Unter dem Motto „Kreuzen statt liken – Wer soll die halbe Million verwalten?“ wurden vom 8. bis zum 10. Juli die Studierenden der Universität Potsdam an den drei Campussen zur 17. Wahl des Studierendenparlaments (StuPa) aufgerufen. Bei einer Wahlbeteiligung von 9,2 Prozent wählten die Studis lieber das Nichtwählen. Von Maria Dietel. Recherche: Denis Newiak.
Als stärkste Hochschulgruppe ging in diesem Jahr Die Linke.SDS mit 17 Prozent und fünf Sitzen im StuPa hervor. Im Vergleich zum Vorjahr wurden zwei Sitze hinzugewonnen. Damit wurde die Juso-Hochschulgruppe als meistgewählte Gruppe der letzten Jahre abgewählt. Gesine Dannenberg, Vorsitzende der Linken.SDS und Kandidatin mit dem höchsten Einzelergebnis der Wahl (157 Stimmen), erklärt die gewachsene Zustimmung durch die Betonung studierendennaher Themen wie die Abschaffung von Anwesenheitslisten und Rückmeldegebühr. Weiterhin sprächen die Förderung einer studentischen Kultur in Potsdam, die Hochschulsportförderung und das Thema des Wohnraums die Studierenden an. Vertreter_innen der Linken.SDS möchten nicht nur den Allgemeinen Studierendenausschuss der Universität Potsdam (AStA) mitstellen und dort politische Arbeit leisten, sondern setzen auch auf den kritischen Blick auf die Arbeit des AStAs.
Die sich erst im Jahr 2013 gegründete Gruppe JumpUP geht zusammen mit der Juso-Hochschulgruppe und dem Grünen Campus als zweitstärkste Gruppe mit jeweils vier Sitzen im StuPa hervor.
JumpUP, die 16 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte, punktete besonders durch die Unabhängigkeit von einer Mutterpartei. Marius Busch, Wahlsieger der Liste, betont, dass JumpUP an Projekten interessiert sei, die „einem Großteil der Studierenden zugute kommen“ würden. Hierzu zählen der Ausbau und die Verbesserung der Mensen, die Förderung der studentischen Einrichtungen sowie die Abschaffung der Rückmeldegebühren. In Zusammenarbeit mit anderen Listen sollen die Lernbedingungen verbessert werden. JumpUP ist als Opposition angetreten und will sich für einen „sinnvollen und zweckgebundenen Einsatz von studentischen Geldern einsetzen“ sowie „den AStA und vor allem seine Finanzpolitik kritisch hinterfragen“: Vor allem über die mangelnde Transparenz der Zahlung von Aufwandsentschädigungen zeigt sich JumpUP empört. Mit studentischen Geldern werde verantwortungslos umgegangen: Zum Teil ließen sich Referent_innen ihre Aufwandsentschädigungen schon im Voraus auszahlen.
Die SPD-nahen Jusos sehen ihre vier Sitze als gute Grundlage, um sich weiterhin aktiv einzubringen, auch wenn der Verlust von über 5 Prozentpunkten zeige, dass aktiver für Inhalte und Standpunkte geworben werden müsse. Die Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen, der soziale Wohnungsbau, das barrierefreie Studium und die Förderung der studentischen Kultur stünden im Mittelpunkt.
Mit Sichtbarkeit und Präsenz schaffte es der Grüne Campus, seine Stimmen trotz gesunkener Wahlbeteiligung zu halten und so mit vier Sitzen in das StuPa erneut einzuziehen. Die politische Arbeit beziehe sich unter anderem auf den Ressourcenschutz an der Uni, die „ökologische Mensa“ und die Einführung des Lehrmoduls „Studium Oecologicum“. Die Arbeit des AStAs werde unterstützt, wobei die Grünen „unabhängig von Konstrukten wie Opposition oder Koalition gute politische Arbeit leisten wollen“.
Mit jeweils drei Sitzen im StuPa gehen BEAT! Bildung Jetzt!, das die Vernetzung unter den studentischen Vertreter_innen verbessern und mehr in der Stadtpolitik bewegen will, und der Ring christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) aus der Wahl hervor. Letzterer hat in den vergangenen beiden Jahren deutlich verloren: 2012 ergatterte die CDU-nahe Hochschulgruppe gleich fünf Sitze im StuPa, inzwischen sind es nur noch drei. Matthias Kaiser, Vorsitzender des RCDS Potsdam, erklärte, dass dies nicht problematisch wäre, da die Studierendenvertretungen in Deutschland generell recht „linkslastig“ seien. Oppositionen wie der RCDS, die Liberale Hochschulgruppe (LHG) oder JumpUP würden im Ganzen gesehen nicht kleiner, „sondern vielschichtiger und bunter“, so Kaiser. Da laut Kaiser StuPa-Anträge des RCDS beinahe prinzipiell abgelehnt würden, gebe es Bemühungen, Anliegen am StuPa vorbei umzusetzen. Es soll weiterhin darauf gedrängt werden, dass die Universitätsleitung die Aufsichtspflicht erfüllt und dass der AStA an sein hochschulpolitisches Mandat erinnert wird, welches dieser immer häufiger überschritten hätte. „Es geht nicht mehr um einen Wettbewerb um die besseren Projekte und Ergebnisse, es geht vielen scheinbar nur noch um eine finanzielle Einnahmequelle und das Bedienen des eigenen ideologischen Klientel“, kritisiert Kaiser. Die Hochschulgruppe shineUP darf zwei Leute in das StuPa entsenden und möchten sich unter anderem für einen Nachteilsausgleich für alle Studis einsetzen. JuPlaNg und die Liberale Hochschulgruppe (LHG) ziehen mit jeweils einem Sitze ein. Beide Gruppen setzen sich für eine Erneuerung und Modernisierung von Bibliotheksbeständen sowie für mehr Transparenz über Beschlüsse von StuPa und AStA ein. Die Piraten sind aufgrund von Personalmangel nicht erneut angetreten.
Die Wahl des AStAs fand am 25. September statt. Er wird, wie in den vergangenen Jahren, weiterhin von Vertreter_innen der „Linken Listen“ – bestehend aus Jusos, Linken, Grünem Campus, BEAT und shineUP – gestellt. Sie vereinen eine satzungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit von 18 Sitzen auf sich. Die Vertreter_innen von RCDS, JumpUP, LHG und JuPlaNg bilden die Opposition
Wahlbeteiligung noch geringer als 2013
Der sehr geringen Wahlbeteiligung von nicht einmal 10 Prozent stehen alle Hochschulgruppen mehr oder minder ratlos gegenüber. Mit diesem Problem beschäftigten sich alle Gruppen gleichermaßen, da die Wahlbeteiligung früher zum Teil höher war – vor allem, wenn die Wahlen mit Urabstimmungen über wichtige Themen wie den Semesterticket-Vertrag verbunden waren. Allein im Vergleich zum letzten Jahr hat die Beteiligung um knapp 2,3 Prozentpunkte abgenommen. Die Gründe dafür seien sehr vielfältig. Gesine Dannenberg von der Linken hält auf Nachfrage fest, dass es den Listen anscheinend über die Jahre nicht gelungen sei, nach außen zu tragen, dass „eine studentische Selbstverwaltung wichtig und gut“ sei. Durch die hohe Belastung seien auch Studis gezwungen, ihre Prioritäten anders zu setzen. Genau hier müsse angesetzt werden, da dies auch „Folgen politischer Entscheidungen“ seien. Für JumpUP sei die Arbeit des StuPa im Universitätsalltag kaum wahrnehmbar, was zu „Desinteresse und Verdrossenheit“ führe. Die Jusos meinen, dass der Wahlzeitraum parallel zur aufreibenden Prüfungszeit ungünstig sei und viele Studis nur wenig über die Bedeutung der studentischen Selbstverwaltung wüssten. Der RCDS sieht die Gründe für die schwache Wahlbeteiligung unter anderem in der späten Herausgabe des Informationsheftes des studentischen Wahlausschusses und hat einen universitätsinternen Wahl-O-Mat vorgeschlagen, um das Interesse der Studierenden zu erhöhen.
Eine Antwort auf „Wählen oder Nichtwählen: Stupa-Wahlen 2014“