Familienfreundliche Uni 2.0

„Die Universität Potsdam ist eine familienfreundliche Uni.“ Dieser Satz ist mir noch von den Einführungsveranstaltungen von vor einigen Jahren gut in Erinnerung geblieben. Aber was ist das überhaupt eine „familienfreundliche Uni“?

Eine Uni, die sich um Studierende und Mitarbeitenden mit Kind kümmert? Das wäre das klassische Bild, an das man im erstem Moment denken mag. Kinder sind an der Uni Potsdam zu finden, bzw. zu erahnen. Über eine kleine Grundausstattung verfügt die Uni Potsdam letztendlich: Kinderstall in der Mensa in Griebnitzsee, Hochstühle in der Mensa am Neuen Palais, meist nur ohne Inhalt, also Kind. Die Vereinbarkeit von Kind und Studium scheint somit augenscheinlich für die Uni Potsdam eine Rolle zu spielen.

Aber was ist mit Studierenden mit Eltern oder Verwandten die pflegebedürftig sind? Eine Pflegestation auf dem Campus ist mir bis jetzt noch nicht aufgefallen.

Scherz bei Seite. In Zeiten des viel beschrienen demographischen Faktors sollte doch auch dies mitbedacht werden!? Wird es auch! Nur wissen dies sehr wenige, was ich leider im letzten Jahr selbst erleben durfte, als meine Mutter Ende 2012 sehr plötzlich schwer erkrankte und pflegebedürftig wurde. Das war ein Schock. Was tun? Zuhause gebraucht werden, aber gleichzeitig das Studium irgendwie bewältigen? Leistungspunkte müssen letztendlich erbracht werden sonst klappt es mit der Regelstudienzeit nicht. BAföG ist endlich. Ich wandte mich an das BAföG-Amt, die Uni-Psychologin, an Dozenten. Man hat in dieser Situation eigentlich keinen Nerv dazu sich großartig zu informieren, Anträge zu stellen, an die Zukunft zu denken. Eine plötzliche schwere Erkrankung eines geliebten Verwandten, reißt nicht nur diesen unmittelbar aus dem Leben sonder auch die Angehörigen. Halt auf freier Strecke. Man weiß häufig nicht wie es weiter geht. Vor? Zurück? Heilung? Tod?

Ohne Frage brachten mir alle viel Verständnis, Kulanz und Hilfe entgegen, aber nicht unbedingt Hilfe die unmittelbar umzusetzen war. Ein Antrag auf ein Urlaubssemester oder für ein Teilzeitstudium hat Fristen und Bearbeitungszeiten, die alles andere als spontan sind. Ein Härtefallantrag hört sich im ersten Moment einfach zu drastisch und übertrieben an, als er tatsächlich ist. Letztendlich sieht man sich selber nicht als Härtefall, sondern der Härtefall liegt zuhause im Bett. Keiner machte mich darauf aufmerksam, dass es seit Januar 2012 ein Beratungsangebot zur Vereinbarkeit der Pflege von Angehörigen durch das Koordinationsbüro für Chancengleichheit am Neuen Palais gibt. Auf diese Möglichkeit stieß ich jetzt erst durch meine Recherchen für diesen Artikel. Blöd, zu einem weil ich keine Hilfe mehr brauche, meine Mama ist tot, zum Anderen weil ich hier eigentlich mit der Uni ein wenig abrechnen wollte. Mich beschweren, dass Studierende mit pflegebedürftigen Verwandten vergessen werden. Werden sie aber gar nicht. Allerdings warum versteckt die Uni Potsdam dieses Angebot? Warum ist die Existenz dieses Büros so unbekannt? Bzw. warum wissen die Dozierenden, die Studierende in solchen Situationen beraten, nichts von diesem Angebot? Es ist doch super! Menschen in einer Situation wie meiner, oder ähnlicher, brauchen den Wink mit dem Schaufelbagger! Wie beschrieben fehlen einfach Zeit und Nerven um sich großartig auf die Suche für einen selbst zu machen. Der Fokus, die Gedanken sind bei der pflegebedürftigen Person. Ergo: die Arbeit bzw. die Existenz des Koordinationsbüros für Chancengleichheit muss noch viel viel bekannter werden, dann klappt es auch gänzlich mit dem Prädikat familienfreundliche Universität!

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