„Plötzlich Freizeit“: Baumkronenpfad und Barfußpark in Beelitz-Heilstätten

Nur ungefähr 40 Minuten mit der Bahn von Berlin und Potsdam entfernt liegen die über 100 Jahre alten berühmten Beelitzer Heilstätten. Als Reaktion auf die in Berlin ausgebrochene Tuberkulose kaufte die Landesversicherungsanstalt Berlin im Jahre 1898 ein etwa 140 Hektar großes Waldgebiet. Dort entstanden in mehreren Bauphasen die Beelitzer Heilstätten. Heute kann man dieses historische Gebiet auf dem Baukronenpfad aus einer Vogelperspektive entdecken, an Führungen über das Gelände teilnehmen und im benachbarten Barfußpfad mit bloßen Füßen in die Natur eintauchen. Von Julia Hennig.

Eine Zeitreise in die Medizingeschichte

Berlin boomt: Heute wie damals. Im Zuge der Industrialisierung und des einhergehenden wirtschaftlichen Aufschwungs setzte im 19. Jahrhundert ein starkes Bevölkerungswachstum ein. Für die Arbeiter_innenschicht der Berliner Bevölkerung bedeutete dies vor allem, in überfüllten Wohnungen und unter schlechten Hygienebedingungen zu leben. Unter diesen Voraussetzungen breitete sich die Tuberkulose unter der armen Städtebevölkerung jedoch rasch aus und wurde zu Ende des 19. Jahrhunderts und Beginn des 20. Jahrhunderts eine der Haupttodesursachen. Robert Koch endeckte im Jahre 1882 zwar das Tuberkulose-Bakterium, allerdings konnte sein neues Medikament die Tuberkulose nicht bekämpfen. Diese Problematik thematisiert die im vergangenen Jahr ausgestrahlte ARD-Serie „Charité“.

Positive Erfahrungen bei der Behandlung von Lungentuberkulose hatte man jedoch mit Kuraufenthalten an Orten mit sauberer Luft gemacht. Hierfür kam auch das circa 50 Kilometer von der Berliner Innenstadt entfernte Beelitz in Frage, so dass von 1898 bis 1902 mit der ersten Bauphase der Heilstätten begonnen wurde. Dabei wurden die Patient_innen in nach Geschlechtern getrennten Bereichen untergebracht. Die Therapien bestanden vor allem aus den sogenannten „Liegekuren“, bei denen die Patient_innen insgesamt sechs Stunden pro Tag in den nach Süden offenen Liegehallen an der frischen Luft verbrachten. Dies wurde mit einer gemäßigten Bewegung durch Spaziergänge und einer guten Ernährung sowie guten Hygienebedingungen kombiniert. Das Gelände bekam 1903 auch ein eigenes Heizkraftwerk, ein Wasserwerk sowie später für die Eigenversorgung eine Bäckerei, Fleischerei sowie Obst- und Gemüseanbauflächen.

Näheres zur Geschichte der Beelitzer Heilstätten könnt ihr bei einer der verschiedenen Führungen erfahren. Hierbei könnt ihr an einer geschichtlichen Geländeführung, an thematischen Gebäudeführungen oder auch an naturkundlichen Geländeführungen teilnehmen. Die Termine der Führungen findet ihr hier.

Der Baumkronenpfad: Wandeln zwischen den Bäumen

Der Baumkronenpfad erlaubt den Besucher_innen einmal in ungewohnter Höhe zwischen den Bäumen zu spazieren und das Gelände von oben zu betrachten. Hierfür kann man entweder die 200 Stufen oder den Aufzug nehmen, um zunächst einmal den Ausblick aus 40 Metern zu genießen und danach den Pfad in 23 Metern Höhe entlang zu gehen. Von oben aus kann man auch das Dach des „Alpenhauses“ sehen, das Anfang des 20. Jahrhunderts für 273 Patient_innen erbaut wurde. Seit es gegen Kriegsende in Brand geschossen wurde, kann man hier Bäume auf den Dächern wachsen sehen.

Der Barfußpfad: Barfuß die Natur entdecken

Wann seid ihr das letzte Mal barfuß gelaufen? In der Wohnung, am Strand oder auch einmal im Wald? Im benachbarten Barfußpark könnt ihr auf drei verschiedenen Wegen einmal ganz neue Erfahrungen mit verschiedenen Untergründen sammeln. Der rote Weg dient dabei als Einstieg und vereint die Gewöhnung an das Barfußlaufen durch das Wassertreten, Geschicklichkeitsübungen und auch ungewohnte Untergründe wie nassen Torf, Kiefernzapfen oder Bucheckern. Mehr Geschicklichkeitsübungen findet ihr beim blauen Weg, mehr schlammige Untergründe auf dem gelben Weg. Zwischendurch könnt ihr auf allen Wegen mehr über die Natur erfahren. Im Kräutergarten  und an den Tast- und Riechkästen könnt ihr eure Sinne schärfen, bei den Jahresringen das Alter der Bäume schätzen und an der Vogeluhr lernen, wann die Vögel wach werden.

Zu Anfang ist das Barfußgehen zwar noch ungewohnt, mit der Zeit spürt man aber den Unterschied zwischen den einzelnen Untergründen und fühlt richtig, über was man geht. Hört man hierbei anfangs noch öfters „Aua“, „Autsch“,“Das tut weh“, kommt nach manch einer Station auch der Wunsch, diese nochmal zu gehen. Zeit ist beim Besuch im Barfußpark sowieso wichtig, da man hierdurch nicht im gewohnt schnellen Tempo, sondern extra langsam und entschleunigt gehen sollte. So können manche Stationen auch wiederholt werden, andere aber auf Wunsch auch ausgelassen werden. Auch wenn manche Stationen erst ungewohnt erscheinen, sollte man alles aber zumindest ausprobieren. Am Schluss können die Füße dann am Waschplatz gewaschen und die eigenen Schuhe wieder angezogen werden, hierfür sollte man nur ein kleines Handtuch mitnehmen.

Alles Wissenswerte auf einen Blick

Zu den Beelitz-Heilstätten kommt ihr von Berlin aus in circa 40 Minuten mit dem RE 7, von Potsdam aus könnt ihr mit der Tram 93 bis Potsdam-Rehbrücke fahren und von dort aus in den RE 7 bis Beelitz-Heilstätten einsteigen. Der Barfußpfad hat von Mai bis September täglich von 10 bis 18 Uhr, am Wochenende bis 19 Uhr auf. Der Baumkronenpfad hat das ganze Jahr über auf, im März von 10 bis 16 Uhr, von April bis Oktober von 10 bis 19 Uhr und im November und Dezember samstags und sonntags von 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt für den Baumkronenpfad kostet für Studierende 8,50€, in den Barfußpark für Studierende 6€, die Kombikarte kostet 13,50€.

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