Pimp my Vorlesungsverzeichnis!

Im Folgenden möchte ich den Schlüsselqualifikationen offiziell eine Liebeserklärung machen. Von Katharina Ploch.

Relativ spät habe auch ich diese Hassliebe für mich als Chance entdeckt. Im Laufe der Zeit wurde das Angebot verbessert und es erstreckt sich über alle möglichen Bereiche, an die man in der Form im Berufsleben nie wieder so einfach und günstig herankommt. Interdisziplinarität und der Umgang mit Medien und Computerprogrammen werden zunehmend wichtiger. In krisengebeutelten Zeiten ist es auch immer notwendiger, sich auf die grundlegenden Errungenschaften der westlichen europäischen Kultur zu besinnen, sie erneut zu analysieren und sich bewusst zu machen. Zu all diesen Themen findet sich ein großzügiges Angebot an der Universität Potsdam.

Angefangen bei den obligatorischen Computerkursen wie dem MS Office Paket und Adobe Photoshop bietet die Universität Potsdam auch Einführungen in statistische Programme wie z. B. Stata und SPSS. Gerade für Geisteswissenschaftler_innen könnten diese Softwarekenntnisse von Interesse sein. Mithilfe der Kurse „Selbstreflexion und Planung“ könnt ihr euch bereits zu Beginn des Studiums eurer Interessen und Berufsvorstellungen bewusster werden und auch dahingehend die Möglichkeiten des Kursangebots der Hochschule ausschöpfen. Dagegen kann das Angebot an Sprachkursen des ZESSKO Studierenden der MINT-Fächer geistige Abwechslung bieten.

Stelle deine Fähigkeiten auf die Probe und erwecke versteckte Talente!

Die Schlüsselqualifikationen sind heutzutage hilfreicher und konkreter denn je und bieten die Möglichkeit, sich in bestimmten beruflichen Feldern in kleinem Rahmen auszuprobieren. Sei es Journalismus, Projektmanagement für Veranstaltungen im Hochschulsport, interkulturelle Verständigung, Konfliktmanagement, Supervision oder Psychologie: Mit dieser Auswahl erfüllt man die besten Voraussetzungen, um den steigenden Herausforderungen der komplexen und technisierten Arbeitswelt gerecht zu werden.

Mit dem Kulturblog der Kulturwissenschaften „Kulturie“ betritt die Universität Potsdam bereits seit einem Jahr praktischere Gefilde für passionierte Kulturwissenschaftler_innen mit einer kleinen Einführung in technisch-informatisches Know-How. Ähnlich ist es mit dem Blockseminar „Publizistisches Schreiben. Von der Idee bis zum Druck in der Studierendenzeitschrift „speakUP“. Bei Ersterem erhält man eine kleine Einführung in „WordPress“, im Zweiteren beispielsweise in das Layout-Programm Adobe InDesign.

Pimp bitte auch my Aufklärungsgedanken

Auch in der Romanistik und den Geisteswissenschaften macht sich eine neue Generation von Lehrenden bemerkbar, die man mit dem Satz „Back to the modern roots“ zusammenfassen könnte:  Studierendenfreundlich, fast kumpelhaft, offen für die Themen, die die moderne, aber auch die vergangene Welt bewegen: ob „Verschwörungstheorien“ oder die kulturelle Bedeutung von „Hip Hop“ oder die kulturelle Geschichte des „Rausches“ (im SoSe 2014) mit einem Besuch im Hanfmuseum: Das Vorlesungsverzeichnis ist dank einer Reihe von jungen bzw. jung gebliebenen Dozent_innen „gepimpt“ worden.

Endlich haben mehr Kurse aus anderen Fakultäten auch in PULS Eingang in die Schlüsselqualifikation gefunden – Interdisziplinarität wird dadurch ein Weg geebnet. Man hat die Qual der Wahl und leider nur 30 LP zur Verfügung. In den von mir gewählten Kursen „Frauen, Literatur und soziale Umbrüche“ und „Vermittler oder Verräter? Zur Geschichte der Conversos in der Atlantischen Welt“ ist den Dozent_innen mehr denn je bewusst, wie wichtig es ist, sich in inzwischen eigentlich fast unvorstellbare Zustände der Geschichte hineinzuversetzen, um unsere Gegenwart besser zu verstehen und schätzen zu lernen, unsere gegenwärtigen Privilegien nicht als selbstverständlich zu sehen, sondern sie zu pflegen und diese Geisteshaltung weiter zu geben.

Die Schlüsselqualifikationen als Chance grundlegende philosophische Erkenntnisse unserer Welt zu verstehen und in Bezug setzen zu können

Die vom technischen Tempo angetriebene Gesellschaft möchte sich selbst maximal optimieren und vergisst dabei leider viel zu häufig, dass die menschliche Psyche nicht alles in gleicher Geschwindigkeit aufnimmt. Ja, es ist in der Tat so, als ob man die modernste Software in veraltete Hardware hineinlegen würde: Der Computer ist überfordert mit der Fülle an Informationen, die er nicht in der Lage ist, zu lesen und stürzt im schlimmsten Fall ab. Daher reicht es nicht, alleine dem Menschen Möglichkeiten vorzusetzen. Wir brauchen auch mehr Menschen, die den geistigen Fortschritt verstehen und leben. Die verstehen, WIE ein Mensch dem anderen etwas weitergibt. Dazu gehören Einfühlungsvermögen, Erfahrungen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, die Kenntnis vom Charakter des Gegenübers. Dieses „Zwischen-den-Zeilen-Lesen“ geht in einer technisch immer mehr komprimierten und verfremdeten Gesellschaft verloren, die auf Optimierung aus ist und es ist jedoch fast unbemerkt entscheidend. Es reicht nicht zu sagen: „Da hast du die Möglichkeiten, mach was draus! Oder nicht.“ Es reicht nicht für jeden Menschen der Tipp: „Dort und dort steht das“. „Geh in die Bibliothek! Sieh im Internet nach!“. Nein, der Mensch ist nicht so unabhängig, wie er denkt. Er gibt sich dieser Illusion hin, weil es für erfolgreiche Menschen leichter ist, sich ihrer Verantwortung zu entziehen. Wir sind aber alle voneinander abhängig. Das ist dem einen klarer, dem anderen weniger. „There are no passengers on planet earth, we´re all a Crew.“ And we should learn to work better together. Die Gehirn-Computer brauchen mehr Lan-Sessions.

„Und los! Wir woll`n die Revolution…“

…singen die Fantastischen Vier seit vergangenem Jahr. Ein guter Schlachtruf, um auf angenehme Weise den träge gewordenen Homo sapiens zu höheren Zielen zu motivieren und bestehende Verhältnisse in Frage zu stellen. Es wäre mal wieder an der Zeit. Denn wer sich einbildet, dass allein eine Optimierung der Leistungsfähigkeit des Menschen, eine Anpassung an das Tempo der Technik, zu einem schnelleren Fortschritt führt, der hat Geschichte vergessen oder nur mangelhaft behandelt. Denn neben unserer scheinbar friedlichen Welt gibt es noch die Welt „da draußen“. Mit der wir nur oberflächlich gesehen nichts zu tun haben, die jedoch immer mehr Krisenherde entstehen lässt. Immer mehr Reisewarnungen werden ausgesprochen. Es entsteht ein tiefer Graben zwischen den Welten, eine vermehrte Kommunikation und Vermittlung wäre notwendig, im Zeitalter der Kommunikation. Diese kommunikative Lücke zwischen den Welten könnten teilweise Flüchtlinge füllen. Wenn wir diese Chance annehmen. Und all die anderen.

„Geist ist flüchtiger als Kapital. Also haltet ihn fest.“

Als große Zweiflerin sehe ich die Moderne dennoch inzwischen positiver: Wir sollten lernen, unsere Wurzeln auf moderne Weise zu pflegen und weiter zu geben. In diesem Sinne wünsche ich euch Neugierigen und „Über-den-Tellerrand-Schauenden“ eine Liebe auf den zweiten Blick mit viel Freude beim Erlernen neuer Errungenschaften des technischen Fortschritts, leidenschaftliche Diskussionen und positive Streitgespräche. Damit wir trotz aller Fortschrittlichkeit nicht verlernen, auf das Wesentliche zu schauen.

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