Die Lausitz ist überall

Kaum ein hochschulpolitisches Thema hat die Gemüter so sehr erhitzt wie die kürzlich beschlossene Fusion der BTU Cottbus mit der Hochschule Lausitz Cottbus/Senftenberg (speakUP berichtete). Warum das Volksbegehren „Hochschulen erhalten“ für ganz Brandenburg wichtig ist, erläutert eine der Koordinator_innen in einem Gastbeitrag. Gastbeitrag von Maja Wallstein.

Wofür steht Brandenburg? Preußische Tugenden? Spreewälder Gurken? Gescheiterte Großprojekte? Traurig aber wahr: Brandenburg wird mit Gemüse, umstrittener Geschichte und den misslichen Erfolgen der brandenburgischen Wirtschaftsförderung in Verbindung gesetzt.

Hinzufügen lässt sich ohne Weiteres die „rote Laterne“, die Brandenburg seit Jahren im bundesdeutschen Vergleich in Bezug auf die Finanzierung seiner Wissenschaft trägt. Trotz anders lautendender Bekundungen in politischen Sonntagsreden sind Bildung und Wissenschaft nicht die Priorität, sondern das Stiefkind der brandenburgischen Politik. So gibt Brandenburg auch im Vergleich zu seiner Wirtschaftskraft (also dem Bruttoinlandsprodukt des Landes) am wenigsten für seine Hochschulen aus. Auch ist beispielsweise keine technische Universität in Deutschland so schlecht ausgestattet wie die einzige TU im Land, die Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU Cottbus).

Hinzu kommen autoritäre Eingriffe in die Hochschulautonomie, die auch vor Fakultäts- und Hochschulschließungen nicht halt machen. Das extremste Beispiel dafür ist die Zwangsfusion, die mit dem sogenannten Neugründungsgesetz der Landesregierung am 1. Juli in Kraft treten soll. Dazu sollen die BTU Cottbus und die Hochschule Lausitz Cottbus/Senftenberg geschlossen werden und eine abgespeckte Version, eine Sparuniversität neugegründet werden.

Diesem Missstand nimmt sich nun das Volksbegehren „Hochschulen erhalten“ an. Es ist die konsequente Folge der schnellsten Volksinitiative aller Zeiten. In nur 2 Monaten wurden statt der nötigen 20.000 fast 42.000 Unterschriften gesammelt. 42.000 Stimmen der Menschen in Brandenburg, die wissen, dass Hochschulen Bildungszentren sind, die junge Menschen, Wohlstand, Beschäftigung und Perspektive in jede Regionen bringen. 42.000 Stimmen, die von der Landesregierung ignoriert wurden.

Diesen Politikstil kritisiert das Volksbegehren und fordert, dass die Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU) und der Hochschule Lausitz Cottbus/Senftenberg (HL) als eigenständige Hochschulen sowie den Erhalt derer Studien- und Lehrkapazitäten erhalten bleiben. Die Hochschulfinanzierung in Brandenburg muss grundlegend überarbeitet werden, dabei sollten alle Betroffenen entscheidungswirksam in den Reformprozess einbezogen werden. Und: Die Hochschul-Landschaft in Brandenburg braucht endlich ein durchdachtes Gesamtkonzept, bevor über die Zukunft einzelner Hochschulen entschieden wird.

Es geht also im Volksbegehren „Hochschulen erhalten“ um mehr als nur den Erhalt zweier Hochschulen in Cottbus und Senftenberg. Die aggressiven Eingriffe der Wissenschaftsministerin in die Hochschulautonomie der brandenburgischen Hochschulen mussten wir hier in Potsdam an den Angriffen auf unsere Studienfächer Jura und Informatik erleben. Selbst wenn eine Schließung der juristischen Fakultät abgewendet werden konnte, darf uns das nicht zu sicher machen. Mit der Auflösung der BTU Cottbus und der Hochschule Lausitz und der anschließenden Zwangsfusion wird ein Präzedenzfall geschaffen. Darum brauchen wir eine hochschulübergreifende und gruppenübergreifende Solidarität, denn die landesweite Hochschulunterfinanzierung und die Zwangsfusion in der Lausitz zeigt: Cottbus und Senftenberg sind nur der Anfang und die Lausitz ist überall.

Weil die Lausitz nur der Anfang ist und damit ein Präzedenzfall geschaffen würde, der es der Landesregierung erleichtert, auch an anderen Hochschulstandorten autoritär in die Hochselbstverwaltung einzugreifen; weil unsere Hochschulen endlich ausfinanziert werden müssen und nicht Ziele von Sparexperimenten sein dürfen, weil Hochschulen Bildungszentren sind, die junge Menschen, die Wohlstand, Beschäftigung und Perspektive in jede Regionen bringen; weil wir mehr Demokratie brauchen, in den Hochschulen und mit einem erfolgreichen Volksbegehren; weil wir Brandenburgerinnen und Brandenburger solidarisch sind und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen – all das sind gute Gründe, warum auch Potsdam das Volksbegehren „Hochschulen erhalten“ unterstützen sollte!

Die Autorin studiert im Master Verwaltungswissenschaften an der Universität Potsdam und ist Mitglied im Aktionsbündnis Volksbegehren „Hochschulen erhalten“.

Info zum Volksbegehren

Damit sich der Landtag der Sache erneut annehmen muss, werden 80.000 Unterschriften benötigt. Jede_r Brandenburger_in ab 16 Jahren kann das Volksbegehren mit einem Personalausweis im Rathaus der Stadt/Gemeinde oder per Briefwahl unterzeichnen. Die Stadt Potsdam ermöglicht die Anforderung der Briefwahlunterlagen: tinyurl.com/hochschulen-erhalten-pdm. Mehr Informationen zum Volksbegehren und zu Möglichkeiten einer Beteiligung finden sich unter hochschulen-erhalten.de.

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