch die Information nach, dass der Antrag auf Durchführung der Urabstimmung doch „form- und fristgemäß per E-mail an den Studentischen Wahlausschuss (StWA), konkret Benjamin Stahl, gerichtet“ worden sei, was am 22. Mai von diesem bestätigt worden sei. Auch der StWa bestätigte nachträglich den Eingang des Antrags gegenüber der „speakUP“. Erst am 30. Mai sei dann „die Vervollständigung des Antrages“ beim Studentischen Wahlausschuss eingegangen, welcher dem AStA zufolge auch erst „mit diesem Datum von einer Auslösung der Frist ausgegangen“ sei. Eine Veröffentlichung der Sache sei in Form einer „E-mail über die jeder Studierenden zugänglich[en] email-Lisie des Studierendenparlamentes“ vom 31. Mai erfolgt. Tatsächlich wird die Mailingliste fast ausschließlich von Angehörigen des Studierendenparlaments und des AStAs genutzt, nur einige Dutzend Personen abonnieren die Liste. Letztlich machte wohl nicht zufällig auch nur das Studierendenparlament selbst von der Möglichkeit der Beteiligung Gebrauch: So habe das Studierendenparlament am 4. Juni die „Fragestellung“ des Antrags „im Einvernehmen mit dem Antragsteller“ in die gedruckte Fassung verändert und kleinere textliche Änderungen vorgenommen. Das Wahlheft sei dann in einer Auflage von 7.000 Exemplaren am 5. Juni erschienen, also zwei Wochen nach Eingang des unvollständigen Antrags zur Urabstimmung durch den AStA. Wie es dem Studentischen Wahlausschuss aber gelungen war, die beschlossene Änderung vom 4. Juni in das Heft einzuarbeiten und es über Nacht in der genannten Auflage zu drucken, blieb zunächst unklar.

Die vollständige Stellungnahme des AStAs ist hier abrufbar.

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