In einem der teuersten Länder Europas ohne Geld und Plan unterwegs? Funktioniert das? Unsere Redakteurin hat es ausprobiert und wurde überrascht. Von Damaris Reichert.
Mit einem kolumbianischen Freund haben wir spontan beschlossen, in die Schweiz zu gehen und dort eine Freundin von mir zu besuchen. Da aber die Schweiz teuer ist und wir arm sind, starten wir den Versuch die 400km von Grenoble bis nach Zürich per Anhalter zurückzulegen.
So stellten wir uns morgens um 10 Uhr mit einem Pappschild aus einer alten Müslipackung an eine Straße, die zur Autobahn führte.
Die ersten Anhalter-Erlebnisse
Wir mussten nicht lange warten und schon hielt das erste Auto an, das uns bis an eine Mautstelle auf der Autobahn mitnehmen konnte. Von dort wurden wir von einem freundlichen Herrn mitgenommen, der uns bis zur nächsten Mautstelle bei Chambéry mitnahm.
Dort waren wir erst ein bisschen orientierungslos und sind vorsichtig von Fahrstreifen zu Fahrstreifen gegangen, um auf die andere Seite zu gelangen, die sich dann doch als die falsche Seite herausstellte. Zurück ging es nicht mehr, da dort die Wächterin schon auf uns aufmerksam wurde und uns verbot, wieder über die Fahrstreifen zurückzugehen. So blieb uns nur der gefährliche Weg über die Autobahnauffahrt. Nach diesem kleinen Umweg befanden wir uns wieder an unserem Ausgangspunkt, wo wir dieses Mal etwas länger warten mussten, bis uns ein netter Franzosen mitgenommen hatte.
Dieser bot uns an, uns fast bis an die Schweizer Grenze mitzunehmen, wenn wir kurz auf ihn warten können, da er zu Hause Dokumente abholen muss. Er hat uns mitgenommen. Bei ihm zu Hause hat er uns ein Bier angeboten und spontan noch für uns gekocht. Nach einer etwa zweistündigen Pause ging es dann fast bis nach Lausanne weiter. Inzwischen waren wir schon etwas aus unserem Zeitplan (wir haben uns keine Gedanken über Übernachtungsmöglichkeiten gemacht, da wir dachten wir schaffen es locker an einem Tag. So langsam begannen wir aber schon daran zu zweifeln) und es hat angefangen zu regnen.
Klatschnasse Gastfreundschaft
So standen wir eine Weile im Regen ohne Regenschirm. Wir waren nicht wirklich auf alle Umstände vorbereitet. Die einzige Absicherung war ein Schlafsack, falls wir es nicht innerhalb eines Tages geschafft hätten. Nach etwa 40 Minuten hielt ein schwarzes Auto. Das Fenster wurde heruntergelassen und ein Mann sagte etwas, das nach Französisch mit starkem Akzent klang, dass ich aber nicht verstand.
Mein kolumbianischer Freund hat aber gleich den spanischen Akzent herausgehört und gefragt, ob er Spanisch spreche. Wir sind eingestiegen und es hat sich herausgestellt, dass unser freundlicher Retter auch aus Kolumbien kommt. Ich saß dann hinten, während vorne ein spanischer Redeschwall erklang. Er bot uns an, uns fast bis nach Lausanne mitzunehmen, aber auch er musste unterwegs noch etwas erledigen und hat uns dann in einem Café abgesetzt, wo er uns auf einen Cappuccino und ein Croissant eingeladen hat.
Wir konnten uns also aufwärmen, während wir auf ihn warteten. Als er wiederkam meinte er, es sei ja jetzt schon spät und werde bald dunkel und er habe seine Frau gefragt: Wenn wir wollen, könnten wir bei ihm übernachten. Wir hatten keine wirkliche Alternative und er sah nett aus, also nahmen wir das Angebot an. Wir verbrachten also einen Abend in einer kolumbianischen Familie, die in der Schweiz lebt und konnten eine unglaubliche Gastfreundschaft erleben. Für uns wurden zwei Flaschen Wein geöffnet, es wurde gekocht und wir wurden wie ein Teil der Familie behandelt.
Die letzte Etappe mit einem kleinen Zwischenstopp
Am nächsten Morgen brachte uns der neue Freund an eine Raststelle auf der Autobahn und wir warteten, noch immer voller Glücksgefühle, auf unser nächstes Auto. Das ließ auch auf sich warten. Wir warteten bestimmt eineinhalb Stunden bis uns ein netter Australier mitnahm, der uns anbot, uns in Bern rauszulassen, damit wir die Stadt noch ein bisschen besichtigen können. Das ließen wir uns nicht entgehen und verbrachten also den Nachmittag in Bern. Dann hofften wir, mit dem nächsten Auto in Zürich anzukommen. Nach einigen Minuten hielt ein freundlicher Schweizer neben uns, der auch wirklich bis nach Zürich fuhr.
Zürich – fast am Ziel
Dort angekommen liefen wir ins Zentrum und schauten uns Zürich an. Dann stand noch eine letzte Etappe an. Wir mussten irgendwie in das Dorf gelangen, in dem meine Freundin wohnte. Langsam wurde es dunkel und wir waren uns nicht sicher, ob uns jemand mitnehmen würde. Als wir gerade die Hoffnung verloren hatten, hielt ein Auto neben uns und eine nette Frau fragte uns, ob sie richtig gelesen habe, dass da der Name des kleinen Dorfes stand. Sie müsse in das Dorf direkt danach. So wurden wir direkt vor die Haustür gefahren und eine zweitägige Reise mit vielen schönen und unerwarteten Überraschungen ging zu Ende.