Obwohl wir es uns oft nicht eingestehen: Wir Studierenden haben vieles gemeinsam, ganz unabhängig von der Studienrichtung. Die Berührungspunkte finden wir im gemeinsamen Alltag – der Wohnsituation, dem Kampf ums BAföG oder dem Nebenjob, der Zeit mit Freund_innen und Kommiliton_innen, der Zeit mit uns selbst. Eine Kolumne von Katja Rink.
9:00 Uhr. Handywecker. Snooze. Snooze. Snooze. 9:30 Uhr. Aufstehen. Anziehen. Zähneputzen. Kurzgruß an die Mitbewohnerin in der Küche. „Guten Morgen. Ich muss los. Hab verpennt. Und Tschüss.“ Schuhe und Jacke an. Raus aus dem Haus. Noch schnell ’nen Kaffee zum wach werden beim Bäcker ums Eck. To go natürlich, bin ja schon spät dran. Und rein ins S-Bahn-Gedränge. Berufsverkehr. Kein Sitzplatz. Schweiß fremder Leute. Aussteigen. Umsteigen. Wieder rein in den Schwitzkasten. Zeitung aufschlagen. „Etwa 40 Prozent der Studierenden neigen dazu, sich in Vorlesungen ablenken zu lassen.“ Kritische Selbstbetrachtung. Am Griebnitzsee raus. Durch die Studierendenmeute Richtung Haus 6 hetzen. 10:30 Uhr. Den Vorlesungsbeginn schon verpasst. Hörsaaltür Nr. 6 auf. Schnell rein. Leise die Tür zu. Muss ja niemand mitbekommen, dass man zu spät ist. Interessiert aber keinen. Über den Schulgong sind wir längst hinausgewachsen. Wir sind an der Uni. Sitzplatzsuche. Die äußeren Sitze alle schon besetzt. „Kann ich mal durch, Bitte?“ Setzen. Durchatmen. Kurzer Blick nach vorn auf die Powerpointfolie Nr. 4. Allem Anschein nach noch nicht viel verpasst. Absicherung beim Nachbarn. „Gab’s irgendwas Wichtiges?“. „Nächste Woche fällt aus. Hat wohl ’nen anderweitigen, gut bezahlten Vortrag“. Kleines Schmunzeln beiderseits. „Danke“. Und wieder Schweigen. Kramen im Rucksack nach Block, Stiften und Wasserflasche. Zuhören. Abschweifen. Ob es zu Hause wohl noch Waschmittel gibt? Kopfschütteln. Erneutes Konzentrieren. Rückbesinnung auf die Bahnfahrt: „Etwa 40 Prozent der Studierenden neigen dazu, sich in Vorlesungen ablenken zu lassen.“ Beschäftigen mit der Frage nach dem Grund dafür. Interessiert mich das Thema der Vorlesung überhaupt? Ausmalen des Horrorszenarios, den falschen Studiengang gewählt zu haben. Überlegung diese Grundsatzfrage auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Fortsetzung der Ursachenforschung. Möglicherweise ist es die 08/15 Powerpointpräsentation des Dozierenden und seine von jeglichen Höhen und Tiefen befreite Vortragsweise? Oder liegt es doch an einem selbst, dass einem seit Beginn des Studiums die Konzentrationsfähigkeit abhanden gekommen ist? Beschäftigen mit der Frage, ob es den Kommiliton_innen genauso geht. Blick in die Runde. Computergehacke. Zeitungsgeblätter. Hin und wieder ein Buch. Wenige Schreiberlinge. Dafür viele Smartphone-Wischer. Leises Geflüster. Dort ein Auflachen. Wieder Ruhe. Ich beschließe die Zeit nicht verrieseln zu lassen, sondern sie möglichst sinnvoll zu nutzen. Was tun? Mich bei den Smartphone-Befummler einreihen und E-Mails beantworten? Unmöglich. Kein Netzempfang. Ich wollte doch schon lang den Anbieter wechseln… Lesen? Buch zu Hause vergessen. Zeitung zu unhandlich. Musik hören? Besinnung auf den kläglichen Rest meiner Manieren. Gab’s noch was für ein anderes Seminar zu tun? Nach kurzem Nachdenken kommt die Erleuchtung. Das speakUP-Seminar vor 3 Wochen. Aufgabe: Eine Kolumne schreiben. Das läuft wieder einmal auf eine Runde „Learning by doing“ hinaus. Also los.
Die Kolumne erscheint regelmäßig auf der Seite der speakUP unter http://speakup.to/category/kreativ. Alle Folgen findet ihr unter http://speakup.to/tag/unser-universum.
Eine Antwort auf „Unser UNIversum – Folge 1: Der Alltag“