Seit Anfang Januar verkehren weniger S-Bahn Züge denn je. Jeden Tag warten Student_innen bei eisigen Temperaturen auf verspätete und überfüllte Züge. Stammkund_innen durften bereits einen Monat umsonst fahren. Jetzt fordert der AStA Entschädigungszahlungen von der Bahn. Wir sprachen mit Daniel Sittler, dem Verkehrsreferenten des AStA, über die Zukunft der S-Bahn und Kompensationsleistungen für Potsdamer Student_innen. Von Lisa Büntemeyer
Daniel, wird es von Seiten der S-Bahn Entschädigungszahlungen für die Potsdamer Student_innen geben?
Ja, es wird für jeden Studierenden 22,50 Euro geben, das ist genau ein Monat des Semestertickets. Das ist aber nur die Entschädigung für das Chaos im Sommer.
Wird es für das Winterchaos auch Entschädigungszahlungen geben?
Es muss ganz klar eine weitere Entschädigung her, weil im Moment genauso viele, wenn nicht sogar weniger, S-Bahnen im Einsatz sind als im Oktober. Es wurde von Seiten des Bahnvorstands bereits gesagt, dass es neue Entschädigungen geben wird. In welcher Höhe und in welcher Form ist noch nicht geklärt. Man muss außerdem nochmal über den Preis des Semestertickets nachdenken, weil nach Medienberichten nicht davon auszugehen ist, dass die S-Bahn vor 2012 wieder normal fahren wird.
Wann bekommen wir die Entschädigung für den Sommer und wie werden wir sie erhalten?
Hier hat es lange, zähe Verhandlungen mit der Bahn gegeben. Die Bahn hatte versucht, uns Studierende mit einem Verwaltungsaufwand von über 14.000 Euro zu belasten, den wir nicht zahlen wollten und konnten. Wir haben keine Schuld am Chaos, wir haben keine S-Bahn-Züge lahmgelegt! Seit Mitte letzter Woche zeigt sich die Bahn entgegenkommend: Sie haben unserem Kostenvoranschlag zugestimmt. Jetzt warten wir nur auf das Geld. Ähnlich wie bei den Rückmeldungen werden alle Student_innen der Uni Potsdam dann einen Brief vom AStA mit einem Scheck über 22,50 Euro erhalten.
Ist vor 2012 ein Ende des S-Bahn-Chaos absehbar?
Hier gehen die Meldungen auseinander. Die Deutsche Bahn als Muttergesellschaft der S-Bahn Berlin sagt, dass es noch im Laufe des Jahres 2010 zum normalen Betriebsablauf kommen wird. Dagegen sprechen – wie gesagt – Medienberichte, nach denen wir uns noch bis 2012 gedulden müssen. Der momentane Zustand ist unhaltbar. Das Krisenmanagement der S-Bahn zeigt, dass sie noch einiges wieder gut zu machen und zu lernen hat. So hat man erst Anfang Januar zwei geschlossene Betriebsstätten wieder in Betrieb genommen, um zusätzliche Reparaturen durchführen zu können. Und das, obwohl man schon Mitte November wusste, dass die Wagen nicht tauglich für solche Temperaturen sind und die Weichen einfrieren, da dies bereits im letzten Winter zu einem ähnlichen Chaos geführt hat. Man wusste, dass man einen höheren Reparaturaufwand hat.
Kannst du sagen, ob die S-Bahnen bald wieder im 10 Minuten-Takt nach Berlin fahren werden?
Das lässt sich schwer sagen, weil die S-Bahn uns jede Woche aufs Neue überrascht. Ich kann nur nochmal darauf pochen, die Verstärkerzüge zu nehmen, die zwischen Berlin Ostbahnhof und Potsdam Hauptbahnhof eingesetzt werden. Sie fahren zusätzlich drei bis viermal stündlich. Das Schönste an den Verstärkerzügen ist, dass man als Entschädigung ohne Aufpreis die erste Klasse benutzen darf. Das ist bis jetzt leider die einzige Alternative zu den S-Bahnen. Eine weitere Verbesserung ist in Sicht: Der Regionalverkehr wird von Seiten des Landes Berlin ab 2013 neu ausgeschrieben. Hier wird es einige größere Veränderungen geben, was den Bahnverkehr zwischen Berlin und Potsdam Hauptbahnhof angeht. Es wird ähnlich wie jetzt reguläre Verstärkerzüge des Regionalverkehrs geben. Da darf man sich schon mal drauf freuen!
Was hältst du von den Gesprächen über eine potenzielle Übernahme der BVG von einem Teil der S-Bahn ab 2017?
Es geht leider nicht früher als 2017, weil die Konzessionen erst dann auslaufen. Die S-Bahn kann momentan keinen normalen Betrieb gewährleisten. Allerdings sehe ich eine Übernahme durch die BVG eher skeptisch, weil mit keiner Silbe gesagt ist, dass der Betriebsablauf automatisch besser ist, nur weil ab 2017 BVG auf den Bahnen steht. Hier wird es darauf ankommen, welche Eigeninteressen die Unternehmen haben, die diese Konzession erwerben. Die S-Bahn hat Millionen Reingewinne an die Deutsche Bahn abgeführt. Sie nutzen die Millionen nicht, um neue Züge zu kaufen. Sie haben die alten Züge auf Verschleiß gefahren und Betriebsstätten geschlossen, um mehr Gewinn machen zu können. Ich bin skeptisch, dass ein anderes Privatunternehmen dieses Eigeninteresse nicht hat. Festzuhalten bleibt, dass die Situation wie sie momentan ist und wie sie sich mittelfristig weiter gestalten wird, nicht tragbar ist und man politisch handeln muss.
Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch.