Affengötter, Chromepyramiden und Pixel-Mutanten

Der Titelbldschirm von „Caves of Qud“ wirkt ziemlich schlicht, aber dahinter verbirgt sich ein Biest von einem Spiel (Foto: Maximilian Schulz)

Schon mal davon geträumt sich in ein Hinweisschild zu verlieben oder die Gesetze von Raum und Zeit zu manipulieren? Unser Redakteur tauchte in die seltsame Welt von „Caves of Qud“ ein, wo all dies und noch viel mehr möglich ist. In diesem Reisebericht erzählt er uns von all den sonderbaren Elementen, die dieses einzigartige Spiel ausmachen. Von Maximilian Schulz.

Aller Anfang ist schwer

On the 18th of Iyur Ut, you arrive at the oasis-hamlet Joppa, along the far rim of Moghra‘yi, the Great Salt Desert. All around you, moisture farmers tend to groves of viridian watervine. There are huts wrought from rock salt and brinestalk. On the horizon, Qud‘s jungles strangle chrome steeples and rusted archways to the earth. Further and beyond, the fabled Spindle rises above the fray and pierces the cloud-ribbioned sky.“

So oder so ähnlich begrüßt uns das Science-Fantasy-Rougelike-Rollenspiel „Caves of Qud“. Für all diejenigen, die bis jetzt nur Bahnhof verstehen, am Einführungstext und der Überschrift verzweifeln oder sich fragend am Kopf kratzen, keine Sorge. Ich versichere euch, das ist völlig normal. Willkommen in der Post-Postapokalypse!

Was ist überhaupt ein „Caves of Qud“?

Die Grafik ist sehr minimalistisch, da braucht man schon ein wenig Fantasie (Foto: Maximilian Schulz)

Gehen wir die Sache Schritt für Schritt durch und beginnen am Anfang. Was ist dieses „Caves of Qud“ überhaupt? Wie im oberen Abschnitt bereits erwähnt, handelt es sich um ein Science-Fantasy-Rougelike-Rollenspiel. Das sind jetzt erst mal eine Ansammlung von Wörtern, die wahrscheinlich kaum jemandem etwas sagen. Sezieren wir sie einzeln und schauen sie uns mal genauer an.

Science-Fantasy sollte noch der einfachste Begriff sein. Es handelt sich dabei um ein Genre, das sich dadurch auszeichnet, dass es sowohl Science-Fiction- als auch Fantasy-Elemente beinhaltet, d.h. futuristische Technologie koexistiert mit Magie und magischen Wesen.

Ein Roguelike ist eine besondere Art von Spielgenre. Besondere Merkmale hierbei sind ein brutaler Schwierigkeitsgrad, zufällig generierte Welten und wenn man mal draufgehen sollte, war‘s das. Aus und vorbei. Jeder Charakter hat nur eine Chance.

Rollenspiel sollte einfach zu erklären sein. Man erstellt sich einen eigenen Charakter, gibt ihm einen Namen, verteilt Punkte auf verschiedene Werte und sucht sich eine Klasse aus. Danach zieht man in die große weite Welt hinaus, bekommt Erfahrungspunkte und dadurch Zugang zu höheren Leveln und besseren Fähigkeiten und man durchsucht Kisten und Schatztruhen nach Beute, die man seinem Charakter dann gibt.

Caves of Qud“ wurde vom US-amerikanischen Indie-Entwickler Freehold Games entwickelt und 2015 veröffentlicht. Eine tragende Rolle spielten dabei die Designer Brian Bucklew und Jason Grinblat.

 

Nahezu endlose Möglichkeiten

Jedes Objekt wird in Textboxen beschrieben (Foto: Maximilian Schulz)

Nachdem nun all die allgemeinen Informationen auf dem Tisch liegen, begeben wir uns in das Innere des Spiels. Jede Runde beginnt eigentlich gleich: wir erstellen unseren eigenen Charakter. Und wie bei jedem anderen Aspekt des Gameplays, schreibt CoQ auch hier „Freiheit“ ziemlich groß. Es gibt kaum Grenzen bei der Erstellung, nur Unmengen an Entscheidungen. Möchte man ein Mutant oder ein „True Kin“ („Reine“) sein? Wie wäre es mit einem zusätzlichen Paar Armen, einem Flammenatem, Teleportation, Telekinese, einem Schnabel, zwei Herzen oder der Fähigkeit einen elektromagnetischen Puls auszustoßen? Oder möchte man lieber technische Augmentationen, wie Nachtsicht, mechanische Flügel oder Hydraulikarme? Man kann auch Photosynthese betreiben, wenn einem danach ist.

Wenn der Charakter steht (oder kriecht, oder fliegt), dann ist man bereit die Große Salzwüste zu betreten. Das Erste, was einem auffällt, wenn man das Spiel beginnt, ist dass die Grafik sehr … minimalistisch und pixelig ist. Großes Spektakel oder flüssige Animationen brauch man hier nicht zu erwarten. Hier stehen „Retro“ und „Imagination“ im Vordergrund. Die Handlung, die Beschreibungen und Aktivitäten finden allesamt in (exzellent geschriebenen) Textboxen statt. Da braucht man eine ziemlich blühende Fantasie, um den (englischen) Worten Leben einzuhauchen.

Nachdem man auch diese Hürde überwunden hat und mit der Steuerung und dem Interface zurechtkommt, kann es endlich losgehen.

Eine Welt voller Absurditäten

Es kann auch mal schnell etwas unübersichtlich werden (Foto: Maximilian Schulz)

Die Welt von „CoQ“ ist mehr als nur seltsam. Sie scheint unsere Erde zu sein, nur halt sehr, sehr sehr, sehr weit in der Zukunft. Die ursprünglichen Menschen existieren schon lange nicht mehr, nur ihre Errungenschaften und ihre Nachfahren, die „True Kin“, haben den Zerfall überdauert. Ansonsten wird diese neue Welt von einer Vielzahl von Mutanten beherrscht. Da wären zum einen die Dromad, die kamelartigen Händler, die die Große Salzwüste mit ihren Riesenschildkröten durchqueren und allerhand Artefakte und Relikte zum Kauf anbieten. Oder die Snapjaws, brutale Banditen und Räuber, die in ihrem Aussehen zweibeinigen Hyänen gleichen und in Wäldern und Ruinen Jagd auf unvorbereitete Abenteurer machen. Oder die Barathrumites, humanoide Bären, die für ihren brillanten Erfindungsgeist bekannt sind.

Die Liste könnte endlos fortgesetzt werden: Albinoaffen, Sklavenhalterbananen, Chitinpumas, riesige Blutegel, intelligente Pilze, Voidspinnen, und so weiter und so fort. Habe ich schon erwähnt, dass nahezu jedes Objekt und jedes Lebewesen in „Caves of Qud“ ein Bewusstsein haben kann?

Vorhin erwähnte ich die „True Kin“, sie sind das Gegenstück zu den Mutanten. Sie haben keine übernatürlichen Fähigkeiten, sondern müssen sich auf Ausrüstung und Augmentationen verlassen. Sie sind das, was am ehesten einem Menschen gleich käme. Und natürlich, wann immer das Thema „Reinheit“ aufkommt, treten diejenigen auf, die das Thema bis ins Extreme treiben.

Vorhang auf für die „Putus Templar“, die Hauptantagonisten des Spiels. Ein Orden von faschistischen Rassenfanatikern, die sich auf einem genozidalen Kreuzzug gegen alles „Unreine“ (d.h. Mutanten) begeben. Sie sehen sich als die „wahren“ Nachfahren der Menschen und gehen in ihrem Wahnsinn sogar so weit, dass sie nur noch Inzucht betreiben, um ihre Gene „rein“ zu halten. Was natürlich dazu führt, dass sie grässlich deformiert sind und dadurch ihre Ideologie ad absurdum geführt wird.

Die Spieler:innen werden sich in der Hauptstory öfters mit diesen Fanatikern herumschlagen müssen. Sollte man ein Mutant sein, sind die Templer einem sowieso feindlich gesinnt.

Geschichtsschreibung aus dem Zufallsgenerator

Was mich als Geschichtsstudent besonders fasziniert, ist das „Caves of Qud“ die Geschichte seiner Welt jedes mal zufällig generiert. Im Laufe des Spiels sieht man immer mal wieder Statuen von sogenannten Sultanen, die einst die Welt beherrschten. Was diese Herrscher getan haben oder wer sie sind, das ist jedes Mal etwas anderes. Ob Sultan X eine Schlacht geschlagen hat oder ob Sultan Y an einer Krankheit zugrunde gegangen ist, entscheidet der Zufall. So bleibt das Erforschen der Welt stets frisch und wird nie langweilig.

Doch nicht nur die Urgeschichte ist zufällig generiert, sondern auch Bücher oder gar die Geographie der Welt. Einige wichtige Punkte bleiben stets gleich, doch alles dazwischen ist veränderlich. So werden sich zwei Spieldurchläufe niemals völlig gleichen. Jeder macht eine andere Erfahrung, jedes Spiel ist einzigartig.

Live long and drink.

Was bleibt eigentlich noch zu sagen? Mir gefällt das Spiel sehr. Es ist absurd, surreal, humorvoll und beängstigend zugleich. Wenn man sich ein wenig eingearbeitet hat, wird man mit Dutzenden und Aberdutzenden von Spielstunden belohnt. Versucht es mal, probiert es aus. Entdeckt die Welt von „Caves of Qud“ und schreibt eure eigenen Geschichten. Wer weiß, was ihr entdeckt?

Und denkt immer daran: Live long and drink.

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