How to build your perfect „Zukunftsperspektive“: Ehrenamt lohnt sich für alle

Zwischen Zeit- und Leistungsdruck aktiv und vielseitig die eigenen Interessen entdecken und persönliche Fähigkeiten erproben: freiwilliges Engagement im Rahmen eines Ehrenamts. Von Marie-Ann Koch.

Es war einmal eine Erklärung, die wurde im Jahre 1999 in einem schönen italienischen Städtchen von 29 europäischen Bildungsministern unterzeichnet. Diese Erklärung, man gab ihr, gemäß des schönen Städtchens, den klangvollen Beinamen „Bologna“, sollte Großes vollbringen und den Alltag eines jeden Studierenden von Grund auf verändern. Und so kam es, dass im Jahre 2010 die „Europäische Studienreform“ ihren Anfang nahm und mit ihr die Errichtung eines einheitlichen, europäischen Hochschulraumes mit vergleichbaren, internationalen Studienabschlüssen einherging. Dieses Jahr datiert die Geburt des Bachelor-Master-Systems, welches von nun an mit seinen neuen Strukturen ein strafferes und verschulteres Lernpensum sowie einen enger gestrickten Lehrplan vorsah.

Vorlesungen jagen Seminare, Leistungspunkte werden im Akkord mehr schlecht als recht abgearbeitet und der Begriff „Regelstudienzeit“ verfolgt jeden Studierenden vom ersten Lesen der Studienordnung bis hin zum alljährlichen Weihnachtsessen mit der Familie. Wer nebenbei Praktika absolviert, einen oder mehrere Nebenjobs ausübt und sich dann noch mit Sport, Chor oder Theater die verbleibende Zeit vertreibt, für den sind „Freizeit“ und „Sozialleben“ einmal gehörte und fast schon wieder vergessene Fremdwörter.

Studienabschluss: check! Und nun?

Drei Jahre hetzt man durch den Bachelor, um am Ende mit einem Abschlusszeugnis in den Händen vor einem Meer unendlicher Möglichkeiten zu stehen. An diesem Punkt angekommen ist man gezwungen sich einem umfangreichen Katalog der unterschiedlichsten Fragen zu stellen: Wie geht es weiter? Ein Master-Studium anknüpfen? Wenn ja, welches? Auf eine Stellenausschreibung bewerben? Wenn ja, wo? Eine Weltreise starten und ein letztes Mal grenzenlose Freiheit genießen? Wenn ja, wie? Was möchte ich eigentlich? Unzählige Optionen, die unzählige Wege bereithalten und über allem steht die Frage aller Fragen: „Welche ist die richtige Wahl, um die eigene Zukunft bestmöglich zu gestalten?“.

In diesem Entscheidungsprozess wird der richtige Kurs oftmals nicht auf Anhieb gefunden, vielmehr geht diesem ein monatelanges Umherirren auf Umwegen voraus. Diese Umwege bringen bestenfalls hilfreiche Erfahrungen mit sich, die vereinzelt zum eigentlichen Pfad zurückführen können. In der Regel stellen sie sich jedoch nur als unnötige Verschwendung kostbarer Zeit heraus.

Mit diesem Wissen lässt sich präventiv arbeiten, sodass die Entscheidungsfindung vereinfacht und zeitgleich zeitraubende Umwege vermieden werden können. Die Frage „Wie fischt man auf direktem Wege genau die Möglichkeit aus dem Meer, die den eigenen Fähigkeiten und Interessen entspricht, diese fördert und den zukünftigen, persönlichen Werdegang am idealsten gestaltet?“ lässt sich schlussendlich leicht beantworten.

Ehrenamt: Luxus?

Ein Ehrenamt stellt ein freiwillig ausgeübtes Engagement dar, welches nicht auf Entgelt ausgerichtet ist. Aus eigener Motivation wird somit unbezahlt Zeit und Kraft für ein Projekt oder ein Unternehmen investiert. Beweggründe ein solches Ehrenamt anzustreben gibt es viele: das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Mitgestaltung, der Wunsch nach einmaligen Erfahrungen und neuen sozialen Kontakten, der Erwerb neuer Kompetenzen und Kenntnisse. Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist dementsprechend neben Praktika und Nebenjobs eine weitere, sehr vielfältige Möglichkeit, den eigenen Lebenslauf bunter und interessanter zu gestalten und nebenbei der Persönlichkeit mehr Facetten zu verleihen.

Jedoch schon zwei der drei aufgezählten Charakteristika stellen für die Großzahl der Studierenden ein Problem dar. Getreu dem Motto „Zeit ist Geld“ erscheint es seit der Studienreform schier unmöglich das Studium in Regelstudienzeit abzuschließen, insbesondere, wenn parallel Nebenjobs betrieben werden müssen, die für die Sicherung des Lebensunterhaltes unverzichtbar sind. Wie soll also ein freiwilliges Engagement im Terminkalender untergebracht werden, ohne dass das Studium und die finanzielle Situation darunter leiden?

Aus dieser Perspektive betrachtet stellt das Investieren von finanziell nicht entlohnter Zeit einen Luxus dar, den sich nicht viele leisten können. Bleibt das Ehrenamt zur Sinnfindung und Strukturierung der Karriere somit den besser situierten Studierenden vorenthalten? Nicht unbedingt. Es gibt Möglichkeiten, die es jedem Studierenden erlauben Zeit und Raum für gesellschaftliche Teilhabe und Selbstverwirklichung einzuräumen.

Sinnfindung dank Entschleunigung

Den ersten Schritt bildet das Sich-Lösen vom Druck und den vorherrschenden Erwartungen des Bachelor-Master-Systems. Die Erwartungshaltung des sozialen Umfeldes und die Konkurrenz im Alltag produzieren den Zwang, die Ausbildung so gut wie möglich in der kürzesten Zeit wie nötig abzuschließen.

Dass diese Faktoren weiteren Druck aufbauen, der für ein gesundes und auseichend reflektiertes Entscheiden über die berufliche Zukunft weniger förderlich ist, versteht sich von selbst. Auch Umfragen unter Personalchefs deutscher Unternehmen in den vergangenen Jahren bestätigen diese Annahme und zeigen, dass ein beschleunigtes Studium zukunftsperspektivisch gesehen nicht der richtige Weg ist. Die Ansicht, dass gute Noten in sechs Semestern Regelstudienzeit für Personalentscheidungen maßgebend sind, gehört der Vergangenheit an. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass sich aufgrund der schablonenhaften Studienverläufe eine Masse schnurgerader Einheitslebensläufe gebildet hat, aus welcher ein individuelles Hervorzustechen nicht mehr möglich ist.

Somit sind es nun vor allem Persönlichkeit und Praxiserfahrung im In- und Ausland, welche als ausschlaggebende Faktoren bei der Entscheidung zwischen mehreren Bewerber_innen genannt werden. In diesem Zusammenhang taucht auch die Frage nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit immer häufiger auf.

Den sogenannten „Turbo-Studenten“ fehlen nicht nur Zusatzqualifikationen, Erfahrungen und klare Perspektiven, sie laufen überdies noch Gefahr den Lehrstoff nur oberflächlich zu erkunden und keine tiefgreifenden Kenntnisse auszubilden, was ihren Konkurrent_innen in einer zusätzlichen Studienzeit von meist nur ein oder zwei Semestern gelingt. Diese Zeit bietet darüber hinaus mehr Möglichkeiten die eigenen Interessen und Fähigkeiten genauer zu erforschen, auszuprobieren und fokussierter zu erproben. Studierende, die ihre Ausbildung im Rahmen der in den Studienordnungen festgesetzten zeitlichen Vorgaben beenden, sind somit für potenzielle Arbeitgeber in vielen Fällen keine attraktive Besetzung vakanter Stellen.

Das Pub à la Pub – ein Beispiel ehrenamtlichen Engagements in Potsdam

In Potsdam und im Speziellen an der Universität Potsdam gibt es für ein Ehrenamt die unterschiedlichsten Gelegenheiten, welche vielseitige Entfaltungsperspektiven bereithalten. Ob politisches, kulturelles oder soziales Interesse, ob Tätigkeiten in Studierendenvertretungen, als Tutor_in oder beim Campusradio – für jeden und jede ist etwas dabei.

Ein konkretes Beispiel ist der Verein „SJFV Studentisches Leben e.V.“, welcher Potsdamer und zugezogene Studierende und Auszubildende in seiner Mitgliederliste vereint. Mit derzeit 38 aktiven Mitgliedern betreibt der Verein seit 1994 die Kneipe „Pub à la Pub“, die als beliebter Treffpunkt mitten in Potsdam ein Herzstück der studentischen Szene der Stadt bildet. Von Studierenden für Studierende – das dies möglich ist, ist den mittlerweile unzählbaren Mitgliedern zu verdanken, die teilweise ein ganzes Jahrzehnt freiwillig und unbezahlt ihr Engagement und Herz der Arbeit im Pub widmen.

Das Aufgabenspektrum erstreckt sich von Vorstandsarbeit über Veranstaltungsplanung bis hin zum Aufräumen und Putzen. Es wird deutlich, dass, egal ob durch administrative Verantwortung, organisatorisches Talent oder das Über-den-eigenen-Schatten-Springen zur Erledigung eher unattraktiver Arbeiten, jedem Mitglied Tür und Tor offenstehen, um sich selbst in den verschiedensten Positionen und Herausforderungen aufs Neue kennenzulernen und in diesem Zusammenhang die Schwerpunkte der eigenen Fähigkeiten herauszubilden. Diese Vielfältigkeit und die Möglichkeit sich mit völlig unterschiedlichen Charakteren sowohl intern als auch extern auseinanderzusetzen, sind nur einige Aspekte der Tätigkeit im Pub und zwei der vielen Beweggründe sich sozial als Teil des Vereins weiterzuentwickeln.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet wird erkennbar, dass nicht nur Geld für einen persönlichen Einsatz entlohnt, sondern spannende und wertvolle Erfahrungen, Fähigkeiten, die vertieft und erweitert werden, eine klare Zukunftsperspektive oder, wie im Falle des Pub à la Pub, ein starkes Gemeinschaftsgefühl und vergünstigte Getränkepreise, einen größeren Gewinn darstellen.

Der deutsche Kabarettist Oliver Hassenkamp fand dafür die richtigen Worte, indem er sagte: „Tun Sie gelegentlich etwas, womit Sie weniger oder gar nichts verdienen. Es zahlt sich aus.“

Jetzt selbst aktiv werden!

Hier könnt ihr euch selbst ehrenamtlich engagieren:

in Studierendenvertretungen:
Fachschaftsrat des eigenen Instituts
AStA: asta.uni-potsdam.de
Studierendenparlament: stupa.uni-potsdam.de

als studentische_r Berater_in / Tutor_in:
Frag nach bei der oder dem Koordinator_in des eigenen Instituts oder bei der Zentralen Studienberatung

beim Campusradio funkUP:
funkup.me/mitmachen

in Selbsthilfegruppen:
Nightline: nightline-potsdam.de/mitarbeit

zur Unterstützung von Studierenden mit Handicap:
Eine Universität für alle: uni-potsdam.de/studium/beratung/behinderung/projekte

als Hilfe für ausländische Studierende:
ESN: lei-potsdam.de
Tandem: uni-potsdam.de/zessko/selbstlernbereich/tandem
Buddy-Programm: uni-potsdam.de/studium/data-storage/zielgruppenbereich/international/buddy

in kulturellen Vereinen:
Nil e.V. StudentInnenkeller: nilklub.net
SJFV: pubalapub.net/#pub

oder bei der Hochschulzeitung speakUP! 🙂
speakup.to/ueber-uns

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