Studierendenschaft ändert ihr „Grundgesetz“

Oft wurde es versucht, nie hat es richtig geklappt. Nun ist die seit langer Zeit angestrebte Satzungsänderung samt Erhöhung der AStA-Aufwandsentschädigungen verabschiedet worden. Was heißt das für die Studierenden der Uni Potsdam? Von Denis Newiak.

Die Satzung der Studierendenschaft haben wohl die wenigsten Studierenden jemals gelesen – dabei regelt sie doch, was das gewählte Studierendenparlament (StuPa) und dessen Exekutive, der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA), mit den semesterweise zu entrichtenden Studierendenschaftsbeiträgen zu machen haben. Durch die Beiträge kommen jedes Jahr mehr als 400.000 Euro zusammen – bei solchen Summen sollte besser nichts dem Zufall überlassen sein. So regelt die Satzung beispielsweise, welche Rechte und Pflichten Stupa, AStA und die Fachschaften haben, wie die Organe gewählt werden und wie diese ihre Arbeit organisieren sollen. Es ist eine Art „Verfassung“ der Studierendenschaft.

So gut wie jedes Jahr gab es von Einzelnen und politischen Hochschulgruppen die Hoffnung, die benötigte Zweidrittelmehrheit zusammenzubekommen, um einzelne Punkte dieser Satzung ändern zu können. „Alte Hasen“ der Hochschulpolitik an der Universität Potsdam können ein Lied davon singen: Immer wieder gab es die Initiative, doch geklappt hat es nie. Dabei gäbe es genügend Punkte, die einer Reform bedürften: Viele Verfahrensweisen haben sich in der Praxis als unpraktikabel herausgestellt.

So wurde die bisherige Struktur aus bis zu zehn Haupt-Referaten und den daran angegliederten Ko-Referaten aufgelöst: Nun gibt es nur noch eigenständige und gleichgestellte Referate, die von jeweils bis zu vier Personen betreut werden können. Angesichts der jährlichen Probleme, genug Personal für die arbeitsintensive AStA-Arbeit zu gewinnen, ist es aber eher unwahrscheinlich, dass es auch nach den Satzungsänderungen zu einem erhöhten Engagement kommen wird.

Ein besonders strittiger Punkt war und ist die Anpassung der Höhe der Aufwandsentschädigungen, welche die AStA-Referent_innen für ihre Arbeit erhalten. Die Satzung der Studierendenschaft sieht vor, dass nicht mehr als 15 Prozent der Beitragseinnahmen für die Auszahlung von Aufwandsentschädigungen genutzt werden darf. Unklar war aber bisher, worauf sich dieser Anteil genau bezieht – schließlich bezahlen die Studierenden von den semesterweise zu entrichtenden 10 Euro nur 6,50 Euro für unmittelbare Zwecke der Studierendenschaft, der Rest ist zweckgebunden für den Betrieb des Studentischen Kulturzentrums („KuZe“) sowie für den Sozialfonds des Semestertickets und die Arbeit der Fachschaften vorgesehen. Bisher wurde die Satzung so interpretiert, dass die übrigen Töpfe hier herausfallen, also die 15 Prozent nur aus den Beiträgen der zu zahlenden 6,50 Euro zu begleichen sind. Bisher beschloss das Stupa jährlich, die jeweils volle Summe, zuletzt 39.000 Euro auszuschöpfen. Diesen Betrag kann dann der AStA mit seinen derzeit 16 Haupt- und Koreferaten unter sich aufteilen. Weil der AStA selbst entscheiden konnte, welche_r Referent_in wie viel vom Gesamtbetrag bekommt, unterschieden sich die Aufwandsentschädigungen zwischen den einzelnen Referent_innen zum Teil erheblich.

Nach der Satzungsänderung, welche Ende Januar 2013 mit 19 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen mit großer Mehrheit angenommen wurde, wird nun der Anteil der Aufwandsentschädigungen auf den vollen Beitrag von 10 Euro bezogen. Das freut natürlich die AStA-Referent_innen: Ihre Aufwandsentschädigungen erhöhen sich so im Durchschnitt um mehr als die Hälfte. Bisher erhielten die AStA-„Refs“ durchschnittlich etwa 180 Euro im Monat für ihre Tätigkeit – je nachdem, mit wie vielen anderen Referent_innen die AStA-Mitglieder den „Kuchen“ von 39.000 Euro teilen mussten. Mit dem nun eingestellten Topf von 60.000 Euro wächst die Aufwandsentschädigung im AStA auf durchschnittlich knapp 300 Euro.

Laut Alexander Gayko (Liste „Studentische Hochschulpolitik: BEAT-Bildung jetzt!, Grüner Campus, SDS, Shine UP“), derzeit noch Referent für Finanzen im AStA, sei eine Anpassung der Aufwandsentschädigung lange überfällig gewesen. „Wenn der AStA eine höhere Aufwandsentschädigung erhält, kann das Studierendenparlament auch mehr von ihm fordern“, so Gayko. Tatsächlich kam es in der Vergangenheit immer wieder vor, dass einzelne AStA-Referent_innen trotz Ermahnung weder ihrer Arbeit noch ihrer Rechenschaftspflicht nachkamen. Angesichts der Erhöhung der Aufwandsentschädigungen ließe sich erwarten, dass im Gegenzug auch die Kontroll- und Einflussrechte des Studierendenparlaments gestärkt würden. Tatsächlich kann der AStA nun nicht nur – von der Satzung legitimiert – völlig frei über die Verteilung seines Entschädigungs-Budgets entscheiden. Haben Mitglieder des Studierendenparlaments nun Zweifel an der Zuverlässigkeit einzelner Referent_innen, müssen nach neuer Regelung gleich 25 Prozent gemeinsam beantragen, die oder den Referent_in vor die Abgeordneten zum Bericht zu bestellen – früher konnte jede_r Einzelne einen solchen Antrag stellen. Um in Extremfällen einen Monatsbetrag der Aufwandsentschädigung abzuerkennen, muss dafür nun die Hälfte aller Abgeordneten abstimmen, früher war es nur ein Viertel. Nach der neuen Satzung geht also nicht nur mehr Geld Richtung AStA, sondern das Stupa verzichtet auch auf einen Teil seiner Kontrollrechte.

Während die Mitglieder des Studierendenparlaments ihre Tätigkeit kostenlos ausführen, erhalten die AStA-Referent_innen dafür eine inzwischen nicht unerhebliche Entschädigung. Die Arbeitsbelastung ist dabei zum Teil beträchtlich: Je nach Referat sind die Mitglieder zwischen 10 und 20 Stunden mit ihrer Arbeit beschäftigt. Eine Entschädigung für die gröbsten Aufwendungen erscheint dabei angemessen. Zugleich müssen sich die Organe der Studierendenschaft darum bemühen, unter den zahlenden Studierenden nicht den Eindruck zu erwecken, die erhöhte Entschädigung werde zum Hauptgrund für die Mitarbeit im AStA – im Mittelpunkt muss weiter der Wille stehen, sich für seine Kommiliton_innen und ihre Belange aktiv und wirkungsvoll einzusetzen.

Das Stupa muss nun – mit weniger Kompetenzen als zuvor ausgestattet – umso stärker und verantwortungsvoller seine Funktionen wahrnehmen, schließlich arbeitet der AStA für die parlamentarische Vertretung der Studierendenschaft und nicht umgekehrt. So muss das Stupa vorsorglich dem entgegenwirken, dass die finanziellen Anreize durch die Aufwandsentschädigungen (die kein Lohn sind, sondern nur zur Ausübung eines zeitintensiven Ehrenamtes befähigen sollen) zu einer „Selbstbedienungsmentalität“ führen. Sonst bleibt den Studierenden der Universität Potsdam die Satzungsänderung nicht als Reform für eine modernere und funktionstüchtigere studentische Selbstverwaltung in Erinnerung – sondern nur als Instrument zur Bereicherung von Wenigen auf Kosten Vieler.

So bleibt auch jeder einzelne Studi in der Pflicht, sich auf dem Laufenden zu halten, was die von ihm bestellte Vertretung in seinem Auftrag unternimmt oder auch nicht unternimmt. In jedem Falle bleibt jedem Studi die Möglichkeit, bei den jährlichen Wahlen zum Studierendenparlament Anfang Juli ein Zeichen zu setzen. 2012 beteiligte sich an den Wahlen nichteinmal einer von zehn Studis.

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