Novellierung des Hochschulgesetzes lässt auf sich warten

Seit Jahren warten Studierende und Lehrende in Brandenburg auf die Novellierung des Landeshochschulgesetzes. Eigentlich sollte es seit Oktober den Gesetzgebungsprozess durchlaufen. Nun verschiebt sich die Verabschiedung erneut um wohl ein halbes Jahr. Von Denis Newiak.

Der für Oktober angekündigte Gesetzgebungsprozess zur Novellierung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes verschiebt sich erneut. Wie das zuständige Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) auf Nachfrage der Studierendenzeitschrift „speakUP“ mitteilte, wird das Kabinett über den überarbeiteten Entwurf nun erst im Januar abstimmen und in den Landtag zur Ersten Lesung vorlegen. Ursachen für die erneute Verzögerung seien die „Ressortabstimmung innerhalb der Landesregierung“ und die „Beteiligung der Gewerkschaften“. Beides habe zu einem „umfangreicheren Erörterungsbedarf“ geführt.

Spätestens seit den Studierendenprotesten Ende 2009 wird an den Hochschulen im Land Brandenburg lautstarke Kritik am Bologna-Prozess und dessen bundes- und landesrechtlicher Umsetzung sowie an den allgemeinen Bedingungen an den Hochschulen geäußert. Studierendenvertretungen bemängeln insbesondere den gestiegenen Leistungsdruck auf die Studierenden durch kürzere Regelstudienzeiten und Anwesenheitspflicht, außerdem stehen „versteckte Studiengebühren“ durch Rückmelde- und Prüfungsgebühren, ein Mangel an Master-Plätzen, zu wenig Einfluss auf hochschulpolitische Prozesse und das Fehlen einer Zivilklausel in der Kritik der Studierenden. Die Lehrenden, allen voran die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), fordern bessere Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung für die Dozierenden, die immer öfter in Lehraufträgen verpflichtet kaum mehr als eine Aufwandsentschädigung für ihre Tätigkeit erhalten. Die Landesregierung argumentiert, dass die gewünschten Veränderungen angesichts der Finanzlage des Landes nicht im geforderten Maße zu bewältigen seien.

Nach einem langwierigen Prozess der Diskussion liegt seit Frühjahr ein vollständiger Entwurf vor, der auf zwei von ursprünglich drei geplanten Diskussionveranstaltungen, organisiert von der Brandenburgischen Studierendenvertretung, erörtert wurde und in einem Online-Forum kommentiert werden konnte („speakUP“ berichtete). Während einzelne Teilveränderungen im Gesetz – beispielsweise eine leichte Öffnung der Zulassungsreglungen – von den Studierendenvertretungen begrüßt wurden, seien die meisten zentralen Anliegen der Studierenden ungehört oder unberücksichtigt geblieben. Auch die geringe Beteiligung der Studierenden an dem Diskussionsprozess führte zu Unmut bei Organisator_innen und Beobachter_innen des Prozesses.

Inzwischen wurden an dem Entwurf erneut Veränderungen vorgenommen. Laut einem internen Dokument, welches der Studierendenzeitschrift „speakUP“ vorliegt, soll beispielsweise statt der geforderten Zivilklausel, die eine Trennung von militärischer und ziviler Forschung an den öffentlichen Hochschulen verlangen würde, nun eine „Ethikkommission“ eingerichtet werden, die über die Zulässigkeit von Forschungsmaßnahmen berät, deren genauen Aufgaben und Kompetenzen aber dem Text zufolge noch unklar bleiben. Wie bereits seit August feststeht, soll der Stimmenteil der studentischen Vertreter_innen in den obersten beschlussfassenden Organen (an der Universität Potsdam also im Senat) auf 30 Prozent steigen – zu Lasten der Vertreter_innen des Personals; der Stimmenanteil der Professor_innen soll unverändert bleiben.

Dass der Abschluss der Novellierung nun erneut verschoben wird, wundert den Allgemeinen Studierendenausschuss der Universität Potsdam nicht: „Bisher hat das MWFK in unseren Augen inakzeptable Entwürfe geliefert. Vermutlich sind wir nicht die einzigen, die das so sehen. Schon deshalb allein wird ständig nachgebessert“, meint Paul Möller, AStA-Referent für Hochschulpolitik. Es sei unklar, ob die Landesregierung das Novellierungsprojekt bis zur nächsten Wahl „verschleppen“ wolle (im kommenden September finden die nächsten Landtagswahlen in Brandenburg statt) oder es nun doch zu einem „Endspurt“ komme. Dass die „Diskussions- und Einigungsprozesse“ weniger ergiebig ausgefallen seien als erhofft, sei letztlich eine Folge der kritisierten Umstände: „Die Aktiven vom Bildungsstreik leiden genau an den Studienbedingungen, welche vor vier Jahren kritisiert wurden: Der Druck der Zwangsexmatrikulation im Nacken und die sowieso kurzen Regelstudienzeiten der neuen Studiengänge befördern einen nach dem anderen aus der Uni“, so Möller. Der AStA plane nun neue Maßnahmen, um die Studierendenschaft für eine größere Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren zu mobilisieren, eventuell im Rahmen einer Kampagne. Die Brandenburgische Studierendenvertretung (BrandStuVe) stand für eine Stellungnahme zu den aktuellen Entwicklungen nicht zur Verfügung.

Können Landesregierung und Landtag den derzeit anvisierten Zeitplan halten, könnte das überarbeitete Gesetz im März verkündet werden. Andernfalls vergrößert sich das Risiko, dass der Novellierungsprozess unter neuer Regierung wieder am Anfang stünde. Wahrscheinlicher jedoch ist, dass Anfang 2014 nach jahrelangen Diskussionen ein novellierter Gesetzestext vorliegt, der an der derzeitigen Lage und den wesentlichen kritisierten Problemen kaum Veränderungen vornimmt.

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