speakUP: Unter den sieben Oberbürgermeisterbewerbern waren neben Ihnen und Herrn Jakobs auch Kandidat_innen von Grünen, FDP, CDU, Piraten sowie Benjamin Bauer (26 Jahre) von der Gruppe „Die Andere“. Wen hätten Sie außer sich selbst am liebsten gewählt? Scharfenberg: Das ist immer eine schwierige Frage, weil man ja davon ausgeht, dass man selbst „die beste Wahl“ ist. Ich war aber von vornherein davon ausgegangen, dass Jann Jakobs mit mir in die Stichwahl kommen wird und daher habe ich gesagt: Wenn er es schafft, dann werde ich ihn an dem messen, was er im Wahlkampf gesagt hat, und ihn aus der Stadtverordnetenversammlung heraus kontrollieren. : Warum hat Jann Jakobs gewonnen
und nicht Sie?
Scharfenberg: Der Wahlkampf hat sich dadurch ausgezeichnet, dass der Amtsinhaber von Anfang an seinen Amtsbonus voll eingesetzt hat. Das ist legitim, hieraber überstrapaziert worden. Jann Jakobs hat es verstanden, die gute Entwicklung der Stadt als Ergebnis seiner Arbeit zu präsentieren. Dabei hat aber kaum eine Rolle gespielt, dass z.B. die Schul- und Kita-Sanierungen und die Anstrengungen um die Lösung des Wohnungsproblems auch auf die Könnerarbeit der Linken zurückzuführen ist. Ein zweiter Punkt ist, dass das Parteienbündnis, die „Rathauskooperation“, sich zugunsten des Amtsinhabers ausgewirkt hat – das wusste man vorher nicht. Offensichtlich ist der Großteil der Stimmen von CDU, FDP und Grünen an Jakobs übergegangen. Das einigende Band war dabei die Vergangenheitsdiskussion, um „Die Linke“ und damit meine Person zu verhindern.
speakUP: Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede zwischen Jann Jakobs und Ihrer geplanten Politik?
Scharfenberg: Ich habe schon vorher gezeigt, dass ich eine lösungsorientierte Politik verfolge: Wenn Probleme auftreten, sind alle Unterstrengungen zu unternehmen, um sie zu lösen – natürlich im Rahmen der Möglichkeiten dieser Stadt. Diese Möglichkeiten wurden bisher völlig unzureichend erschlossen, so schätzen das übrigens auch CDU, FDP, die Grünen und der Alternativkandidat Benjamin Bauer ein. Ich wünsche mir eine inhaltliche Diskussion, anstatt sich gegenseitig als Parteien auszustechen. Ich spreche mich weiterhin dafür aus, dass SPD und Linke in dieser Stadt ein neues Verhältnis zu einander finden – Dazu fordere ich jetzt Jann Jakobs erneut auf. : Auch für Potsdamer Studierende gibt es in dieser Stadt viele Probleme. Ein Stichwort: Wohnungsknappheit. Besonders kleine bezahlbare Wohnungen gibt es in Potsdam so gut wie gar nicht.
speakUP: Welche anderen Probleme sehen Sie und wie hätten Sie sie als Oberbürgermeister gelöst?
Scharfenberg: Ein großes Problem sehe ich darin, dass mit dem Abriss der Fachhochschule am Alten Markt die Studierenden bald aus der Innenstadt schlicht weg sein werden. Ich wünsche mir, dass bei der Neugestaltung der Potsdam Mitte Wissenschaft, Bildung und studentische Präsenz in der Innenstadt verankert werden. Man kann sich daran erfreuen, historischen Fassaden wieder aufzubauen, aber man muss doch über Inhalte reden – und dazu gehören Studierende in dieser Stadt! Außerdem halte ich es für wichtig, dass die Beziehung zwischen Stadtverwaltung, Hochschulen und studentischen Gremien verdichtet und kontinuierlich gestaltet wird. Dann kann es auch nicht mehr passieren, dass Studierende, die in Potsdam wohnen wollen – und das sind natürlich nicht alle –, keine Möglichkeit dazu haben.
speakUP: Viele Probleme für Potsdamer Studierende sind nicht auf kommunaler Ebene zu lösen, so zum Beispiel der freie Masterzugang und eine Neugestaltung des BAföG. Wie möchten Sie sich als Landtagsabgeordneter
für Studierende einsetzen?
Scharfenberg: Es ist kein Geheimnis, dass sich „Die Linke“ im Rahmen der rotroten Koalition für Besserungen in diesem Bereich einsetzt. Als Regierungspartei haben wir jetzt aber auch über die Finanzen und die Schwerpunkte des Landeshaushalts zu sprechen – das ist eine schwierige
Diskussion. Wir nehmen es dennoch sehr ernst, dass Bildung und Wissenschaft in diesem Land Priorität haben und politisches Ziel sind. Diese Fragen können nicht von Freitag auf Sonnabend gelöst werden, aber man muss kontinuierlich daran arbeiten.
speakUP: Wie stehen Sie zu den Streichungen der Haushaltsrücklagen der Brandenburgischen Hochschulen?
Scharfenberg: An dieser Stelle habe ich auch gestutzt, so wie viele andere Bürger_innen. Aus Sicht des Finanzministers und des Hochschulministeriums wird argumentiert, dass es sich um inaktive Rücklagen handelt, die wir vorübergehend zur Haushaltsentlastung nutzen können Doch die Entscheidung dazu ist noch nicht getroffen und ich möchte dass auch noch mal hinterfragen. Denn wenn die Hochschulen versuchen, sich einen Handlungsspielraum
zu schaffen, ist das eigentlich etwas Gutes.
speakUP: Welches Gesetz würden Sie in Deutschland sofort ändern?
Scharfenberg: Nach den Hartz-IV-Diskussionen würde ich als erstes dafür sorgen, dass diese lächerliche Erhöhung um fünf Euro, die ja ein Hohn angesichts der Bedingungen ist, verändert wird und es eine angemessene Erhöhung für die Sozialschwächsten in diesem Land gibt.