Mit 238 Stimmen im Senat: Die neuen studentischen Vertreterinnen im Gespräch

Physikstudentin Karola Schulz von der Juso-Hochschulgruppe und Gesine Dannenberg, Linke und im Fach Englisch eingeschrieben, sind seit Oktober die neuen studentischen Senatsvertreterinnen. Wir haben mit ihnen gesprochen über ihre Ziele für die kommende Legislatur. Interview von Maria Dietel und Denis Newiak.

speakUP: Von fast 19.000 Wahlberechtigten hast du, Gesine, 80 Stimmen bekommen, bei dir, Karola, waren es 158. Fühlt man sich da ausreichend legitimiert?
Gesine: Es ist wahr: Die Wahlbeteiligung ist niedrig. Es gab sogar Jahre, in denen es noch schlechter aussah. Auch bei der Landtagswahl war ich schockiert, wie wenig Leute ihre Stimmen abgegeben haben. Dennoch: Letztlich haben uns Leute gewählt, es haben sich Studis mit unseren Inhalten auseinandergesetzt und wollen, dass die studentische Selbstverwaltung weitermacht. Das Ziel muss sein, dass mehr Leute Lust bekommen, bei der Hochschulpolitik mitzumachen.
Karola: Ich gehe da mit. Vor allem versuche ich selbst, immer Leute zum Wählen zu bewegen, dennoch ist das Desinteresse da. Aber ich fühle mich gewählt und empfinde die Stimmenzahl auch als Ehre. Deswegen sehe ich mich verpflichtet, diesen Auftrag auch wahrzunehmen.
speakUP: Warum geht kaum jemand von den Studis zur Senatswahl?
Karola: Viele wissen, denke ich, gar nicht, was der Senat so macht. Es wird auch unsere Aufgabe sein, das mehr nach außen zu tragen.
Gesine: Absolut. Selbst ich kriege von der Senatsarbeit nicht viel mit, obwohl ich sehr interessiert bin. Man muss sich selbst viel informieren. Dass das nur wenige Studis machen, hat Ursachen: Mit Geldsorgen, Wohnungssuche und Prüfungsstress haben die Studis ganz andere Sorgen.
speakUP: Die Wahlvorschlagslisten sind ja fast endlos. Es scheint so, als gelte das Prinzip: Hauptsache, es stehen viele Leute drauf, irgendwer wird schon irgendwen kennen und die oder den dann wählen, unabhängig von den Inhalten. Geht es mehr um bekannte Gesichter als um Positionen?
Karola: Da ich noch nicht lange dabei bin, sage ich meine studentische Sicht: Ja, viele stehen nur drauf, um Stimmen für die Liste zu fangen, aber gewählt werden wollen sie eigentlich nicht.
Gesine: Natürlich wählen Leute bekannte Gesichter, weil sie ihnen vertrauen. Ich selbst war auf Listenplatz 33, dennoch wurde ich gewählt. Das halte ich für einen Vertrauensbeweis. Letztlich werden die Stimmen für die einzelnen Kandidat_innen den Listen zugeschrieben, wie bei Kommunalwahlen. Also steht auch jede_r Einzelne für die Inhalte dieser Liste.
speakUP: Welche Erfahrung in der Gremienarbeit bringt ihr in den Senat mit?
Karola: Ich bin im mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultätsrat. Dessen Beschlüsse kommen auch zum Teil in den Senat, daher weiß ich schon, wie das im Groben läuft. Ansonsten war ich im Präsidium der Vereinigung der Fachschaften, doch da geht es nur um die Verteilung des Geldes, weniger um Politik, da muss ich mich noch reinfuchsen.
speakUP: Ob das wirklich so unpolitisch ist, was da in der VeFa entschieden wird, könnte man sicherlich diskutieren. Gesine, was hat dich bisher beschäftigt?
Gesine: Ich bin seit einem Jahr im Studierendenparlament für „Die Linke.SDS“, da spielt sich das Meiste vor allem zwischen den Sitzungen ab: Mit dem AStA reden, den Haushalt studieren, Kompromisse finden. Ich freue mich aber jetzt darauf, im Senat auch mit den Profs und Mitarbeiter_innen ins Gespräch zu kommen. Ansonsten bin ich durch mein Engagement in der Partei wahlkampferprobt.
speakUP: Stichwort: Wahlkampf. In Bezug auf den Senat passiert da auf dem Campus kaum etwas, oder wie seht ihr das?
Gesine: Das ist wirklich ein Punkt. Wir müssen die Arbeit der Gremien viel besser kommunizieren. Woher sollen die Studis sonst wissen, was dort passiert? Die Listen sollten wieder präsenter auf dem Campus sein, mit Veranstaltungen, oder eigenen Publikationen. Das passiert teilweise schon, aber viele Listen haben das auch einschlafen lassen.
Karola: Ich denke, wir sollten nicht zu viel Wahlkampf für verschiedene Listen machen, sondern für die Arbeit des Senats als solchen werben, denn mit zwei Sitzen sind die Studis ohnehin unterrepräsentiert.
speakUP: Das neue Hochschulgesetz bietet euch die Möglichkeit, in Zukunft drei studentische Mitglieder in den Senat zu schicken – zu Lasten der Gruppe der technischen oder der akademischen Mitarbeiter_innen. Welcher von beiden Gruppen würdet ihr lieber den einen Sitz abnehmen?
Gesine: Weiß ich nicht, das müssen wir noch diskutieren.
speakUP: Aber findet ihr die Neuregelung fair? Sie scheint ja auch ein bisschen die Studis ruhig stellen zu wollen, da ja die Viertelparität, also die Gleichstellung aller Interessengruppen im Senat, gescheitert scheint.
Karola: Auch die technischen und akademischen Mitarbeiter_innen arbeiten für uns und unsere Interessen, daher fühle ich mich damit eher unwohl, ihnen einen Sitz wegzunehmen.
Gesine: Es gibt ja noch die Möglichkeit eines erweiterten Senats, wo für die studentische Stimme mehrere Vertreter_innen einvernehmlich votieren. Ich glaube, das funktioniert an der TU schon ganz gut. Das ist besser, als die Statusgruppen gegeneinander auszuspielen.
Karola: Das sehe ich genauso.
speakUP: Der Senat beschäftigt sich vor allem mit endlosen Studien- und Prüfungsordnungen. Wer liest das denn alles? Wird das nicht einfach nur durchgewinkt?
Gesine: Natürlich muss man sich damit auseinandersetzen. Viel Arbeit passiert aber schon vorher: Wir können Entwürfe an die Kommissionen zurückgeben. Im Senat können wir dann ein Zeichen setzen, wenn es falsch läuft.
Karola: Klar, da kommt viel Arbeit auf uns zu, aber Durchwinken ist nicht mein Anspruch.
speakUP: Die Professor_innen haben sechs Stimmen, und oft ganz andere Interessen als die Studis. Kann man da überhaupt mit zwei Stimmen seine Ziele durchsetzen?
Karola: Ich habe gehört, dass es mit den Profs zum Teil wirklich schwierig ist, weil sie mitunter andere Ziele haben als wir. Zumindest ist es gut, dass es von jeder Fakultät eine_n gibt.
Gesine: Am Ende sehen doch alle unabhängig von ihrer Rolle, dass man bestimmte Dinge nur gemeinsam verändern kann. Ein Prof hat auch nichts davon, wenn wir alle im Klausurensumpf versinken oder es sich kein Studi mehr leisten kann, in einer Universitätsstadt zu wohnen oder eine Familie zu haben.
speakUP: Kann der Senat auf solche großen politischen Themen wirklich einwirken? Beim Hochschulvertrag mit dem Land hatte der Senat beispielsweise nur unter „erheblichen Bedenken“ zugestimmt, aber zugestimmt hat er dennoch. Es blieb ihm nichts anderes übrig, sonst fließt kein Geld.
Karola: Das gebe ich mal weiter, da fehlt mir noch die Expertise.
Gesine: Es ist auch schwer. Die gleiche Frage stellen viele beim StuPa: „Was kann man da schon bewegen?“ Letztlich passiert Wandel an ganz verschiedenen Stellen, z.B. auch in der Stadtverordnetenversammlung, oder im Landtag. Da müssen wir ansetzen und uns einbringen.
speakUP: Dabei macht ja die Landtagsfraktion nicht immer das, was die Hochschuljugend gut findet, wie die Erfahrung der letzten fünf Jahre zeigt, oder?
Gesine: Man muss immer dranbleiben und dafür kämpfen, dass es besser wird. Nur zu hoffen, bringt nichts. Dennoch: Dass z.B. die Rückmeldegebühr von 51 Euro nicht abgeschafft wurde, lag meines Wissens nach nicht an der Linken.
speakUP: Karola, wie siehst du das als Vertreterin der Jusos?
Karola: Man ist sich nie in allem einig. Letztlich bin ich aber kein SPD-Mitglied, sondern Vertreterin im Senat.
speakUP: Wir danken euch für dieses Gespräch!

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