16 Mal Vorfreude auf die neue Spielzeit

Das Hans Otto Theater hat neue Farben, eine neue Schrift und 15 neue Schauspieler_innen. Unter der neuen Intendanz von Bettina Jahnke präsentiert sich das Theater in rot-weißem Design. Vergangenen Samstagvormittag machte es einen Schritt auf die Stadt Potsdam und seine Bewohner_innen zu und präsentierte sich von 11 bis 13 Uhr in der Innenstadt. Von Clara Olberding.

16 kleine schauspielerische Appetitanreger gab es am vergangenen Samstagvormittag, dem 8.September, zu bestaunen. 16 Mal durfte man innehalten in der wuseligen Innenstadt Potsdam, in die viele gekommen waren. Um zu flanieren und um der Einladung des neuen Hans Otto Theaters zu folgen und es bei den SchauSpielFenstern kennenzulernen.  Die Bretter, die die Welt bedeuten, haben einen Ausflug in die Innenstadt gemacht, um zu zeigen, in welche Richtung es in der neuen Spielzeit gehen wird. Schaufenster ausgewählter Geschäfte um und in der Brandenburger Straße wurden  somit zu Bühnen, die von Schauspieler_innen des Hans Otto Theaters bespielt wurden.

Jedes der 16 Schaufenster war anders inszeniert. „Der Schimmelreiter“ wurde vorgelesen, während Ronja Räubertochter mit Birk über Schluchten sprang. Wieder ganz ruhig erzählte Rita Feldmeier als Haifa in „Occident Express“ von dem Moment, als sie zur Frau wurde. Dann wieder amüsant war die pantomimische Clownsshow von Philipp Mauritz und René Schwittay, die den Passant_innen das Stück „Haus Blaues Wunder“ vorstellten.

„Haltung“ beweisen

Doch auch das Spielzeitmotto „Haltung“ sollte in der schillernden Welt der SchauSpielFenster nicht zu kurz kommen. Natürlich kam es zu Interaktionen mit den Menschen auf der anderen Seite der Fenster. Eine der interessantesten Begegnungen fand während Joachim Bergers Monolog zu „Viel gut essen“ statt. Das Stück von Sybille Berg handelt von einem Mann im besten Alter, der sich entschließt, nachdem seine Frau ihn verlassen und er seinen Job verloren hat, sich einer marodierenden Männergruppe gegen Migrant_innen, Frauen, Homosexuelle und Muslim_innen anzuschließen.

Also präsentiert sich Berger uns als verärgerter Wutbürger, der Karotten und Kartoffeln schneidet und wütend Parolen schwingt – bis sich jemand aus dem Publikum empört: Ein Mann muslimischen Glaubens erhebt die Stimme und fragt, was das alles soll. Anstatt sich aufzuregen, in seinem Spiel unterbrochen worden zu sein, geht Berger auf den Mann zu, stellt klar, dass er nur Schauspieler ist, und nimmt ihn in den Arm, nachdem er ihm recht gegeben hat, dass solche Aussagen alles andere als okay und tolerierbar sind.

Interaktion und Offenheit

Genauso viel Spontanität beweist Franziska Melzer, die in kompletter Schneemontur das Stück „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ präsentiert. Als sich ihrem Schaufenster gegenüber eine Familie positioniert, um lauthals zu musizieren, schlurft sie in ihren Schneeschuhen zu ihnen, wippt zunächst als Zuschauerin still im Takt der Musik, bis sie sich dann entschließt mitzumachen, neben die vier Musikant_innen stellt und einfach mitsingt.

Und nicht nur sie mischte sich unters Volk. In der Nähe der Friedrich-Ebert-Straße suchten Jan Hallmann und Kristin Muthwill nach dem guten Mensch von Potsdam und baten, passend in einem Schuhgeschäftsschaufenster, um Freiwillige, um den vermutlich kleinsten Schuh der Welt anzuprobieren, durch den der gute Mensch per se identifiziert werden kann. Leider blieb die Suche ohne Erfolg. Spaß an der Interaktion hatten vor allem die Kleinsten, die meist nur in Begleitung der Eltern zu den „komisch geschminkten Menschen“ ins Schaufenster wollten.

Ein Einblick hinter die Kulissen

Doch nicht nur die Schauspieler_innen sollten an diesem Vormittag glänzen. In einem der Schaufenster wurde an Andreas Spaniol gezeigt, wie die Maske arbeitet. Zu diesem Zweck wurde er immer wieder als Othello geschminkt, abgeschminkt, um dann wieder neu geschminkt zu werden. Ganz zum Schluss lässt er sich aber auch nicht nehmen, Haltung zu beweisen, als er sich in die Masse der Passant_innen stellt, die ihm und der Maske zugesehen haben, und schwingt eine Rede an sein Heer, die er damit enden lässt, dass, wenn wir bestehen wollen, wir das nur gemeinsam schaffen und verweist nochmal auf das Spielzeitmotto.

Das Interesse war groß am vergangenen Samstagvormittag in der Potsdamer Innenstadt, die Neugier auf das, was nun bald kommt, vermutlich noch etwas größer. An jeder Ecke standen Theatermitarbeiter_innen, bereit für eine kleine Unterhaltung, offen für Fragen jedweder Art. Das Spielzeitmotto wurde schon unter Beweis gestellt, ebenso die große Offenheit und Nähe der Stadt gegenüber. Vermutlich freut sich nun nicht mehr nur das Theater und seine Liebhaber_innen, sondern auch die ganze Stadt Potsdam, dass das Theaterschiff am 22. September endlich seine Pforten öffnet.

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