Jeder Sechste wechselt sein Studienfach: Potsdamer Fristen, Tipps und Vorteile im neuen Wintersemester

Deutsch anstatt Mathematik? Anglistik anstatt Französische Philologie? Viele Studierende zweifeln an ihrem Studienfach und wollen wechseln. Was es dabei zu beachten gibt und welchen Heimvorteil die Universität Potsdam in diesem Jahr bietet, hat die speakUP-Redaktion zusammengefasst. Von Katharina Golze.

Ungefähr jede_r sechste Student_in hat seit Studienbeginn seinen Studiengang gewechselt – das besagt die aktuellste Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes, welche in Kooperation mit dem HIS-Institut für Hochschulforschung 2012 veröffentlicht wurde. Wer also derzeit an seinem Studium zweifelt, ist nicht allein. Das zeigt auch die Zahl der interessierten Studienfachwechsler_innen in Potsdam: Am Montag, 15. Mai, veranstaltete die Zentrale Studienberatung zum zweiten Mal in diesem Semester eine Informationsveranstaltung zum Studienfachwechsel, etwa 60 Studierende waren dort.

Die speakUP war vor Ort, um eure Fragen zu klären – aber auch diejenigen, die den Termin verpasst haben, müssen nicht bangen. „Diese Veranstaltung kann kein Beratungsgespräch ersetzen, denn jeder Fachwechsel ist ganz individuell und ganz anders“, sagt Referentin Dr. Marlies Reschke und verwies auf die Sprechzeiten der Zentralen Studienberatung sowie auf die Studienfachberater_innen des jeweiligen Studienganges.

Ist der Fachwechsel die Lösung des Problems?

Doch bevor man seinen Wechsel beginnt zu planen, solle man sich erst einmal fragen: Führt der Wechsel zur Lösung des Problems? Denn nicht jede_r findet Gefallen an dem Hochschulalltag mit Textlektüre und Hausarbeiten – vielleicht ist auch eine berufspraktische Ausbildung eine gute Alternative, oder eine Auszeit als Freiwilliges Soziales Jahr oder mittels Praktika, um eine bessere Berufsvorstellung zu bekommen und um zu wissen, wie man in der Zukunft leben möchte.

Marlies Reschke rät, sich bei Freund_innen und Familie Unterstützung zu suchen – eine Meinung von einem Außenstehenden kann manchmal den Blick klären. „Bei Unsicherheit, ob man überhaupt wechseln sollte, hilft auch die Zentrale Studienberatung“, empfiehlt die Studienberaterin.

Beim Wechsel ins Höhere Fachsemester bleibt der NC unberücksichtigt

Wer sich bereits für einen Wechsel entschieden hat, für den gibt es allerdings leider keine Universallösung. Jeder Wechsel und dessen Verfahren hängen stark vom Herkunfts- und Zielfach ab und ob man in derselben Fachrichtung bliebt. Generell kann man sagen, wer in der gleichen Fachrichtung, beispielsweise in den Sozialwissenschaften, bleibt, sollte die Studienordnungen vergleichen. Gibt es Überschneidungen und wurden bereits Leistungen erbracht, muss ein Antrag auf Einstufung und ein Anerkennungsantrag für das Zielfach eingereicht werden. Der Prüfungsausschuss des Zielfaches entscheidet dann anhand der erbrachten Leistungen, ob man in ein Höheres Fachsemester eingestuft wird, oder ob man im ersten Semester anfangen muss.

Im Wintersemester 2017/18 und im Sommersemester 2018 gibt es eine Sonderregelung bezüglich des Höheren Fachsemesters: Wer in ein Höheres Fachsemester nach Zustimmung des Prüfungsausschusses wechseln kann, umgeht den Numerus Clausus (NC) für zulassungsbeschränkte Fächer. Hier muss lediglich ein Antrag auf Wechsel des Studienfaches gestellt werden. Möchte man also beispielsweise von der NC-freien Chemie zum zulassungsbeschränkten Studiengang Biowissenschaften wechseln und wird man dank ähnlicher Kursen wie Anorganische Experimentalchemie ins Höhere Fachsemester gestuft, bleibt der NC außen vor. Die einzigen Ausnahmen bilden die Studiengänge Politik, Verwaltung und Organisation; BWL; Rechtswissenschaft sowie Psychologie.

Fristen nicht vergessen!

Bei zulassungsfreien Zielfächern muss der Antrag auf Wechsel des Studienganges im Rückmeldezeitraum zwischen dem 15. Juni und 15. Juli gestellt werden. Fängt man ein fachfremdes Zweitstudium an oder wird man ins erste Fachsemester eingestuft, muss man sich wie zum Erststudium bis zum 15. Juli via Online-Portal bewerben. Marlies Reschke sagt aber ganz klar: „Potsdamer Studierende haben keinen Heimvorteil. Sie kämpfen genauso um einen Platz wie jemand aus der Schule.“

Sobald die Zulassung zum neuen Studiengang geklappt hat, heißt es: „Arbeiten Sie zügig“. Anerkennungsanträge sollten schnellst möglich zum Prüfungsamt, damit die Leistungsanerkennungen vom alten Fach zum neuen Wintersemester in PULS übertragen sind und man auch unabhängig Aufbaukurse wählen kann, rät Marlies Reschke. Bei Studiengängen mit Eignungsprüfungen gibt es auch dort Termine: Die Sporteignungsprüfung war bereits am 20. Mai;  die Englischprüfung findet am 27. Mai statt (manchmal gilt alternativ die Englisch-Abiturnote); die Musikprüfung für Sekundarstufe I und II ist am 23./24. Juni und für die Primarstufe am 30. Juni.

Eine Wechslerin berichtet: Alles halb so wild

Dass die Formalien erst einmal komplizierter als in der Umsetzung klingen, weiß Lehramtsstudentin Isabel. Sie hat zum Wintersemester 2015 Mathematik gegen Sport ausgetauscht: „Ich bin gewechselt, weil mir Mathe kein Spaß mehr gemacht hat und ich gemerkt habe, dass es nicht das ist, was ich gern unterrichten würde. Sport liegt mir aufgrund meiner vorherigen Laufbahn im Leistungssport besser.“ Doch das Lehrer sein und Unterrichten wollte sie dafür nicht aufgeben, also hat sie nur ein Fach gewechselt. Chemie und Bildungswissenschaften studiert sie weiterhin, mittlerweile im sechsten Semester.

Die 22-Jährige erinnert sich zudem positiv an ihren Studienfachwechsel: „Es war relativ einfach. Ich wusste, welches Fach ich gern machen wollte. Dann bin ich zur Studienberatung gegangen und habe mich informiert, wie der Wechsel abläuft.“  Für die Sporteignungsprüfung wurde sie auf die Website des Hochschulsports verwiesen und bestand die Prüfung erfolgreich. „Dann habe ich mich wie beim ersten Mal über das Bewerberverfahren angemeldet. Ich musste aber angeben, dass ich bereits schon ein Fach im Höheren Semester studiere“, berichtete sie.

Damals hatte sie sich auch an anderen Universitäten in Berlin informiert – resümiert allerdings, dass der Wechsel an der Heimatuniversität am unkompliziertesten ist. Man kennt seine Ansprechpartner_innen, muss keine Unterlagen wie das Abiturzeugnis nachreichen, da dieses bereits unter der Martikelnummer abgelegt ist. Und ihre Leistungen aus Bildungswissenschaften und Chemie mussten nicht extra anerkannt werden. „Ich finde die Zentrale Studienberatung echt gut, denn sie helfen einem und geben schnell Antworten.“

Ist die Mathematik wirklich so unbeliebt?

In Isabels erstem Studienjahr haben viele wie sie ihr Mathematikstudium abgebrochen oder gewechselt: „In meinem Jahrgang kenne ich zum Beispiel sieben Personen, die von einer Naturwissenschaft zu Sport gewechselt sind, und die Hälfte kam von Mathe.“ Dabei kommen die meisten Wechlser_innen laut der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes nicht aus den Mathematik/ Naturwissenschaften.

Spitzenreiter sind die Sprach- und Kulturwissenschaften, hier wechselt jeder Vierte. Allerdings bleiben von diesen 55 Prozent in der Fächergruppe – also wechseln zum Beispiel nur die Sprache. Bei den Mathematik/ Naturwissenschaften wechseln lediglich 16 Prozent, von diesen bleibt aber nur jeder Dritte in diesem Fachbereich. Stattdessen kommen die restlichen vermehrt in den Sprach-, Kultur- und Sozialwissenschaften unter. Insgesamt entscheiden sich mehr als die Hälfte (56 Prozent) für ein Fach außerhalb der bisherigen Fächergruppe.

Hinweise für Fachwechsler_innen

Die Studie zeigt, dass Zweifeln und Wechseln durchaus nicht selten sind. Ein Fachwechsel ist nicht schlimm – solange man seine Entscheidung bei zukünftigen Arbeitgeber_innen und vor Familie und Freund_innen gut begründen kann, haben diese meist Verständnis. Schließlich stellt man im Studium die Weichen für das zukünftige berufliche Leben und damit sollte man glücklich sein. Abschließend sind hier noch einige hilfreiche Hinweise zusammengefasst:

  • Bei der Bewerbung um Höhere Fachsemester, die zulassungsbeschränkt sind, gilt die Durchschnittsnote des bisherigen Studiums. Diese kann man sich im Zentralen Prüfungsamt berechnen lassen. Vergisst man diese Formalie, fällt man nicht gleich aus dem Bewerbungsverfahren, wird allerdings mit der schlechtesten Note 4,5 bewertet.
  • Sollte man trotzdem die Rückmeldegebühr bezahlen, auch wenn man vielleicht abgelehnt wird aber auch nicht sein Erststudium fortsetzen will? Marlies Reschke rät zu einer verzögerten Rückmeldung. Mit einem Aufschlag von 10,23 Euro kann man sich bis zum 31. August zurückmelden, bis dahin hat man bereits die Zu- oder Abgabe von den zulassungsbeschränkten Studiengängen.
  • Einstufungsverträge sollte man stets persönlich beim Prüfungsamt abgeben, auch wenn der Prüfungsausschuss des Faches anbietet, den Vertrag weiterzuleiten. Der elektronische Briefkasten des Dezernats für Studienangelegenheiten hat sogar bis Mitternacht geöffnet.
  • Wenn der Abschluss identisch bleibt, zum Beispiel Bachelor of Education mit Lehramt Sekundarstufe I und II, bleibt das Fach, das nicht verändert wird, unangetastet. Bewirbt man sich allerdings auf eine Kombination mit einem NC-freien und einem NC-Fach wird nach dem NC geschaut.
  • Wer bei einem Zwei-Fach-Bachelor einfach nur Erst- und Zweitfach gegeneinander tauschen will, stellt einen Antrag auf Wechsel des Studienganges innerhalb des Rückmeldezeitraums. Sollten nach dieser Umbuchung Leistungspunkte auf PULS verschwinden, die noch angerechnet werden können, sollte man direkt nachfragen. „Sie sind der Herr Ihrer Leistungspunkte-Übersicht“, sagt Marlies Reschke.
  • Solange man eine Prüfung nicht „nicht endgültig“ (dreimaliges Nichtbestehen einer Modulprüfung oder zweimaliges Nichtbestehen einer Abschlussarbeit) absolviert haben, kann man jederzeit wieder in sein Studium einsteigen. Bricht man beispielsweise sein Studium nach dem vierten Semester ab, kann man auch nach längerer Zeit wieder im fünften Semester einsteigen.
  • Marlies Reschke rät die Prüfungen im alten Studiengang im Sommersemester noch abzulegen – „wenn Sie sich ein Hintertürchen im alten Fach offen halten wollen.“

 

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