Määäähh! Schafe im Schlosspark Sanssouci

Wer im Schlosspark Sanssouci spazieren geht, traut seinen Augen nicht! Seit einigen Monaten kann man auf den Wiesen zwischen den preußischen Prunkbauten Schafe beim Grasen beobachten. Die Tiere sind nicht nur für die Unterhaltung der Besucher_innen zuständig, sondern arbeiten vielmehr für den Naturschutz. Von Morris Hoffmann.

Seit Juli dieses Jahres hat der Schlosspark Sanssouci ca. 40 neue Mitarbeiter_innen. Ihre Hauptaufgaben bestehen darin, das Gras auf den Wiesen des Parks kurz zu halten und einen Beitrag zum praktischen Naturschutz zu leisten. Die Rede ist nicht von Landschaftsgärtnern_innen, sondern von Schafen. Auf etwa zehn Flächen im weitläufigen Areal des Schlossparks ist das Blöken der Vierbeiner zu hören. Die Herde aus Bentheimer und Rauhwolligen Pommerschen Landschafen ist unter anderem an der Auffahrt zum Ehrenhof von Schloss Sanssouci sowie an der Maulbeerallee und im Park von Schloss Charlottenhof zu beobachten.

Um das Wohl der Schafe kümmert sich täglich ein Schäfer. Er schaut regelmäßig nach der Gesundheit der Tiere, füllt die Tränken auf den Wiesen mit frischem Wasser auf und überprüft die Elektrozäune. Sie sollen die neuen Parkbewohner_innen vor wilden Tieren und nicht auf ihre Halter_innen hörende Hunde schützen. Bisher wurden die Flächen maschinell gemäht. Laut Sven Hannemann, einer der Parkleiter im Schlosspark, sind diese Kosten ungefähr genau so hoch wie die aktuellen Ausgaben für den Schäfer und seine Tiere.

Schafe treffen auf Wissenschaftler_innen

Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Universität Potsdam. Verschiedene Wissenschaftler_innen untersuchen, wie sich die Beweidung der Wiesenflächen auf die Artenvielfalt und das Landschaftsbild auswirken wird. Da die Schafe das Gras nicht gleichmäßig fressen, entsteht eine andere Bodenbeschaffenheit als beim herkömmlichen Rasenmähen. Wird die Maschine eingesetzt, wird der Rasen gleichmäßig abgeschnitten und das Mahdgut auf der Fläche zu großen Teilen liegen gelassen. Das verhindert das Anwachsen von Samen, da diese durch das tote und trockene Gras erstickt werden.

Übernehmen Schafe die Arbeit eines Rasenmähers, sind neben leer gegrasten Flächen auch noch natürlich bewachsene Abschnitte vorhanden. Diese Vielfalt hilft seltenen und gefährdeten Pflanzen sich besser in einem Gebiet zu etablieren. Sie benötigen diese landschaftliche Vielfalt um dominanten und konkurrenzstarken Arten ausweichen zu können.

Natürlich sind die Prozesse in der Natur noch weitaus komplizierter. So wird die Artenvielfalt im Schlosspark Sanssouci unter anderem auch von Düngung und Wasserhaushalt sowie der Verbreitung der Samen in den Fellen der Schafe beeinflusst werden. Doch die Wissenschaftler_innen der Universität Potsdamer sind sich einig: Sie erwarten eine Zunahme der Artenvielfalt im Schlosspark. Johannes Metz, der im Moment die Professur für Biodiversität vertritt, sagt, dass durch die Tritte der zahlreichen Schafe auf engem Raum der Boden aufgelockert wird. Ein weiterer Vorteil für keimende Samen, die in die Erde eindringen müssen. Michael Burkart, Kustos des Botanischen Gartens der Universität Potsdam, sieht das Experiment auch in einem größeren Kontext: „Mehr Pflanzenvielfalt heißt auch mehr Insekten und mehr Vielfalt bei den ökologisch so wichtigen Pilzen.“

Der angehende Naturwissenschaftler und Masterstudent Jakob Schulz beschäftigt sich in seiner Abschlussarbeit mit der Frage, ob die beweideten Flächen tatsächlich eine größere Pflanzenvielfalt aufweisen als die Flächen ohne Schafe. Mehrmals in der Woche sucht er die Schafherden auf und bestimmt und katalogisiert die Vegetation sowohl auf den beweideten als auch auf den nicht beweideten Flächen. Im nächsten Jahr wiederholt er das gesamte Experiment und wird Auskunft geben können, ob die Expert_innen mit ihren Annahmen recht behalten werden.

Altbekannt und doch neu

Schafe im Schlosspark Sanssouci – das gab es schon mal. Bereits zur Zeit von Friedrich dem Großen grasten bis zu 300 Tiere in den traditionsreichen Gartenanlagen Potsdams. Und auch in der DDR kamen die Vierbeiner im Schlosspark zum Einsatz. In beiden Fällen aber sicherlich nicht, um einen praktischen Beitrag zum Naturschutz zu leisten.

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