Ein freies Land für alle

Es ist ein riesiges Gelände mit verschiedensten Gebäuden, an denen unglaublich viele Graffitis zu sehen sind. Musik schallt durch die zahllosen Gänge zwischen den Häusern und überall begegnen mir junge, äußert geschäftig wirkende Menschen, die mich mit einem Lächeln im Gesicht freundlich grüßen. Hhhhhmmm…bisher also keine Brutstätte gefährlichen linksradikalen oder gar demokratiefeindlichen Gedankenguts. Über ihren ersten Besuch im freiLand berichtet Mandy Joachim.

Nach all den Skandalen und Skandälchen rund um das neue Kulturzentrum freiLand in Potsdam wollte ich mir schon lange mal selbst ein Bild machen. Bei bestem Sonnenschein machte ich mich also auf den Weg, all die Geschichten um Klüngeleien, Linksradikalismus und dubiose Kooperationen mit dem AStA der Uni Potsdam im Kopf. Gleich vorweg: Um die soll es hier nicht gehen. Das kann alles in der Potsdamer Stadt-Presse nachgelesen werden.
Ich bin ins freiLand gegangen als Gast und um zu erfahren, wer da was macht und warum. Das Wer war schnell geklärt: Jede und jeder kann im freiLand sein und Zeit sinnvoll oder einfach nur chillig verbringen. Einige wichtige Grundsätze gibt es aber dafür. Das ganze Projekt ist basisdemokratisch organisiert und es richtet sich unter anderem entschieden gegen Sexismus, Homophobie, Rassismus und Faschismus. Genauer nachlesen kann man das auf der Homepage. Die beiden Ge- schäftsführer Achim und Dirk sind zwar im Prinzip so etwas wie die Chefs. „Wir treten aber nur wirklich als Chefs auf den Plan, wenn unsere Grundsätze verletzt werden, ansonsten leben wir hier unser basisdemokratisches Prinzip“, stellt Dirk klar. Soviel also zum Wie.
Das Was ist eine sehr spannende Frage. Denn das hängt ganz davon ab, wozu die Menschen Lust haben. Prinzipiell kann sich jedes Projekt, jede Gruppe, jede und jeder Einzelne im freiLand unter Einhaltung der im Plenum erarbeiteten Grundsätze verdingen und aktiv einbringen. Es gibt bereits die verschiedensten Gruppen, die ihren festen Platz im freiLand haben. Unter anderem finden sich dort ein Ju- gendclub, verschiedene Sportangebote, ein Schneideratelier und ein unabhängi- ges Projekt zur Wissenschaftsvermittlung, auch Tanzen und Feiern kann man auf verschiedenen Floors. Die Seminarräume stehen für Tagungen und ähnliches zur Verfügung.
Bei meinem Besuch im freiLand suchte ich jedenfalls vergeblich nach radikal politisierenden Neigungen in Gesprächen oder in den verschiedenen Projektideen. Vielmehr entstand der Eindruck, dass da in den öffentlichen Diskussionen der letzten Wochen und Monate einige Vorurteile einfach ungeprüft als Tatsache hingestellt und nicht korrigiert wurden. Dafür spricht auch, dass die größten Kri- tiker nach Angaben von Achim und Dirk dem freiLand bisher keinen Besuch abgestattet haben, sondern ihr Wissen und die Grundlagen für ihre Kritik allein aus Vermutungen speisen.
Ein Besuch auf dem wirklich riesigen Gelände lohnt sich in jedem Fall. Und zwar nicht nur um Ressentiments abzubauen, sondern auch um die eigene freie Zeit mal entspannt bei guter Musik und einem kleinen Snack oder eben bei einer der Veranstaltungen zu verbringen. Und für all die, die immer noch Angst haben vor den linksradikalen Tendenzen im freiLand, hat Achim die passende Antwort.
„Wenn das, was wir hier machen linksradikal sein soll, also basisdemokratisch organisiert zu sein und sich entschieden gegen Se- xismus, Homophobie, Rassismus und Fa- schismus auszusprechen, dann muss man sich doch mal fragen, was in der Mitte unserer Gesellschaft so los sein soll. Das was wir hier praktizieren ist nur eins: humanistisch.“

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