„Wir wollen nicht viel mehr als die Welt retten“: Das Potsdamer Improtheater Festival hat Geburtstag

Dieses Jahr zelebriert das Potsdamer Improtheater Festival seinen fünften Geburtstag. Unter dem Motto „Die Quintessenz der 5“ feiert es mit spannenden Gästen und jeder Menge Kreativität jegliche Spielarten dieser speziellen Theaterform. Ein Interview. Von Angelina Schüler.

Es kühlt sich ab in Potsdam. Zum Glück bin ich im warmen Büro des Studentischen Kulturzentrums (KuZe) und schaue auf die Programmtafel. Jedes Mal sind die Spalten für Veranstaltungen proppevoll. Sören Boller, Verantwortlicher für den vollen Terminkalender und Mitglied im Organisationsteam des Festivals, räumt mir einen Sitzplatz frei. Ich mag das kreative Chaos, das irgendwie auch etwas mit Improvisation zu tun hat.

speakUP: Was ist das Potsdamer Improtheater Festival und wodurch grenzt es sich von anderen Festivals ab?

Sören: Das Impro Festival sind neun Tage, an denen wir verschiedenste Arten des Improvisationstheaters nach Potsdam holen und im KuZe zeigen. Wir haben einzelne Spieler_innen, einzelne Gruppen und internationale Stars eingeladen. Es grenzt sich durch viele Sachen ab. Einmal ist es das einzige Improtheaterfestival in Brandenburg. Außerdem grenzt es sich durch den Ort ab. Denn es ist ein nicht-kommerzielles Festival, das durch die Unterstützung der Studierenden und den Partner_innen zu günstigen Konditionen angeboten werden kann. Die studentische Fokussierung ist bei uns das Besondere. Zum Beispiel findet am zweiten Wochenende der Bachelor of Impro statt, bei dem studentische Improgruppen aus Deutschland und Österreich miteinander spielen. Bei unseren internen Workshops tauschen sich die jeweiligen Gruppen aus und unterrichten ihre Improformate, was ganz außergewöhnlich ist. Normalerweise buchen wir Trainer_innen, doch die Gruppen trainieren sich diesmal gegenseitig.

speakUP: Das klingt alles sehr vielschichtig. Wann habt ihr denn mit der Planung eures Festivals angefangen?

Sören: Das ist schwer abzugrenzen, weil wir viel aus den vorherigen Jahren mitnehmen. Dieses Jahr hatten wir die ersten Ideen im April.

speakUP: Was habt ihr euch denn für euer Jubiläum überlegt?

Sören: Das Festival soll generell die Leute herauslocken und zeigen, was Improtheater alles kann. Wir wollen hochklassige Sachen, aber auch verschiedene Stilrichtungen zeigen. Davon wollen wir in diesem Jahr nochmal die Quintessenz herauskitzeln. Das ist auch unser diesjähriges Motto. Unsere beiden Stargäste in diesem Jahr sind Inbal Lori aus Israel und John Remak aus San Francisco. Inbal Lori wird am Montag (02. November) mit einer Solo-Impro zu sehen sein, was sehr ungewöhnlich ist. Sie wird ein Impro-Stück ganz allein auf der Bühne präsentieren. John Remak wird in zwei Shows zu sehen sein. Einerseits am Samstag (31. Oktober) in der Late Night Show ToPs und Gäste vom Theater ohne Probe. Dort kann man auch die Menschen hinter der Figur auf der Bühne kennenlernen. Zwischendurch werden Impro-Szenen gespielt, die vom Interview inspiriert wurden. Einen Tag später wird John Remak bei Take 5 Stories Regie führen und mit fünf englischsprachigen Impro-Künstler_innen aus Berlin fünf Geschichten improvisieren. Wie genau das aussieht, wissen wir noch nicht.

speakUP: Was hat sich in fünf Jahren Improtheater Festival bewährt und was hat sich geändert?

Sören: Bewährt hat sich auf jeden Fall der Bachelor of Impro. Wir haben gemerkt, dass es für alle Teilnehmer_innen eine großartige Zeit ist, sich dort mit anderen Leuten zu treffen und auszutauschen. Auch für das Publikum ist es toll. Es entstehen großartige Sachen und die Leute genießen es unheimlich, was da auf der Bühne passiert. Deswegen behalten wir das auch bei. Wir haben allerdings den Modus etwas geändert. Dieses Jahr bringen die Gruppen spezielle Bühnenformate mit, die sie den anderen beibringen. Uniater, die Potsdamer Improgruppe, präsentiert dieses Jahr ihr neues Format Mechanik des Seins. Wir sind außerdem dabei geblieben, dass wir einen oder mehrere Hauptacts buchen. Wir haben früher das Festival mit sehr vielen Einzelspieler_innen bestritten und für jede Show einen eigenen Cast zusammengestellt. Jetzt versuchen wir, mehr mit Gruppen zu arbeiten. Das verringert den Organisationsaufwand deutlich und außerdem ist ein etabliertes Format dadurch gesichert.

speakUP: Wir haben jetzt viel über euer Festival geredet. Warum habt ihr euch generell für Improtheater entschieden?

Sören: Improtheater ist immer anders und es bleibt stets spannend. Das ist das Tolle daran. Wir wissen im Prinzip überhaupt nicht, was passieren wird. Jedes Mal, wenn ein neues Stück entsteht, entsteht es live auf der Bühne und zusammen mit dem Publikum. Je nachdem, wer da ist und wie die Stimmung ist, entsteht etwas gemeinsames Neues. Und das wird es nur an diesem Abend geben. Es ist nicht reproduzierbar. Wir können es auch nie wieder haben. Es ist so schön, dass wir dieses im Moment sein, das wir oft in unserem Leben vermissen, weil wir immer vorausplanen, beim Improtheater tatsächlich sogar müssen. Wir müssen den Moment genießen, denn der kommt garantiert nie wieder. Das ist ein Reiz, der nur in dieser Kunstform vorhanden ist. Darum geht es: Das Hier und Jetzt zu erleben.

speakUP: Was sind eure Wünsche für das Jubiläum und darüber hinaus für das zehnte Jubiläum?

Sören: (lacht) Das zehnte Jubiläum! Unser Wunsch für dieses Jahr ist natürlich, dass der Theatersaal aus allen Nähten platzt und alle Shows ausverkauft sind. Und dass die Leute denken: „Das also ist Improtheater. Davon hätte ich gerne mehr.“ Für die nächsten Jahre hoffen wir wieder auf gute Kooperationen und Unterstützung, damit wir die „Marke“ Potsdamer Improtheater Festival weiter festigen können. Außerdem wird die Welt sowieso durch Improvisation immer besser. Impro heißt „Ja“ sagen, kooperieren und gemeinsam etwas aufbauen. Das sind Werte, die wir uns mehr in der Welt wünschen. Insofern wollen wir natürlich nicht viel mehr als mit Improtheater die Welt retten. Diesem Ziel wollen wir in fünf Jahren ein Stück näher gekommen sein.

Das Potsdamer Improtheater Festival findet vom 30. Oktober bis 7. November im Studentischen Kulturzentrum Potsdam statt. Karten kosten 7 Euro, ermäßigt 4 Euro.
Näheres unter: www.improfestival-potsdam.de

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