PULS gilt als die Plattform der Leistungserfassung an der Universität Potsdam. Dennoch gibt es Studis, die noch von Tür zu Tür laufen, um Papierscheine zu sammeln. Wir haben uns gefragt, was an den Vorwürfen dran ist, dass PULS ein notenschluckendes schwarzes Loch sei und wieso es noch keine vollständige Standardisierung in Sachen Leistungserfassung gibt. Und haben einen Verfechter der Leistungsscheine, Prof. Dr. Köstler, und die Dezernentin für Studienangelegenheiten, Frau Dr. Bieber, dazu befragt. Von Sarah Melke
Alt bewährt?
Viele kennen sie und so wirklich beliebt sind sie bei Studierenden nicht. Dennoch haben Leistungsscheine einen klaren Vorteil gegenüber ihrem virtuellen Konkurrenten: Wenn man sich die Unterschrift der Dozierenden abholt, hat man sowohl die Möglichkeit, nochmal mit ihnen persönlich über die Benotung zu sprechen, als auch einen handfesten Beweis über die Erbringung der Leistung. Man heftet den Schein daheim in ein „Studienbuch“ und braucht sich über die Richtigkeit keine Gedanken mehr zu machen. Das Aufschieben der persönlichen Abholung kann jedoch auch zu Problemen führen. So können Lehrnede, bei denen man Kurse absolviert hat, die Uni bereits verlassen haben oder sich zeitweise im Ausland aufhalten. Ist dies der Fall und liegt der Schein nicht bei den zuständigen Sekretär_innen, muss man diesen entweder per Post an die entsprechenden Dozierenden verschicken oder den Kurs sogar bei einer anderen Lehrkraft wiederholen. Besonders ärgerlich wird es, wenn man geglaubt hatte, das letzte Semester bereits vollendet zu haben!
Wie kann PULS da helfen?
PULS ist eine Plattform, die den Studierenden die Abholung ihrer Bewertung abnimmt, indem die Lehrenden die in eine Liste eingetragene Note an das für die Eintragung zuständige Prüfungsamt weiterleiten. Hat das Amt die Noten für alle Studierenden manuell eingetragen, können sie sie in ihrem persönlichen PULS-Account abrufen. Da alle Noten der mit PULS arbeitenden Institute/Studiengänge dort eingetragen werden, kann das zwar eine Weile dauern. Dafür hat man allerdings am Ende eine ordentlich aufgeführte Liste und kann genau sehen wann, bei wem und wie man einen Kurs absolviert hat. Eigentlich eine sehr praktische und für die Studis unkomplizierte Variante, wenn man bedenkt, dass keine Klinken geputzt werden müssen.
Zudem ist PULS „weit mehr als nur die Ansicht der Noten“, findet Dr. Bieber, Dezernentin für Studienangelegenheiten. „Mit PULS kann man sich zu Beginn des Semesters für Kurse eintragen, Abschlussdokumente werden darüber erstellt und man kann sich jederzeit den aktuellen Studienverlauf oder eine Studienbescheinigung ausdrucken.“ Wichtig sei jedoch zu erwähnen, dass PULS lediglich die Plattform sei, die das Ganze visualisiert und für die Studierenden zugänglich macht. Das eigentliche System laufe im Hintergrund.
Wieso gibt es noch Studiengänge mit Leistungsscheinen?
Wir haben uns mit Prof. Dr. Köstler unterhalten, einem Vertreter des Instituts für Künste und Medien und Verfechter der Leistungsscheine. Er verriet uns, dass er neben der durchaus positiven Übersichtlichkeit, die PULS zu bieten habe, auch erhebliche Probleme mit der Plattform sehe. „PULS ist wie Big Brother! Es ist wie eine Übermacht, die einem die Kontrolle verwehrt“. Das System sei mittlerweile weit mehr als eine Plattform. Denn passiere ein Fehler innerhalb des Programms, hätten die Dozierenden keinerlei Möglichkeit, diesen zu beheben. Noten würden falsch eingetragen oder gar verschwinden. Es gäbe Probleme, falls das System einmal abstürzt, weil dann kein Nachweis über die Erbringung der Leistungen mehr bestünde.
Im heutigen Zeitalter sei es natürlich sinnvoll, auf eine computergestützte Erfassung zurückzugreifen. Jedoch nicht, wenn es sich, wie bei PULS, um eine Art schwarzes Loch handele, von dem niemand genau wüsste, wie es funktioniert. PULS sei schlicht unberechenbar und nehme vorallem den Dozierenden jegliche Kontrolle über die endgültige Benotung der Student_innen. Sind die Noten erstmal aus der Hand, so verschwänden sie in PULS und kämen oftmals komplett verändert wieder heraus. Er fügt jedoch auch hinzu, dass es besonders für die Institute schwer sei, sich gegen die Software zu wehren, da eine Standardisierung bereits seit Längerem von ihnen gefordert worden sei.
Ist PULS also tatsächlich ein schwarzes Loch?
„Sicherlich nicht, PULS verschluckt keine Noten“, so Dr. Bieber. Fehler, die in der persönlichen Notenliste erschienen, wären aufgrund der manuellen Eintragung, die durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter erfolge, menschlich und könnten sofort behoben werden, sofern das Amt davon in Kenntnis gesetzt würde. Zudem hätten die Dozierenden zehn Wochen Zeit, um auf direktem Wege Änderungen vorzunehmen. Wäre dieser Zeitraum überschritten, würde auch das nicht bedeuten, dass die Studierenden auf den eingetragenen Noten sitzen bleiben. Es wäre lediglich eine genauere Überprüfung notwendig. Geändert werden könne die Note dennoch. Natürlich sei jedoch die Mitwirkung der Studierenden gefragt, die dem Prüfungsamt im Falle eines Fehlers Rückmeldung geben. Ohne diese könnte auch das Prüfungsamt nichts tun: „Wir kennen die Noten der Studierenden nicht. Sie müssen es uns sagen, wenn etwas nicht oder falsch eingetragen wurde“.
Und was passiert im Falle eines Systemabsturzes? „Wir haben unsere Sicherung. Es gehen keine Noten verloren. Auch nicht, wenn das ganze System zusammenbrechen sollte. Wir haben sogar wesentlich mehr gespeichert als die Studierenden über PULS sehen. Denn haben sie beispielsweise bereits einen Studienwechsel hinter sich und wollen noch einmal Einsicht in die dort erbrachten Leistungen gewinnen, können wir auch das gewähren. Es liegt alles sicher auf unseren Servern.“
Weshalb ist PULS noch kein Standard?
Dies sei durchaus geplant, so Dr. Bieber. Es fehle lediglich noch das Institut für Künste und Medien. Das Problem hierbei sei, dass der Studiengang Europäische Medienwissenschaften in Kooperation mit der FH stehe und diese eine andere Prüfungsverwaltung habe. An sich sei es jedoch das Ziel, alle Studiengänge auf PULS umzustellen, damit in möglichst naher Zukunft alle Studis der Uni Potsdam hierüber ihre Noten abrufen und sich zu Kursen anmelden können.
Wir haben die Plattform PULS nun im Zuge der Recherchen von zwei Seiten betrachtet. Die Seite der Scheine-Verfechter_innen, die auf eine sichere und handfeste Dokumentation setzen und die Seite derer, die ihr Vertrauen einem System schenken, das unter den Studierenden umstritten, aber eventuell auch einfach missverstanden ist. Es scheint, als sei es einfach der PULS der Zeit, dass sich eine Plattform zur Leistungserfassung an der Uni Potsdam durchsetzt und das Zeitalter der Leistungsscheine nach und nach beendet.