Noch bis zum 20. Mai läuft das 21. Jüdische Filmfestival Berlin und Potsdam. Dieses Jahr findet es unter dem Motto „Lecker Film“ statt. Natürlich wird dabei nicht nur auf die Leinwand, sondern auch in die Kochtöpfe geguckt. Die speakUP war bei dem kulinarischen Genuss dabei. Von Angelina Schüler.
Es gibt Filme, bei denen die Vorstellung eines Geruchkinos nahezu absurd ist. Wer möchte denn eklige Zombies gleichzeitig sehen und riechen? Es gibt aber auch Filme, die geradezu prädestiniert sind, um dem Publikum mittels Optik und Olfaktorischer Wahrnehmung ein unvergessliches Kinoerlebnis zu bereiten.
Ein solcher Film ist die Dokumentation „Jerusalem On A Plate“ vom Regisseur James Nutt, der den israelisch-britischen Koch Yotam Ottolenghi durch dessen Heimatstadt Jerusalem begleitet. Gemeinsam schauen sie in die Küchen und Kochtöpfe der Stadt.
Dabei stehen nicht die Gourmetrestaurants der gehobenen Klasse im Mittelpunkt, sondern die traditionelle, vielfältige Küche Israels. In einer Hinterhofbäckerei, auf den Straßen vor der Altstadt oder im palästinensischen Haus: Yotam stoppt und schmeckt auf seiner kulinarischen Reise an vielen Stationen und sucht das überraschende Moment auf der Zunge.
Ein kultureller und kulinarischer Melting Pot
Israel ist in erster Linie ein Einwanderungsland. Das bedeutet für die Küche, dass alte palästinensische Rezepte mit unzähligen Einflüssen aus den Heimatnationen kombiniert und die eigene Kochkultur mitgebracht und integriert wurde. So bunt und reichhaltig wie Jerusalem sind auch die Mahlzeiten. Für Yotam Ottolenghi, der in Jerusalem aufgewachsen ist, dienen die althergebrachten Familienrezepte als Inspiration für sein Restaurant in London.
Doch es geht eben nicht nur um das Mengenverhältnis von Mehl zu Eiern oder der richtigen Gewürzmischung. Yotam will nicht bloß jüdisch kochen. In einem Land, prall gefüllt mit Geschichte, Emotionen und Konflikten, redet man beim Zubereiten nicht nur über die Verwandtschaft und das Wetter, sondern auch über Krieg und Politik. „Ich glaube, Essen ist ein Weg zum Frieden“, meint der Hummus-Verkäufer vor dem Damaskus-Tor.
Yotam findet auf seiner Reise noch mehr Beispiele für ein friedliches Miteinander am Herd: ein libanesischer Bäcker, der aschkenasische Kuchen herstellt, die polnisch-marokkanische Einwandererküche, eine Einladung zum Essen bei einer palästinensischen Familie und letztendlich die Liebe einer Jüdin und eines Palästinensers, die ein Restaurant vor den Toren Jerusalems eröffnet haben.
Appetit bekommen? Ab ins Kino!
Diese kulinarische Reise ist nicht der einzige Film beim derzeit laufenden Jüdischen Filmfestival. Selbstverständlich geht es auch nicht nur ums Kochen. Die israelische Gesellschaft von heute wird in den Fokus gerückt. Wie sieht das jüdische Leben in Europa, Amerika, Israel und anderswo aus? Was beschäftigt israelische, jüdische, arabische Filmschaffende? Das Festival ist ein willkommener Anlass, über den Tellerrand des eigenen Verstandes zu schauen und, anstatt in seiner Suppe zu kochen, auch mal von unbekannten Köstlichkeiten zu naschen. Wir sagen Film ab und Bete’avon!
Das komplette Programm gibt es unter jffb.de und das Kochbuch „Jerusalem“ gibt’s hier: ottolenghi.co.uk/jerusalem-shop