Ein Kommentar zum Bildungsstreik. Von Mandy Joachim
Das Jahr 2009 steht für tausende Studierende in ganz Deutschland zu Recht im Zeichen des Bildungsstreiks. Die verpatzte Umsetzung von Bologna gibt dazu allen Anlass. Doch neben Demos und Besetzungen fechten Streikende, Hochschulleitung, politische Hochschulgruppen, sowie interessierte Studierende noch einen weiteren ebenso erbitterten Kampf aus: den Kampf gegeneinander.
Die genannten Gruppen beanspruchen für sich, für die Studierenden der Universität Potsdam nur das Beste zu wollen, für sie als Gemeinschaft zu sprechen. Obwohl die beteiligten Parteien bei verschiedenen Forderungen konform gehen, ist trotzdem nur eine verschwindend geringe Minderheit beinahe täglich aktiv dabei für bessere Studienbedingungen zu kämpfen. Viele Studierende, ob in Hochschulgruppen organisiert, oder unabhängig interessiert, teilen beispielsweise die Forderung der Streikenden nach mehr demokratischer Beteiligung der Studierenden und der deutlichen Verbesserung der Situation in den übervollen Seminaren.
Die Frage ist nun, welche Form der Arbeit für die Erreichung der Ziele die Beste ist. Ist es das Beste, das Audimax zu besetzen? Ist es das Beste reißerische Anti-Streik-Veröffentlichungen zu publizieren, ohne sich anderweitig zu beteiligen? Ist es das Beste sich schlicht gar nicht zu beteiligen? Oder wäre es vielleicht richtig miteinander zu arbeiten?
Statt nach gemeinsamen Zielen und Lösungen zu suchen, scheinen die Beteiligten nur nach der eigenen Profilierung im Rahmen ihrer politischen Überzeugungen zu schielen. So verbauen sich die verschiedenen Akteur_innen die Chance, sich gemeinsam als komplette Studierendenschaft der Universität Potsdam zu organisieren und so als mächtiges Sprachrohr für sich selbst einzutreten.
Sollten nicht gerade jetzt, da die Streikenden den dauernden Dialog mit der Landespolitik geschaffen haben und die Möglichkeit besteht das Hochschulgesetz wieder für Verhandlungen zu öffnen, alle Studierenden von ihren Partikularinteressen zurücktreten?
Sollten die Studierenden nicht genau jetzt nach gemeinsamen Zielen suchen und zusammen unter den bereits erkämpften Voraussetzungen für bessere Bedingungen an der Universität eintreten? Die Chance zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Landespolitik ist jedenfalls das erste Mal seit Jahren gegeben. Diese Chance muss genutzt werden! Augenscheinlich stehen die Studierenden hier jedoch allein auf weiter Flur: Auf produktive Beiträge seitens der Universitätsleitung warten sie vergeblich. Statt dessen stellt diese Zelte auf, um Lehrveranstaltungen aus dem Audimax herauszuhalten. Das fadenscheinige Argument, die abgeschraubten Sitzreihen im Audimax stellten ein Risiko dar, zeigt einmal mehr, dass die Universitätsleitung nicht an einer Zusammenarbeit interessiert ist. Hätte sie sich sonst nicht längst konstruktiv in den Dialog mit der Landespolitik eingebracht oder an einem Plenum teilgenommen?